Das gute AfD-Ergebnis bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen hat die Partei nicht zuletzt einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu verdanken: junge Männer mit einfacher Bildung, denen es wirtschaftlich nicht besonders gut geht. Das geht aus Umfragen von infratest dimap hervor, die am Wahlabend durchgeführt wurden.
So wählten in Sachsen 35 Prozent der Männer die AfD und 26 Prozent der Frauen. In Thüringen, wo die rechtsextreme Partei von dem Faschisten Björn Höcke angeführt wird, holte die AfD sogar 38 Prozent der Stimmen bei den Männern (27 Prozent bei den Frauen). Bei keiner anderen der in den Landtagen vertretenen Parteien gibt es so große Geschlechterunterschiede.
Gewaltfrei für Demokratie und gegen alte Männlichkeitsbilder
Eine Entwicklung, der sich nun das Programm "Männer gegen Rechts" entgegenstellen will. Die Initiative wurde vom Bundesforum Männer, dem katholischen Fachverband der sozialen Arbeit SKM sowie der sächsischen Landesarbeitsgemeinschaft für Jungen- und Männerarbeit ins Leben gerufen und stellte am Donnerstag ihre Ziele vor.
Man sei die erste Männerbewegung, die sich gegen Rechtsextremismus einsetze, sagte Klaus Schwerma vom Bundesforum Männer dem WDR. Mit dem Programm will man mit alten Männlichkeitsbildern wie körperlicher Stärke und Überlegenheit brechen. Außerdem soll der gewaltfreie Einsatz von Männern für die Demokratie gefördert werden. Die Initiative sieht sich als offenes Bündnis, dem sich interessierte Verbände, Vereine und Organisationen anschließen können, aber auch Privatpersonen. Dabei will man sich nicht auf Sachsen und Thüringen beschränken, sondern in ganz Deutschland um Unterstützung werben und sichtbar werden.
"Angst vor einem Privilegienverlust"
Aber warum sind es eher Männer als Frauen, die rechts wählen? Lorenz Blumenthaler von der Amadeu-Antonio-Stiftung sieht eine wachsende Verunsicherung gerade bei jungen Männern. Diese hätten "Angst vor einem Privilegienverlust", der ihnen durch progressivere Parteien drohe. "Die AfD gibt diesen Männern das Gefühl, ihnen diese Unsicherheiten nehmen zu können", sagte Blumenthaler dem WDR.
Wissenschaftler beobachten im Bildungs- und Berufswesen schon länger eine Verschiebung zwischen den Geschlechtern: Mädchen machen inzwischen öfter Abitur als Jungen, es gibt mehr weibliche als männliche Studierende. Die Folge: Frauen machen beruflich Karriere und sind unabhängiger als früher - auch finanziell.
Unzufriedenheit von jungen Männern wird abgegriffen
Das verändere auch den Partnermarkt, so der Kölner Soziologe Ansgar Hudde. Daten zeigten: Männer mit niedrigem Bildungsstand verdienen nicht nur schlechter, sie bleiben auch öfter Single. Hudde sieht in ihnen eine "Gruppe von jungen Männern, die dadurch natürlich empfänglicher sind für eine Politik, die generell eine Unzufriedenheit versucht abzugreifen und die vielleicht auch ein Zurück, eine Nostalgie zurück in die Vergangenheit propagiert".
Ein ähnliches Bild zeichnet der Politikberater Johannes Hillje. Im Zuge von Modernisierungsprozessen hätten junge Männer "zum Teil eine Abwertung" erfahren, sagte er im NDR. "Und das ist etwas, was auch die AfD ganz stark ausnutzt." Männer sollten Stärke zeigen, am besten Hauptverdiener sein - diese Einstellungen führten laut Klaus Schwerma oftmals dazu, dass Männer Gewalt als Mittel sehen würden, um ihren Status zu sichern und ihre Interessen durchzusetzen.
Onlinepräsenz: Initiative muss noch viel tun
Die Initiative "Männer gegen Rechts" will vor allem über Soziale Medien Präsenz zeigen, wo die AfD viel Aufmerksamkeit bekommt. So sind unter dem Instagram-Hashtag #MachDichStarkMann Männer eingeladen, Beiträge zu positiven Männerbildern hochzuladen. Bislang trifft die Initiative allerdings noch auf sehr wenig Resonanz. Gerade einmal zwölf Beiträge finden sich unter dem Hashtag, und nicht alle haben mit dem Thema zu tun.
Noch ernüchternder sieht es bei TikTok aus. Wenn man dort "Männer gegen rechts" eingibt, erscheint kein einziges Video der Initiative - aber gleich zwei von Maximilian Krah, dem AfD-Spitzenkandidaten der vergangenen Europawahl.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagenturen dpa, EPD, KNA
- Aussagen von Klaus Schwerma und Lorenz Blumenthaler im WDR 5-Morgenecho
- Interview mit Klaus Schwerma für WDR COSMO
- NDR
- Infratest dimap