Wenn es um E-Scooter geht, liegen die Meinungen weit auseinander: Umweltfreundlich und flexibel von einem Ort zum anderen, sagen die einen. Elektroschrott und ein Verkehrsrisiko, die anderen. Besonders, wenn die Fahrer sich rücksichtslos verhalten oder die Leih-Scooter quer auf dem Gehweg liegen.
Ein prominentes Beispiel dafür: Paris. Dort bieten drei Vermieter rund 15.000 E-Scooter an, mit denen Touristen und Einheimische oft recht unvorsichtig unterwegs sind. Es gibt Unfälle und Chaos auf den Bürgersteigen. Allerdings läuft die Lizenz für die Vermieter Ende August aus. Am Sonntag haben die Bürger der französischen Hauptstadt darüber abgestimmt, ob die Lizenz verlängert werden soll oder nicht.
Paris stimmt für Verbot von Leih-E-Scootern
89 Prozent der rund 100.000 Abstimmungsteilnehmer sprachen sich am Sonntag für ein Verbot des E-Scooter-Verleihs in Paris aus. Bürgermeisterin Anne Hidalgo betrachtet das Votum als bindend und stellte klar: "Ab dem 1. September gibt es keine Leihroller mehr in Paris."
Und in Deutschland? Die Probleme mit den Scootern kennen auch wir. Dazu kommt der Sicherheitsaspekt – immer wieder gibt es schwere Unfälle mit E-Rollern. Also weg damit oder lieber alles anders und sicherer?
E-Scooter: eher Spaßmobil statt Mobilitätswende
"Zum Großteil haben sie eine Lückenfunktion im Spaß- und Freizeit-Verkehr. Was ich weniger sehe, ist, dass sie Menschen vom Auto wegbewegen", sagte Arne Fellermann, Leiter Verkehrspolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Er findet nicht, dass E-Scooter unbedingt verboten werden müssen. "Für Städte wichtig wäre es aber, striktere Umsetzungen zu haben, wo E-Scooter geparkt werden und wie es mit dem Abstellen funktioniert." Auch sollten sie in Randbezirken und nicht nur im Zentrum verfügbar sein.
Die Laune ist gut und der Bierkasten schon halb leer. Mal eben mit dem E-Scooter von der Altstadt an den Rhein, das wollen zwei junge Männer trotzdem - dabei hat mindestens einer von ihnen schon etwas getrunken. Simon Höhner von der Verkehrswacht Düsseldorf ist präventiv unterwegs und klärt sie auf: "Ihr habt einen Führerschein und seid unter 21, nehme ich an? Null Komma null Promille, das wisst ihr, sonst ist der Lappen weg." Für die beiden geht es nun zu Fuß weiter. Ein typischer Fall, sagt der Verkehrswächter.
Das sei höchst gefährlich, da die jungen E-Scooter-Fahrer so Leib und Leben von sich selbst und anderen riskierten. Doch es sei eher die Regel als die Ausnahme.
Erst Reaktionstest, dann E-Scooter
Der 18-jährige E-Scooter-Fahrer Elias Amyai weiß, wie brenzlich so etwas werden kann: "Bei mir in der Gegend hat ein Autofahrer mal beinahe einen alkoholisierten E-Scooter-Fahrer angefahren. Der hat die ganze Zeit geschwankt auf dem Roller."
Um Alkoholfahrten vorzubeugen, haben einige Anbieter in ihren Apps inzwischen Reaktionstests implementiert, die man vor Start absolvieren muss. Besteht man sie nicht, bleibt der Roller gesperrt. Einige Betreiber setzen das Tool aber nur punktuell, zum Beispiel zu Karneval, ein und statt einer kompletten Sperrung des Scooters, wird die Fahrt mit anderen Verkehrsmitteln lediglich empfohlen.
Mehr E-Scooter-Unfälle in NRW
Je mehr sie werden, desto mehr hinterlassen E-Scooter-Fahrer Spuren in der Unfallstatistik, auch dann, wenn kein Alkohol im Spiel ist. Allein im vergangenen Jahr verunglückten in NRW 1.800 Fahrer, etwa 700 mehr als im Vorjahr. Drei Menschen starben bei E-Roller-Fahrten. Auch in diesem Jahr kam es bereits zu einem Todesfall in NRW: Im Februar starb in Bonn ein junger Mann nach einem Sturz mit einem E-Scooter.
