Lützerath-Demonstrant trifft Polizist: Am Ende sind sie sich sympathisch
Stand: 29.01.2023, 20:48 Uhr
Marwin hat in Lützerath demonstriert. Dennis war als Polizist vor Ort. Bei einem gemeinsamen Kaffee sprechen sie über ihre Erfahrungen. Und stellen fest, dass sie vieles ähnlich sehen.
Von Astrid Houben und Benedikt Strickmann
Die Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten in Lützerath wurden tagelang diskutiert, die Bilder gingen durchs Land. Es gab heftige Auseinandersetzungen. Die Fronten scheinen verhärtet.
Marwin Vigoo war als Demonstrant vor Ort. Und auch Dennis Küll war in Lützerath. Er ist Polizist und Mitglied der Gewerkschaft der Polizei. Beide haben eine ganz persönliche Sicht auf das, was rund um die Räumung passiert ist.
Der WDR hat mit beiden gesprochen, getrennt voneinander. Aber wäre es nicht besser, die beiden jungen Männer würden direkt miteinander sprechen? Wir haben Marwin und Dennis zu einem gemeinsamen Kaffee nach Düsseldorf eingeladen.
So hat Demonstrant Marwin Lützerath erlebt
Gespräch über den Lützerath-Einsatz
Erst geben sich die beiden die Hand, dann zeigt Marwin seine rechte Hand noch einmal genauer: Sie ist immer noch geschwollen. Er sei in Lützerath von der Polizei auf die Hände geschlagen worden, sein rechter Zeigefinger musste danach eingerenkt werden.
Am Anfang habe er bei einer Demo gegenüber Lützerath in der dritten Reihe gestanden. Die Polizei habe aber die vorderen Reihen "abgesägt", "dann stand ich vorn."
Er habe die Verhältnismäßigkeit beim Einsatz der Polizei vermisst, sagt Marvin. Und es habe sehr wenig Kommunikation von Seiten der Polizei stattgefunden. Die Verantwortung sehe er bei der Einsatzleitung. Diese habe Möglichkeiten zur Kommunikation mit den Aktivisten und Demonstranten nicht wahrgenommen.
So sieht Polizist Dennis den Einsatz
"Da werden wir nicht auf einen Nenner kommen", sagt Dennis klar. Seiner Meinung nach wurde genug und klar kommuniziert. Er versucht stattdessen, die Lage der Polizei in solchen Situationen zu schildern: Man habe eine Menge vor sich, die teils Steine wirft, die auf einen zukommt. Vielleicht seien die meisten davon friedlich, aber das könne man als Polizist kaum filtern, wenn dabei Steine fliegen.
Dennis schildert, was seine Kollegen bei dem Einsatz erlebt haben, Marwin hört zu. "Man ist mit reflektierenden Decken auf Polizeipferde zugelaufen, um die scheu zu machen, und die sind Richtung Abbruchkante geritten. Eine Polizeibeamtin musste da abspringen", berichtet Dennis. "Das geht absolut gar nicht, da sind wir beide einer Meinung", sagt Marwin.
Dennis sagt Marwin auch ehrlich: "Ich finde es schwierig, wenn man das alles mitmacht, und am Ende dann sagt: Damit habe ich nichts zu tun." Er rät Demonstranten, sich auch räumlich von Menschen zu distanzieren, die Gewalt anwenden oder Steine schmeißen.
Denn klar wird auch: Der Polizist findet Demos wichtig - solange sie friedlich ablaufen.
Ein versöhnliches Fazit
Am Ende verlassen Marwin und Dennis das Café. Beide sind klar gegen Gewalt auf Demos. Bei den Maßnahmen der Polizei gegen Gewalt sind sie aber teilweise uneinig. Gelernt haben sie trotzdem einiges im Austausch.
Er wolle mehr darauf achten, mit welchen Menschen er sich auf einer Demonstration umgibt, sagt Marwin. Und Polizist Dennis resümiert: "Wir dürfen nicht aufhören zu kommunizieren, wir dürfen nicht aufhören zu diskutieren. Das ist das wichtigste Instrument, das wir haben."
Und noch eine Sache bleibt am Ende: Die zwei sind sich sympathisch. Manchmal braucht es nur einen gemeinsamen Kaffee.