Machtkampf in Tiflis: Lenkt Putin jetzt Georgien? 

Stand: 07.03.2024, 13:45 Uhr

In Georgien sorgt ein neues Gesetz für massive Proteste und gewalttätige Auseinandersetzungen. Björn Blaschke ist dort und gibt in der aktuellen Folge von „nah dran“ Einblicke in die Lage des Landes.

Handgemenge im Parlament, verletzte Demonstranten und bedrohte Oppositionelle: Dass das politische Klima in Georgien derzeit von Gewalt und Einschüchterung geprägt ist, ist in den vergangenen Wochen immer wieder deutlich geworden.

georgische Flaggen und EU-Flaggen bei den Demos in Tiflis | Bildquelle: IMAGO/Mikhail Yegikov

Seit einem halben Jahr ist Georgien Beitrittskandidat der Europäischen Union. Ein neues Gesetz rückt diese Perspektive allerdings in weite Ferne. Der Ex-Sowjet-Staat am Schwarzen Meer steht zwischen russischer Einflussnahme und EU-Orientierung.

Breiter Protest gegen das neue "Agentengesetz"

Besonders umstritten war die Verabschiedung des Gesetzes gegen ausländische Einflussnahme durch das georgische Parlament in dieser Woche. Kritiker des Gesetzes fühlen sich an das russische „Agentengesetz“ von 2012 erinnert und sehen darin einen Versuch, die Opposition, den Nichtregierungssektor und unabhängige Medien zu unterdrücken.

Das georgische Gesetz, das bereits im vergangenen Jahr verabschiedet werden sollte, stieß auf heftigen Widerstand innerhalb der Bevölkerung. Rund Zweihunderttausend Menschen gingen nach der Verabschiedung auf die Straße.

Getragen wurden die Proteste von einem breiten Bündnis aus überwiegend städtischen und jungen, aber auch älteren Georgierinnen und Georgiern, berichtet ARD-Korrespondent Björn Blaschke, der die Proteste seit mehreren Wochen vor Ort beobachtet.

Machtkampf in Tiflis: Lenkt Putin jetzt Georgien? I nah dran nah dran – die Geschichte hinter der Nachricht 17.05.2024 19:39 Min. Verfügbar bis 17.05.2025 WDR Online

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Die Rolle der EU

Die Europäische Union hat wiederholt ihre Unterstützung für die demokratischen Bestrebungen des Landes betont. Verschiedene Politikerinnen und Politiker sind nach Tiflis gereist. Neben dieser eher symbolpolitischen Anteilnahme brauche es dringend eine klare Kommunikation darüber, was es jetzt für die Aufrechterhaltung des Beitrittsstatus brauche, betont Björn Blaschke.

Björn Blaschke | Bildquelle: WDR/Herby Sachs
"Die stellen sich dahin und sagen 'wir erklären uns solidarisch mit euch, den Demonstrierenden' und heizen das natürlich an. Aber was wird am Ende dabei herauskommen?“ Björn Blaschke, ARD-Korrespondent in Georgien

Ein Blick in die Zukunft

Die derzeitige Krise könnte Georgien in eine tiefere politische und gesellschaftliche Spaltung treiben. Umso relevanter erscheinen daher die Wahlen im Oktober. Diese werden zeigen, ob die Partei „Georgischer Traum“, die die Russifizierung maßgeblich vorantreibt, ihre Mehrheit aufrecht erhalten kann. Ob die Hoffnung Georgiens auf einen EU-Beitritt erfüllt wird, hängt von vielen Faktoren ab – auch von der Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft, Georgien auf seinem Weg zu unterstützen.

Im Podcast "nah dran - die Geschichte hinter der Nachricht" erzählen unsere Reporterinnen und Reporter, was sie bei ihren Recherchen erlebt haben. Sie werfen einen Blick hinter die Nachrichten, hören Betroffenen zu und erleben selbst mit, wovon die meisten nur kurz in den wöchentlichen Schlagzeilen lesen. Näher ran als sie kommt keiner - egal ob im Ausland, in der Hauptstadt oder direkt vor unserer Tür in der Region.