Helme von E-Roller-Fahrern kaum angenommen
Nur selten sieht man im Straßenbild E-Scooter-Fahrer mit Helmen. Wenn überhaupt, sind es Menschen, die mit dem eigenen Roller unterwegs sind. Wer einen Sharing-Scooter nutzt, hat meist keinen eigenen Helm dabei und selbst wenn sie vom Anbieter angeboten werden, werden sie oft links liegen gelassen.
"Wir waren einer der ersten Anbieter, der eine Helmbox an seinen Scootern fest implementiert hatte", sagt Matthias Weber vom E-Scooter-Betreiber "TIER". "Allerdings wurden die Helme so gut wie gar nicht benutzt." Zudem seien die Boxen oft beschädigt und Helme gestohlen worden, daher habe man das Helm-Angebot wieder eingestellt: "Da waren dann Aufwand und Nutzen einfach in keinem sinnvollen Verhältnis."
ADFC: Tempo 30 statt Helmpflicht für E-Scooter
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC), der sich mit E-Scootern oft die Fahrradwege teilen muss, sieht in einer Helmpflicht nicht die Lösung. Die eigentlichen Probleme seien damit nicht gelöst. Stattdessen fordere man ein strengeres Tempolimit für Auto und Co, das verhindere, dass es überhaupt zu Unfällen komme.
"Tempo 30 in den Städten sorgt dafür, dass ein Autofahrer, wenn er die Gefahr erkennt, sofort steht. Der Fahrer der Tempo 50 gefahren ist, rast ungebremst auf das Hindernis zu", so Jan-Philipp Holthoff vom ADFC Düsseldorf.
Umgekippte Roller auf Gehwegen - Betreiber in die Pflicht?
Auch achtlos abgestellte oder umgekippte E-Scooter auf Gehwegen und Straßen können zur Gefahr werden - für andere Verkehrsteilnehmer. Der Deutsche Städtetag fordert von Bund und Ländern, die Betreiber der Share-Roller hier stärker in die Pflicht zu nehmen: "Mit technischen Mitteln könnten diese verhindern, dass ein Scooter dort abgestellt wird, wo es verboten ist."
Man sei schon jetzt bemüht, problematisches Parken auf verschiedenen Wegen einzudämmen, heißt es von den Anbietern. So erklärt E-Roller-Betreiber "Voi" gegenüber dem WDR, dass er unter anderem nach jeder Fahrt ein Foto des geparkten Scooters anfordere, das dann durch eine künstliche Intelligenz auf korrektes Parkverhalten überprüft werde.
E-Scooter in Städteplanung nicht mitgedacht
Fakt ist: Bei der Planung unserer Städte sind Roller nicht mitgedacht worden. Anbieter und Städte bemühen sich aber um konstruktive Lösungen. Unter anderem in der Düsseldorfer Innenstadt wird bereits auf das sogenannte Geofencing gesetzt. Das Konzept: Stellt man den Roller abseits von ausgewiesenen Sharing-Zonen ab, laufen die Kosten weiter.
"Früher durften die Scooter überall abgestellt werden. Jetzt gibt es nur noch Bereiche, wo diese dann konzentriert, ordentlich und sicher abgestellt werden und das führt, nach unserer Prognose und Erfahrungen, zu mehr Ordnung und Sicherheit", erklärt Rolf Neumann von Connected Mobility Düsseldorf. Bei einigen Anbietern, wird das Parken auf besonders geeigneten Flächen zudem mit Rabatten belohnt.
Ausgewiesene Zonen in den Innenstädten, flexibles Abstellen in den Außenbereichen, womöglich ein E-Scooter-Kompromiss für die Zukunft. Für mehr Sicherheit braucht es am Ende wohl aber vor allem eins: noch mehr Rücksicht und Toleranz von allen.
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 03.04.2023 auch im Hörfunk, WDR 5 Morgenecho, und im Fernsehen, Aktuelle Stunde 18.45 Uhr.