Wie viele Kliniken wird es in NRW in Zukunft noch geben? Und wo müssen welche wegen des hohen Kostendrucks schließen? Auch darum geht es in der Debatte über die geplante Krankenhausreform. Am Donnerstag haben sich Bund und Länder dabei angenähert. Von einem "Durchbruch" sprach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag nach Beratungen mit seinen Landeskolleginnen und -kollegen, darunter Karl-Josef Laumann (CDU) aus NRW.
Die "Grundstruktur" der Reform stehe, sie könne nun aller Voraussicht nach wie geplant zum Jahreswechsel in Kraft treten, sagte Lauterbach. Die Annäherung ist auch dadurch möglich geworden, dass der Bund den Ländern in den Streitfragen weit entgegengekommen ist.
Lauterbach sagte den Ländern etwa zu, sie bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs zu beteiligen - unter Federführung seines Ministeriums. Bis Ende Juni sollten die ersten Eckpunkte der Reform vorliegen, über den Sommer sollten Bund, Länder und Fraktionen dann einen gemeinsamen Referentenentwurf erarbeiten, der Grundlage für das spätere Gesetz sein soll.
NRW-Gesundheitsminister Laumann: Klare Aufgabenverteilung
Eine Grundsatzeinigung gab es laut Lauterbach in der Frage der Krankenhausfinanzierung und der Krankenhausplanung. NRW-Gesundheitsminister Laumann hob hervor, dass sich Bund und Länder hier auf eine klare Aufgabenteilung verständigt hätten: Die Krankenhausplanung - also etwa die Frage, wo es weiter Krankenhäuser geben soll und wo nicht - obliege den Ländern.
Der Bund hingegen habe "den Hut auf in der Frage: Wie werden die Betriebskosten von Krankenhäusern finanziert", sagte Laumann, der in den vergangenen Monaten Lauterbachs erste Pläne zur Krankenhaus scharf kritisiert hatte.
Hintergrund: Darum eskalierte der Streit zwischen NRW und Bund
Der Grund für Laumanns Kritik: Er arbeitet in NRW bereits seit 2018 an einer eigenen Krankenhausreform. Dann kam Bundesgesundheitsminister Lauterbach mit seinem Plan dazwischen, wie Laumann fand. Im Februar war der Streit zwischen den beiden eskaliert. Krankenhausplanung sei Ländersache, ermahnte Laumann seinen Kollegen.
Zwischen vielen Kliniken herrscht ein Ringen um lukrative Operationen.
Dabei haben beide Krankenhaus-Reformer das gleich Ziel. Nahegelegene Krankenhäuser sollen sich keinen ruinösen Wettbewerb mehr um lukrative Operationen liefern. Gleichzeitig soll es eine wohnortnahe Grundversorgung mit Krankenhäusern auch auf dem Land geben.
Die entscheidende Streitfrage war: Wer bestimmt am Ende, wo welches Krankenhaus steht? Und welches geschlossen werden muss? Das könne nur vor Ort entschieden werden, also in NRW, meint Laumann. Und so soll es nach den neuesten Plänen nun auch kommen. Laumanns Kommentar nach der Sitzung am Donnerstag:
Keine Einigung zu Krankenhaus-Levels
Keine Einigung erzielten Bund und Länder in der Frage der bundeseinheitlichen Krankenhaus-Levels, mit der das Leistungsniveau von Kliniken transparenter werden soll. Sie verständigten sich aber darauf, dass der Bund hier alleine vorangeht.
"Wir werden als Bund die Qualitätsunterschiede, die es von Klinik zu Klinik gibt, transparent machen", sagte Lauterbach. "Man muss nachschauen können, wo wird der Eingriff vor Ort gemacht und mit welcher Qualität." Der Bund könne dies rechtlich auch ohne die Länder umsetzen.
Lob und Kritik für Pläne zur Krankenhausreform
Melanie Schlotzhauer (Grüne), Gesundheitssenatorin in Hamburg
Von Länderseite erhielt Lauterbach Lob für sein Entgegenkommen. Hamburgs Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) bezeichnete es als "Sternstunde für unsere Krankenhäuser, dass Bund, Länder und auch Fraktionen gemeinsam am dem Gesetzentwurf arbeiten". Es sei "wirklich beispielhaft, dass der Bund uns an dieser Stelle so weit entgegenkommt".
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sagte, das Vertrauensverhältnis zwischen Bund und Ländern bei der Reform habe "heute einen signifikanten Schub nach vorne gemacht". An einigen Details müsse aber noch "gefeilt" werden.
Vor dem Treffen hatte Lauterbach auf die schwierige finanzielle Lage vieler Kliniken hingewiesen. "Ohne die Reform haben wir ein Krankenhaussterben", warnte er im ZDF. "Viele Krankenhäuser werden ohne die Reform nicht überleben können." Der ökonomische Druck sei zu hoch.
Der Gesundheitsexperte der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), begrüßte die Annäherung von Bund und Ländern. "Die heutigen Beratungen geben Anlass zur Zuversicht", sagte er dem "Handelsblatt". Auch der AOK-Bundesverband erklärte, dass er die Vereinbarungen "ausdrücklich begrüßt".
Kritisch hingegen äußerte sich Linken-Chefin Janine Wissler, die einen grundlegende Abkehr von der "Profitorientierung" im Gesundheitswesen forderte. Ihre Forderung: Krankenhäuser sollten in öffentliche Hand.
Über dieses Thema berichten wir unter anderem am 02.06.2023 im "Morgenecho" bei WDR5.