Die meisten Stau-Kilometer, die meisten Stau-Stunden und überhaupt die meisten Staus: NRW ist bundesweit der traurige Stau-Spitzenreiter. Mehr als ein Drittel der deutschen Staus entfiel auf den Westen. Das geht aus einer Mitteilung des ADAC am Donnerstag hervor.
Auf den mehr als 2.200 Autobahnkilometern summierte sich die Dauer aller Verkehrsstörungen auf gut 104.000 Stunden. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Staus also nahezu gleich geblieben. Im Jahr vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie (2019) lag die Staudauer mit 170.500 Stunden allerdings noch deutlich höher.
Im Jahr 2022
- steckten Autofahrer in NRW 4.341 Tage in Stau und stockendem Verkehr fest
- betrug die Gesamtlänge aller gemeldeten Störungen 213.000 Kilometer
- war der stauintensivste Monat der November mit 12.213 Stau-Stunden
- war der stauintensivste Tag der 14. September mit 691 Stau-Stunden (an diesem Tag fand in allen Bundesländern nach den Sommerferien wieder Unterricht statt)
Von Dienstag bis Freitag viel Stau
Typischerweise gab es die meisten Staus am Tag zwischen 6 und 8 sowie zwischen 13 und 17 Uhr. Innerhalb der Woche, so der ADAC, sei das Staugeschehen von Dienstag bis Freitag hoch gewesen - wobei am Mittwoch und Donnerstag am häufigsten Verkehrsstörungen gemeldet wurden.
Der Autobahnabschnitt mit den meisten Stau-Ereignissen war auf der A43 zwischen Wuppertal und Recklinghausen. Die in Summe längsten Staus gab es auf der A3 zwischen Köln und Oberhausen.
Die meiste Geduld brauchten Autofahrer auf der A42 zwischen Dortmund und Kamp-Lintfort. Dort standen sie 2022 insgesamt 7.054 Stunden im stockenden Verkehr.
2023 wird es wohl nicht besser
Für 2023 rechnet der ADAC in NRW sogar noch mit einem steigenden Verkehrsaufkommen auf den Autobahnen. Zudem würde auch die "Baustellen- und Brückensituation angespannt" bleiben.
Es würden sich wieder mehr Arbeitnehmende zu Stoßzeiten ins Auto setzen und im Stau stehen. "Dabei lässt sich die Zahl der Arbeitswege sowie dienstlichen Reisen durch Homeoffice und Mobiles Arbeiten deutlich reduzieren", so der ADAC.
ADAC fordert Homeoffice und Investitionen
Zudem sollten Arbeitgeber flexible Arbeitszeitregelungen beibehalten oder einführen. "Den Arbeitstag zuhause beginnen und erst ein bis zwei Stunden später in Büro fahren, spart Zeit und Nerven."
Ferner fordert der Automobilclub mehr Investitionen in die Bahn, um das Potential des 49-Euro-Tickets zu nutzen. Es müsse "massiv" in den Erhalt und die Erneuerung von Brücken investiert werden. Die Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten beschleunigt werden.
SPD: "Unter Hendrik Wüst bricht der Verkehr zusammen"
Die politische Reaktion aus der Opposition im Landtag kam am Donnerstag prompt: "Unter Hendrik Wüst bricht der Verkehr zusammen", konstatierte Gordan Dudas, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagafraktion. Dabei sei der NRW-Ministerpräsident schon in der vergangenen Legislaturperiode als Verkehrsminister angetreten mit dem Versprechen, den Stau zu beseitigen. Statt dessen sei NRW jetzt "Spitzenreiter in einer Tabelle, in der das Land besser ganz weit hinten stehen sollte". Hätten Pendlerinnen und Pendler in NRW einst ins Lenkrad gebissen, so Dudas, sei von dem Lenkrad "auf jeden Fall nicht mehr viel übrig".
Exemplarisch sei das aktuelle Desaster um die A45-Talbrücke Rahmede, deren rechtzeitiger Neubau offensichtlich unter Hendrik Wüst als Verkehrsminister verschoben worden sei.
Auch der jetzige Verkehrsminister - und ehemaligen Oppositionspartner - Oliver Krischer (Grüne) bekam von Dudas sein Fett weg: "NRW hat zurzeit keinen Verkehrsminister."
Verkehrsminister verweist auf den Bund
Das Verkehrsministerium wiegelt auf WDR-Anfrage ab und verweist auf die Bundesregierung: Mit der Gründung der Autobahn GmbH vor einigen Jahren hätten die Länder ihre Zuständigkeit für den Bau und Betrieb der Autobahnen an den Bund abgetreten, heißt es. "Seitdem ist der Bund alleinverantwortlich. Eine Mitwirkung oder Einflussnahme der Länder gibt es nicht mehr."
Verkehrsminister Krischer selber legt nach: Von den anstehenden Sanierungen an rund 873 Autobahnbrücken in NRW habe der Bund im letzten Jahr "gerade einmal" 40 geschafft. Dabei brauche es "mehr Tempo, statt immer mehr Geld für teuren Neubau". Hier setze der Bundesverkehrsminister "falsche Prioritäten".