Kurz nach der Impfung hat die 17-Jährige Beschwerden, die von Medizinern als normale Reaktion eingestuft werden. Nach der zweiten Impfung aber reagiert Selins Körper so massiv, dass sie ins Krankenhaus muss.
Seltene Immunerkrankung
Nach endlosen Untersuchungen steht fest: Selin hat eine äußerst seltene Form der Myasthenia Gravis, einer Autoimmunerkrankung, bei der die Verbindung zwischen Nerven und Muskeln nicht mehr funktionieren und die junge Frau immer schwächer werden lassen.
Adela Della Marina, Ärztin von Selin
Seit Dezember pendelt Selin zwischen Solingen und dem Uniklinikum Essen hin und her. Nur mit Blutwäschen und hochdosierten Medikamenten kann sie derzeit überleben.
Corona-Impfung als Auslöser?
Doch ist die Impfung der Auslöser? Myasthenie ist eine sehr seltene Autoimmunerkrankung. Selins Variante ist so selten, dass sie statistisch gar nicht auftaucht.
Selbst Experten wie Selins behandelnde Ärztin Adela Della Marina sagen: Einen Zusammenhang zwischen einem Ereignis und dem Auftreten der Krankheit sei nicht sicher. Man wisse nicht, was die Myasthenie auslöse. Faktisch hätte jeder die Anlage dazu, Autoimmunerkrankungen zu entwickeln.
Vor der Impfung war Selin kerngesund, bestätigt auch ihr Kinderarzt Dr. Thomas Fischbach aus Solingen. Sie habe keinerlei Anzeichen einer so schweren Erkrankung gehabt. Dennoch sagt auch er: Was die Myasthenie ausgelöst hat, ist völlig unklar.
Kampf für die Anerkennung als Impfschaden
Selin sitzt im Rollstuhl
Selins Mutter Aylin Dalgül ist überzeugt: Die Corona-Impfung hat Selin krank gemacht. Sie hat nicht nur den Hersteller Biotech verklagt, sondern auch einen Entschädigungsantrag beim zuständigen Landschaftsverband Rheinland eingereicht.
Der LVR kümmert sich darum herauszufinden, ob Erkrankungen nach einer Impfung tatsächliche Impfschäden sind. Denn dann haben die Patienten einen anderen Versorgungsanspruch. Aktuell (Stand November 2022) sind seit 2021 beim LVR Rheinland 444 Entschädigungenanträge nach Coronaimpfungen eingegangen, davon wurden bisher 15 anerkannt und 40 abgelehnt.
Ausschlaggebend sei nicht der zeitliche Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankung. Unter anderem sei wichtig, ob eine Erkrankung auch beim Paul-Ehrlich-Institut als Impfschaden beschrieben sei.
Nachweis als Impfschaden schwierig
Auf Nachfrage teilt das PEI mit: "Bei inzwischen fast 189 Millionen verimpfter Dosen sind auch einzelne Meldungen zum Auftreten einer Myasthenia Gravis zu erwarten. Allerdings gibt es bisher keinen Hinweis auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Impfung und dieser Reaktion."
Bedeutet auch: Eine Anerkennung als Impfschaden wird schwierig. Und damit könnte Selin die Unterstützung, die sie braucht, verwehrt werden.