Der Streit tobt noch immer, und gleichzeitig tickt die Uhr. Zum 1. Januar 2025 soll die Grundsteuer-Reform umgesetzt werden, denn ab dem Zeitpunkt gilt die bisherige Regelung als verfassungswidrig. Der Bund hat reagiert und ein Gesetz vorgelegt. Und NRW? Seit Jahren ringt das Land mit einer Lösung, schließlich hat man sich darauf geeinigt, das Bundesmodell zu übernehmen – andere Länder haben hingegen eigene Gesetze verabschiedet.
Doch so wie das Bundesgesetz gestaltet ist, sei es nicht ausreichend, meint Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU), und möchte es erweitern. Das ist möglich, das Gesetz lässt den Ländern diese Freiheit. Also haben vor wenigen Wochen die Fraktionen CDU und Grüne einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht. Darin steht, dass die unterschiedliche räumliche Struktur in den Kommunen zu jeweils unterschiedlichen Steuerbelastungen führen könnte.
Deshalb soll es den Kommunen möglich sein, selbst differenzierte Hebesätze festzulegen. So könnten zum Beispiel Gewerbeimmobilien höher besteuert werden und Wohnimmobilien geringer. Bedeutet: Mehr Flexibilität sowie die eigene Steuerung politischer Ziele, also zum Beispiel Wohnen günstiger zu machen oder eben die eigene Stadt als Wirtschaftsstandort attraktiver – soweit die Idee.
Viele Kommunen sind dagegen
Obwohl das nur eine Option ist, also die Kommunen nicht dazu verpflichtet werden, die Hebesätze selbst festzulegen, schlägt der Entwurf hohe Wellen der Empörung: Die Kommunen laufen Sturm. Die Spitzenverbände haben zu einer heute angesetzten Anhörung im Landtag eine Stellungnahme vorgelegt.
Darin heißt es: "Im Ergebnis räumt der Gesetzentwurf die massiven Bedenken der Kommunen gegen differenzierende Grundsteuer-B-Hebesätze in keiner Weise aus, sondern verstärkt sie im Gegenteil noch." Damit Wohngrundstücke nicht erheblich mehr belastet werden, sei lediglich eine Anpassung der Grundsteuermesszahlen möglich.
Das Land aber meint, eine einheitlich wirkende Grundsteuermesszahl sei nicht zielführend. Ein Landtagsabgeordneter der Grünen bringt es auf den Punkt: Schuhgröße 42 passe ja auch nicht jedem.
Sorge vor Abwälzung des Problems
Mehrere Kommunen haben sich nun explizit der kritischen Haltung der Spitzenverbände angeschlossen, zum Beispiel die Mitglieder des Rhein-Kreis Neuss: Die Verantwortung für etwaige Belastungsverschiebungen werde allein auf die Kommunen abgewälzt. Rhede warnt vor einer "Daueraufgabe, weil sich die individuellen Verhältnisse der Region auch verändern können." Sinnvoller wäre eine einmalige Anpassung gewesen. Und auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Städte und Gemeinden im Kreis Euskirchen schließen sich an: Der Landtag solle das Gesetz nicht beschließen.
Dass mehrere Kommunen sich so ausdrücklich anschließen, sei bemerkenswert, so Carl Georg Müller vom Städte- und Gemeindebund NRW: "Der Ärger bei unseren Mitgliedern ist sehr groß." Das Land habe zu lange versäumt, eine Lösung vorzulegen.
Pragmatische Lösung gesucht
Das kann Manfred Lehmann nachvollziehen, er ist Finanzbeamter und Vorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft NRW. Lehmann ist zugleich selbst für die SPD aktiv in der Lokalpolitik und hat auch die Perspektive der Kommunen im Blick.
Er wirbt für eine pragmatische Lösung, um zu gewährleisten, dass die Kommunen über die Steuern auch Einnahmen bekommen, also flüssig bleiben. Anders als die Spitzenverbände, glaubt er, dass das Gesetz die Probleme lösen könnte. Auch Sabina Büttner vom Bund der Steuerzahler NRW sieht das so.
Jan Koch vom Verband Wohneigentum NRW warnt davor, jetzt zu viel Zeit zu verlieren und gibt in der Anhörung zu bedenken: "Wenn nichts kommt, wird das Wohnen teurer". Denn nicht nur die Eigentümer wären von der höheren Grundsteuer betroffen: Auch Mieter könnten diese Belastung spüren, wenn ihre Nebenkosten erhöht werden.