Im Dialog bleiben: Vertreter jüdischer Verbände besuchten Bochumer Moschee
Stand: 27.10.2023, 16:20 Uhr
Zum zweiten Mal in dieser Woche haben sich jüdische und muslimische Glaubensverbände an einen Tisch gesetzt und über ein friedliches Miteinander gesprochen. In Zukunft soll es regelmäßige Treffen geben.
Von Danny Papst
Es regnete in Strömen in Bochum-Dahlhausen. Die Sultan Ahmed Moschee war an diesem Freitag der Ort eines weiteren jüdisch-muslimischen Gesprächs. Dass man sich in der eher kleinen und unscheinbaren Sultan Ahmet Moschee in Bochum mit vier großen Islam-Verbänden traf, war kein Zufall. Vor kurzem war die Moschee das Ziel eines anti-muslimischen Vorfalls. Unbekannte hatten ein Hakenkreuz auf die Moschee geschmiert, an einem Fenster fanden sich Brandspuren. Mit dem Besuch wollten die jüdischen Vertreter ihre Solidarität ausdrücken.
NRW-Staatskanzlei als Motor der Gespräche
Neben den Gemeinden und Religionsverbänden nahm auch der Chef der NRW-Staatskanzlei Nathanael Liminski teil. Nach dem Treffen sagte er, dass man ein Zeichen setzen wolle und zwar dafür, "dass in NRW jede und jeder unabhängig von Religion frei und sicher leben können soll". Ein Ziel, dass der Vorsitzende des Islamverbandes DITIB NRW, Mursun Aksoy, ebenfalls bekräftigte: "Mit diesen Treffen sollen die Religionen zusammenrücken und sich besser kennenlernen". Durmus will in den muslimischen Gemeinden für mehr Offenheit und ein friedliches Miteinander der Religionen werben.
Gesellschaft muss Farbe bekennen
Diesen Ansatz begrüßt Abraham Lehrer von der Kölner Synagogen-Gemeinde ausdrücklich. "Wenn das gelingt, würde das jüdische Gemeindemitglieder beruhigen und ihnen das Gefühl geben, dass es einen andersartigen Islam gibt als den, den sie jetzt aus Israel berichtet bekommen". Doch Lehrer hofft nicht nur auf ein besseres Verhältnis mit Musliminnen und Muslimen – im Alltag seien alle gefordert, gegen Antisemitismus Farbe zu bekennen: "Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände oder Kultureinrichtungen haben sich klar positioniert. Aber wir würden uns in der Gesellschaft mehr Solidarität wünschen".
Chef der NRW-Staatskanzlei Nathanael Liminski schüttelt die Hand einer Frau in einer Moschee in Bochum
In Zukunft soll es weitere und vor allem regelmäßige Treffen von Vertretern der Religionsverbände geben. Abraham Lehrer würde sich ein bis zweimal im Jahr einen solchen Austausch wünschen.
Dialog zwischen Muslimen und Juden auch in kleinen Gruppen
Der Dialog zwischen Muslimen und Juden soll nicht nur auf Landesebene etabliert werden. Auch die kleineren, lokalen Verbände seien immens wichtig. Nur wer sich kennenlerne, wisse sich auch zu schätzen, sagte der Landesvorsitzender des Zentralrats der Muslime. Man müsse gerade jetzt gemeinsam zusammenstehen.
Es war das zweite jüdisch-muslimische Treffen innerhalb einer Woche in NRW. Auch das erste Treffen am Montag in Köln war von beiden Seiten positiv bewertet worden.
Symbole der Versöhnung
Die Annäherung braucht Zeit, aber sie ist deutlich spürbar. Dafür reichte ein kurzer Blick ins Gesicht von Abraham Lehrer. Seit 1987 ist er im Gemeinderat der Synagogen-Gemeinde Köln, seit 2014 ist er Vize-Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland.
Nach dem Besuch von vier großen Islamverbänden in der Kölner Synagoge am Montag dieser Woche sagte Lehrer im WDR-Interview sichtlich beeindruckt: "Die [Islam-]Verbände haben in aller Deutlichkeit geäußert, dass sie den Angriff der Hamas verurteilen."
Bekenntnis mit Anlaufschwierigkeiten
Für Abraham Lehrer ist die Klarheit dieser Aussage ein Anlass für Zuversicht. Der Vorsitzende des Islamverbandes Ditib NRW, Durmus Aksoy, sprach den Betroffenen sein Mitgefühl aus. Es sei ungerecht, dass bei den Anschlägen auch Zivilisten getötet wurden. Die Klarheit auf Seiten der Islamverbände dürfte aber auch durch Nachdruck aus der Düsseldorfer Staatskanzlei zustande gekommen sein.
Denn schon vorige Woche hatte der Chef der Staatskanzlei Nathanael Liminski die Islamverbände einbestellt und eine klare Positionierung gegen den Terror der Hamas eingefordert. Am Ende stand eine gemeinsame Erklärung, indem Staatskanzlei und Islamverbände versprechen:
Welchen Einfluss die Islamverbände in den Gemeinden wirklich ausüben können, ist unklar – denn sie vertreten nur einen kleinen Teil der Musliminnen und Muslime in Deutschland.