Thyssenkrupp: Landespolitik fordert langfristigen Erhalt von Arbeitsplätzen
Stand: 29.04.2024, 15:57 Uhr
Der Einstieg des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky in die Stahlsparte von Thyssenkrupp wird in der Landespolitik verhalten aufgenommen. Die Sorge um Arbeitsplätze ist groß. Am Dienstag ist eine Protest-Kundgebung angekündigt.
Am Feitag war bekanntgeworden, dass sich Thyssenkrupp mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky über einen Einstieg in die Stahlsparte verständigt hat. Kretinskys Holding EPCG soll erst einmal 20 Prozent an Thyssenkrupp Steel Europe übernehmen, danach sollen weitere 30 Prozent folgen.
Diese Entscheidung könne "für die klimaneutrale Transformation der Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen ein guter Schritt sein", teilte NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) am Freitag mit. Das Gelingen dieses Prozesses hänge aber auch von der Einbindung der Arbeitnehmerseite ab, betonte Neubaur weiter. Nur so könne die Transformation "in guten und sozialverträglichen Bahnen gestaltet werden".
Thyssenkrupp müsse seine Produktionsprozesse konsequent in Richtung Klimaneutralität transformieren, forderte Neubaur weiter. "Wir gehen weiter davon aus, dass das Unternehmen den Bau einer wasserstoffbasierten DRI-Anlage und zwei Einschmelzer vollständig wie geplant am Standort Duisburg umsetzen wird. Das wird Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Nordrhein-Westfalen halten, Wohlstand sichern und gleichzeitig das Klima schützen."
Laumann fordert Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze
Wichtig sei, dass Nordrhein-Westfalen "auch langfristig" ein "sehr großer Standort" in der Stahlproduktion bleibe, sagte NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) dem WDR. Auch nach dem Einstieg sollten "möglichst viele Arbeitsplätze" in NRW bleiben. Es müsse bei ThyssenKrupp "fair" und "sozialpartnerschaftlich" besprochen werden, was der Einstieg für das Unternehmen, für die Belegschaft, für die Beschäftigungssicherung bedeute.
Thyssenkrupp plant den Bau eines umweltfreundlichen Stahlwerks in Duisburg. Der Konzern will Ende 2026 die Anlage in Betrieb nehmen, die mit Wasserstoff betrieben werden soll und mit der er seinen CO2-Ausstoß deutlich verringern will. Der Bund hatte hierfür eine Förderung von bis zu 1,3 Milliarden Euro zugesagt, das Land NRW bis zu 700 Millionen Euro.
Gewerkschaften "erbost", Proteste am Dienstag
Kritisch äußerte sich DGB-Landeschefin in NRW, Anja Weber: "Das Schlimme ist, es ist das zweite Mal, dass Entscheidungen fallen ohne dass vorher die Mitbestimmung beachtet wird und die Arbeitnehmer und die Gewerkschaften, die Betriebsräte einbezogen werden." Dies müsse sich in Zukunft "dringend ändern". Im Moment sei man "erst mal sehr erbost". Ob es sich bei dem Einstieg um einen guten Deal handele, könne man jetzt noch nicht beurteilen.
Am Dienstagvormittag (ab 10 Uhr) findet in Duisburg eine Protest-Kundgebung unter dem Motto "Zukunft statt Kündigung" von Beschäftigten des größten deutschen Stahlherstellers statt. Damit wolle man ein deutliches Zeichen dafür setzen, "dass wir uns nicht kampflos ergeben werden", teilte die IG Metall auf ihrer Internetseite mit.
SPD pocht auf langfristige Sicherung der Arbeitsplätze
Die SPD betonte, sie stehe nun eng an der Seite der Beschäftigten. Der Tarifvertrag "Zukunft Stahl 2020-2030" müsse eingehalten werden, betriebliche Kündigungen und Standortschließungen dürfe es nicht geben, betonte die Duisburgerin Sarah Philipp, Co-Vorsitzende der NRW-SPD. "Die Arbeitsplätze an allen Standorten müssen langfristig gesichert werden."
Dabei forderte sie einen tragfähigen Zukunftsplan, den der Konzern bisher nicht vorgelegt hätte. "Die finanzielle Absicherung kann nur der allererste Schritt sein für eine zukunftsfähige Restrukturierung im Sinne der geplanten Transformation hin zur Klimaneutralität." Die SPD-Fraktion verlegt am Dienstag ihre Fraktionssitzung vom Düsseldorfer Landtag nach Duisburg, wo die Protest-Kundgebung vor der Thyssenkrupp-Verwaltung stattfindet.
FDP wertet Einstieg als "positives Signal"
Die FDP sieht den Einstieg des tschechischen Milliardärs "als Chance, die Stahlindustrie in NRW neu auszurichten". Jetzt müsse die Landesregierung nachziehen "und sicherstellen, dass diese Chance nicht nur Hoffnung bleibt, sondern echte, nachhaltige Veränderungen bewirkt", erklärte Dietmar Brockes, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. "Die Zeit des Festhaltens an veralteten Strukturen muss enden. Während die Weltmarktpreise fallen, müssen wir in NRW mit innovativen Konzepten und klugen Investitionen vorangehen", so Brockes weiter.
"Es ist zu befürchten, dass Gelder, Technologien und Arbeitsplätze über kurz oder lang ins Ausland abwandern", teilte Christian Loose mit, wirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Landtagsfraktion. "Zur Sicherung der Arbeitsplätze in der Stahlindustrie fordern wir politische Rahmenbedingungen, die den Standort auch für die nächsten Jahrzehnte sichern."