35 Verkehrstote mehr als im Vorjahr - das ist die traurige Bilanz, die NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Montag verkündet hat. 485 Menschen sind 2024 im Straßenverkehr in Nordrhein-Westfalen ums Leben gekommen. Auch die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle, die die Polizei erfasste, lag mit 643.000 um 2.000 Fälle höher als im Vorjahr.
Zugenommen haben auch die Zahlen der Unfälle mit E-Scootern und Pedelecs - und ganz deutlich die Zahl der Motorradunfälle. 3.160 Menschen sind im vergangenen Jahr bei Motorradunfällen verletzt worden, 333 mehr als im Jahr davor. Während im Jahr 2023 noch 58 Motorradfahrerinnen und -fahrer starben, kamen 2024 insgesamt 86 ums Leben.
Auf dem Motorrad besonders verletzlich
Minister Reul legte bei der Vorstellung der Bilanz daher den Fokus auf die Sicherheit beim Motorradfahren. 60 Prozent der Opfer verunglückten wegen eigenen Verschuldens - trotz der Tatsache, dass Motorradfahrer wegen fehlender Knautschzone besonders verletzliche Verkehrsteilnehmer seien.

Innenminister Reul wirbt für Airbag-Weste
Reul appellierte an alle Biker, eine Airbag-Weste zu tragen. Diese relativ neue Erfindung wird über ein Kabel mit dem Motorrad verbunden. Wird der Fahrer bei einem Unfall vom Motorrad geschleudert, bläst sich die Weste zu einem Polster auf und bildet einen Schutz vor dem Brustkorb, den Bauchorgangen und dem Rücken. Zusätzlich kann eine Nackenstütze den Bruch des Genicks verhindern.
Die zurzeit rund 500 Euro für die Anschaffung einer solchen Weste seien gut investiert, sagte Reul.
Mehr tödliche Unfälle mit E-Scootern und Pedelecs
Weitere Zahlen aus der Verkehrsunfall-Statistik 2024: Landesweit wurden 2.983 Unfälle mit E-Scootern erfasst - 554 mehr als in 2023. Verletzt wurden dabei 2.954 Menschen - ebenfalls ein starker Anstieg. Acht Menschen starben nach einem Unfall mit einem E-Scooter, doppelt so viele, wie 2023.
"Immer mehr ganz junge Menschen verletzen sich beim E-Scooter-Fahren", sagte Reul, einige der Verunglückten seien Kinder unter 14 Jahren gewesen. Er appelliere daher auch an die Eltern: "E-Scooter sind keine Spielgeräte, passen Sie auf Ihre Kinder auf."
Kaum bessere Nachrichten gab es zur Zahl der Pedelec-Unfälle: Einen Zuwachs von 434 Unfällen auf insgesamt 7.282 registrierte die Polizei, 43 Menschen kamen dabei ums Leben.
Weniger Fahrradunfälle, mehr Tote
Einzig die Zahlen der Unfälle, an denen Fahrradfahrer oder Fußgänger beteiligt waren, sind gesunken: 2023 waren es noch 14.442 Fahrradunfälle, 2024 dann noch 13.472. Dennoch starben dabei 37 Menschen, mehr als im Vorjahr. Mit 7.574 verunglückten Fußgängerinnen und Fußgängern sank auch diese Zahl um 273 im Vergleich zum Vorjahr. 89 Fußgängerinnen oder Fußgänger wurden in 2024 im Straßenverkehr getötet, 13 weniger als 2023.
Angesichts der gestiegenen Zahl der Todesopfer unter Fahrradfahrern fordert der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) NRW einmal mehr eine bessere Infrastruktur für Fahrradfahrer. Da es wohl "noch einige Jahre" dauern werde, bis die Kommunen und das Land NRW flächendeckend sichere Verkehrswege für Radfahrer geschaffen haben, seien kurzfristige Maßnahmen wichtig, sagte der NRW-Vorsitzende Axel Fell: Zum Beispiel Tempolimits, weniger Durchgangs-Autoverkehr, konsequentes Vorgehen gegen Falschparken und für die Einhaltung sicherer Überholabstände.
Verkehrskontrollen, so fordert der ADFC, sollten darauf abzielen, besonders die Sicherheit der Fußgänger oder der Radfahrer zu erhöhen. Unfallrisiken bestehen beispielsweise durch abbiegende LKW, zu wenig Abstand beim Überholen.
Autorennen nehmen weiter zu
Offenbar relativ erfolglos kämpft die Landesregierung weiter gegen illegale Autorennen. 2.270 verbotene Rennen registrierte die Polizei im Jahr 2024 - 126 mehr als im Jahr zuvor. Die Zahl der dabei Getöteten stieg auf 15 Menschen. Die Fahrer seien meist noch sehr jung, so Reul.
Nur leicht gestiegen ist die Zahl der Unfallbeteiligten, die unter Drogen standen. Wobei es bislang keine erhöhten Fallzahlen im Zusammenhang mit Cannabis gab, trotz der Teillegalisierung.
FDP kritisiert "Umwidmung von Straßenraum" für Fahrradfahrer
Die FDP im Landtag sieht Handlungsbedarf für die Landesregierung: Der Anstieg auf 485 Verkehrstote im Jahr 2024 sei "ein ernstzunehmendes Signal, das mehr erfordere als moralische Appelle", sagte Christof Rasche, verkehrspolitischer Sprecher. Die Verkehrswege für Autos und Fahrräder müssten in den Innenstädten baulich deutlicher voneinander getrennt werden.
Rasche kritisierte "die Umwidmung von Straßenraum" in vielen Städten, die den "Verkehrsfluss vielerorts mehrmals täglich zum Erliegen" brächten. Tatsächlich versuchen Städte wie Köln oder Düsseldorf, dem Fahrradverkehr mit breiteren Fahradwegen mehr Platz auf den Straßen einzuräumen - mit dem Ziel, mehr Menschen vom Auto auf das Fahrrad zu bringen.
Grüne wollen mehr Radfahrstreifen
Die Grünen in der Landesregierung dagegen loben genau diese Entwickling: Die 2024 beschlossene neue Straßenverkehrsordnung könne "ein echter Gamechanger" sein, sagte Martin Metz, Verkehrs-Sprecher der Landtagsfraktion: Städte und Gemeinden hätten nun "mehr Freiheiten, zum Beispiel um Radfahrstreifen anzulegen oder Temo 30 an Schulwegen und Spielplätzen anzuordnen".
Quellen:
- Pressekonferenz des Innenministeriums am 17.03.2025
- Pressemitteilung des ADFC NRW
- Pressemitteilung der FDP-Landtagsfraktion
- Pressemitteilung der Grünen Landtgasfraktion