Ein Mann mit grüner Jacke steht neben einem Fahrrad

Selbstbestimmungsgesetz: Großer Schritt für trans Menschen

Stand: 31.10.2024, 06:00 Uhr

Ab dem ersten November gilt das neue Selbstbestimmungsgesetz. Trans Menschen können dadurch einfacher ihren Geschlechtseintrag ändern. 

Von Moritz Börner

Kristian Robin Knop lebt seit einem Jahr als Mann. Das Erscheinungsbild des Duisburgers ist maskulin: Kräftiger Körperbau, ein kleiner Ziegenbart. Doch auf dem Personalausweis steht bisher, dass er eine Frau ist. Das soll sich nun ändern. Beim Standesamt Duisburg hat er einen Termin zur Änderung des Geschlechtseintrags vereinbart. 

"Als Frau angesprochen zu werden, ist sehr unangenehm"

Dass er bald auf dem Papier ein Mann sein wird, ist ihm wichtig. Denn sein Aussehen sorgt immer wieder für Irritationen. "Es ist unangenehm, wenn ich mit meinem Personalausweis oder mit meiner Krankenkassenkarte irgendwohin gehe", sagt der 48-Jährige, "jetzt ist meine Stimme tiefer geworden, ich kriege einen Bart, dann als Frau Knop angesprochen zu werden ist sehr unangenehm, das trifft mich."

Selbstbestimmungsgesetz tritt ab 1. November in Kraft

WDR Studios NRW 31.10.2024 02:18 Min. Verfügbar bis 31.10.2026 WDR Online


Bisher war die Anerkennung aufwendig und teuer

Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz können trans Menschen jetzt sehr viel einfacher ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen ändern. Dafür reicht eine Erklärung beim Standesamt. Es ist auch möglich, gar kein Geschlecht anzugeben. Dabei geht es nicht um äußerliche Merkmale, also zum Beispiel darum, ob jemand männlich oder weiblich aussieht, sondern nur um die Frage, mit welchem Geschlecht sich die Person identifiziert.

Bisher brauchten trans Menschen für die Änderung von Vorname und Personenstand die Gutachten von zwei unterschiedlichen Psychologen. Am Ende hat dann ein Gericht entschieden, ob dem Antrag statt gegeben wird. Die Begutachtung durch Psychologen haben viele als übergriffig empfunden, zum Beispiel Jonas Brandt, der ebenfalls seinen Geschlechtseintrag geändert hat: "Mich hat ein Gutachter gefragt, ob ich als Kind Tiere gequält habe und ob mich das sexuell erregt hat", sagt der 28-jährige Düsseldorfer. "Die haben wirklich die komplette Kindheit durchleuchtet."

"Für die Betroffenen bedeutet es mehr Freiheit"

Brandt leitet in Düsseldorf eine Beratungsstelle für trans Menschen und erwartet, dass durch das neue Selbstbestimmungsgesetz mehr Menschen als früher die Möglichkeit nutzen werden, den Geschlechtseintrag zu ändern. "Für die Betroffenen bedeutet es einfach mehr Freiheit, sich keinen fremden Menschen mehr gegenüber offenbaren zu müssen, sondern einfach so leben zu können."

Mehrere tausend Anträge

Schon seit dem ersten August konnten bei den Standesämtern Anträge für die Änderung des Personenstands nach dem neuen Selbstbestimmungsgesetz gestellt werden. NRW-weit werden es wohl ein paar tausend Menschen sein, die davon Gebrauch machen. In Köln haben 342 Menschen einen Termin beim Standesamt, in Düsseldorf 157, in Witten sind es 34, in Viersen 13. 

"It´s a Boy"

Bei Kristian Robin Knop aus Duisburg ist es am dritten Januar soweit. Zusammen mit seiner Frau und den beiden Kindern will er nach dem Termin im Standesamt feiern. "Wir werden es zu Hause wie eine kleine Geburtstagsfeier machen. Meine Frau und meine Tochter wollen dekorieren mit Ballons, 'It´s a Boy'!"

Für den 48-Jährigen ist das Selbstbestimmungsgesetz ein wichtiger Schritt auf dem seiner Meinung nach noch langen Weg hin zu mehr gesellschaftlicher Anerkennung von trans Menschen. Besonders in Zeiten, in denen Rechtsextremisten gegen queere Veranstaltungen wie den Christopher Street Day demonstrieren. 

Ablehnung und Diskriminierung von trans Menschen

Dass es offene Ablehnung und Übergriffe auf trans Menschen gibt, hat er beim Duisburger CSD selber erlebt. "Da waren natürlich nicht so viele Rechte, wie es jetzt auf den ostdeutschen CSDs waren. Aber trotzdem war es so, dass man sich untereinander sagt: Gib dich außerhalb des Platzes hier nicht zu erkennen, dass man tatsächlich anfängt sich zu verstecken, aus Angst vor Übergriffen."