Unzählige Hängeregister liegen gestapelt auf einem Schreibtisch mit Aktenordnern

Richterbund schlägt Alarm: In NRW fehlen Staatsanwälte

Stand: 04.08.2023, 08:05 Uhr

Bei den Staatsanwaltschaften in NRW türmt sich die Arbeit. Gleichzeitig leiden die Behörden unter massivem Personalmangel, kritisiert der Deutsche Richterbund - und sieht weitere Probleme auf die Justiz zukommen.

Ende März hat es laut NRW-Justizministerium bei den Staatsanwaltschaften 226.000 unerledigte Ermittlungsverfahren gegeben. Damit ist die Zahl der offenen Ermittlungsverfahren binnen eines Jahres um zwölf Prozent und binnen zwei Jahren um 34 Prozent gestiegen.

Köln: die meisten unerledigten Fälle

Die meisten unerledigten Fälle in NRW hat Köln mit 32.000. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat 16.000 unerledigte Ermittlungsverfahren. Damit liegt die Behörde zusammen mit Aachen NRW weit an Platz 4 der unerledigten Fälle.

Oberstaatsanwalt Holger Heming von der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf betont, dass es sich bei den unerledigten Ermittlungsverfahren um offene Verfahren handelt. Diese liegen nicht unbearbeitet auf einem Stapel. Es hängt von der Art des Verfahrens und dem Deliktsbereich ab, wie lange die Bearbeitung dauert.

Mehr Ermittlungsverfahren erwartet

In NRW fehlen derzeit 121 Staatsanwälte, heißt es aus dem Justizministerium NRW. Im vergangenen Jahr gab es noch mehr offene stellen. Der Bund der Richter und Staatsanwälte kritisiert, dass im Haushaltsplan 2024 lediglich 20 zusätzliche Stellen für Staatsanwälte vorgesehen sind. Der Personalmangel sei massiv und werde sich absehbar noch verschärfen.

Staatsanwaltschaft Essen

Richterbund: In NRW fehlen 200 Staatsanwälte

Mit der geplanten Aufstockung der Polizei um 488 zusätzliche Stellen werde auch mehr Arbeit auf die Staatsanwaltschaften zukommen, warnte der Richterbund. Damit werde sich die schon jetzt enorme Personallücke vergrößern. Derzeit hat die Justiz in NRW 1.480 Planstellen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.

Steigende Kriminalität und zu geringe Bezahlung

Hinzu kommt die nach jahrelangem Rückgang wieder steigende Kriminalität: Waren die Neuzugänge der Ermittlungsverfahren seit 2018 rückläufig, kam es im vergangenen Jahr erstmals wieder zu einem deutlichen Anstieg. Die Zahl der neuen Ermittlungsverfahren bei den NRW-Staatsanwaltschaften stieg 2022 gegenüber dem Vorjahr um 8,4 Prozent auf 1,2 Millionen.

Zudem hätte die Justiz ein "Besoldungsproblem", kritisierte der Richterbund: "Die Berufe des richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Dienstes sind toll. Sie werden nur nicht angemessen, nicht gut genug bezahlt", so Christian Friehoff.

Das NRW-Justizministerium bestätigt die Zahlen, macht aber Hoffnung auf Besserung: "Wir verfolgen weiter mit allem Nachdruck das Ziel, unsere freien Stellen mit bestens qualifizierten jungen Menschen zu besetzen. Die Belastungssituation und der Geschäftsanfall wird dabei stets im Blick behalten", heißt es in einer Stellungnahme.

Auch die Zahl der zu besetzenden Stellen werde weiter ausgebaut. Im Juni habe die Landesregierung den Entwurf des Haushaltsplans 2024 mit weiteren Stellen für die Staatsanwaltschaften beschlossen.

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