Die Karnevalssession in Düsseldorf steuert auf ihren Höhepunkt zu. Mit Spannung wird erwartet, welche bitterbösen politischen Mottowagen Wagenbauer Jacques Tilly in diesem Jahr enthüllen wird. Fragen an eine Düsseldorfer Karnevals-Legende.
WDR: Wie weit sind die Karnevalsvorbereitungen, Herr Tilly?
Jacques Tilly: Ja, wir sind auf der Zielgeraden. Die meisten Mottowagen sind fast fertig. Ganz fertig ist noch gar keiner, die große Masse ist aber schon in Arbeit. Es sind aber noch ein paar offen, weil wir bis zum letzten Moment abwarten, ob uns noch ein kapitaler Hirsch vor die Flinte läuft. Das heißt: Ein aktuelles Geschehen, das noch karnevalistisch verwurstet werden muss.
WDR: Wie viel Spielraum lassen Sie sich in den letzten Tagen noch?
Tilly: Unser Zugleiter hat immer gesagt: Wenn der Papst am Sonntag vor Rosenmontag heiratet, dann ist das Montag im Zoch.
WDR: Das letzte Mal, als Sie das so gehandhabt haben, liegt gar nicht lange zurück. Der russische Überfall auf die Ukraine fand an Weiberfastnacht statt, am Montag war ein Putin-Wagen fertig.
Tilly: Zuerst waren wir so deprimiert, dass wir gar nicht daran gedacht haben, einen Wagen zu bauen. Aber am Sonntag vor Rosenmontag hab ich gedacht: Es muss ein Kommentar aus Düsseldorf kommen. Dann haben wir die ganze Nacht gearbeitet, von Rosensonntag auf Montag - heißt das so?
WDR: Also, wenn Sie das nicht wissen ...
Tilly: Ich bin ja kein Karnevalist in dem Sinne, weil ich gar nicht richtig feiern kann um die Jahreszeit. Das ist leider so.
WDR: Der Putin-Wagen vom letzten Jahr erzählt ja die Geschichte des Überfalls. Wird diese Geschichte weitererzählt?
Tilly: Also der Wagen ist eigentlich immer noch aktuell, weil die Kriegssituation ja leider eingefroren ist. Der Wagen fährt auch nochmal, allerdings nicht in Düsseldorf. Den haben wir den Frankfurter Karnevalisten gegeben, die haben im Rosenmontagszug also einen schönen Mottowagen aus Düsseldorf. Wir bauen natürlich aktuelle Wagen zu allen weltpolitischen Themen. Mehr kann ich dazu nicht sagen, weil wir nie verraten, was wir bauen. Nicht mal die Themen, die wir verwursten.
WDR: Angesichts von Krisen wie dem Ukraine-Krieg und der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien: Was glauben Sie? Wie sind die Menschen dieses Jahr drauf, wenn es um Karneval geht?
Tilly: Zumindest die klassische Karnevals-Szene ist froh, die Pandemie hinter sich zu haben und endlich wieder Rambazamba zu machen. Weltpolitisch ist die Lage natürlich düster. Aber: Krisen hatten wir immer. Und gerade harte politische Satire wird gerade in Krisenzeiten besonders gerne aufgenommen.
Das Interview führte Ulrike Römer für das WDR5 Morgenecho.
Für die Online-Version wurde das Interview gekürzt und sprachlich bearbeitet.