Um 13.58 Uhr senkt Marvin Pagel den Kopf. Er steht direkt neben Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Marvin verlor heute vor genau 15 Jahren seinen Bruder Kevin. Der schlief zu dem Zeitpunkt in seiner Wohnung im Nachbarhaus des Archivs. Es wurde durch den Einsturz des Stadtarchivs mit in den Abgrund gerissen, kam als einer von zwei Anwohnern ums Leben. Fast die gesamte Geschichte Kölns und der Umgebung lagen unter Trümmern.
"Ich denke immer noch sehr oft an diesen Tag und sehr oft an meinen Bruder. Er war ein so lebensfroher Typ", sagt Marvin über seinen Bruder. Heute ist Marvin 21 und macht eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Damals war er sechs Jahre alt.
Der Stadtrat Köln hatte beschlossen, einen festen Gedenkort einzurichten. Den fordern seit Jahren Bürgerinitiativen. Auch Henriette Reker, parteilose Kölner Oberbürgermeisterin bekräftigte heute, das Projekt zu fördern. "Noch immer ist der Einsturz des Stadtarchivs im Gedächtnis der Stadt eine schmerzende Wunde", sagt sie auf der Gedenkveranstaltung. Wann aber ein Gedenkort kommt, ist völlig unklar. Immer noch ist die Einsturzstelle eine riesige Baustelle.
Bauarbeiten dauern noch Jahre
Die Kölner Verkehrsbetriebe, die hier an der Einsturzstelle die U-Bahn baut, will sich nicht festlegen, wann diese tatsächlich fährt. 2031 könnte es soweit sein. Jörn Schwarze, Vorstandsmitglied der KVB kündigt heute eine große Betonage für kommende Woche an. Der Bau ist sehr komplex und besteht aus drei Ebenen, die alle mit Kies und Beton verfüllt werden, so heißt es von der KVB.
Und auch juristisch wird sich die Aufarbeitung noch lange hinziehen. Prozesse gegen möglicherweise Verantwortliche werden im Laufe des Jahres neu aufgerollt. Der BGH hatte zuvor Urteile des Landgerichts Köln, unter anderem wegen Rechtsfehlern kassiert. Laut Landgericht Köln steht aber als Ursache fest, dass ein Trachytstein beim Ausbaggern nicht beseitigt wurde. Unterhalb des Stein wurde deshalb nicht betoniert. Durch die Fehlstelle gelangen später riesige Mengen Kies und Wasser und entzogen dem Stadtarchiv den Halt. Es stürzte ein.
Restaurieren dauert noch Jahrzehnte
Fast die gesamte Geschichte Kölns und der Umgebung lag nach dem Einsturz vor 15 Jahren unter Trümmern. Die Bergungsarbeiten waren erst 2011 abgeschlossen. Das Restaurieren wird noch Jahrzehnte dauern, wie die Stadt Köln schreibt. 200 Personen müssten ständig daran arbeiten, damit das Archiv nach 30 Jahren wieder voll funktionsfähig wäre, rechnet die Verwaltung vor.
Die Dokumente werden seit 2021 auch im Stadtarchiv-Neubau am Kölner Eifelwall restauriert. Sie werden gereinigt, geglättet, Risse werden geflickt, fehlende Stellen werden ergänzt, sie werden neu eingebunden und in Schutzverpackungen gepackt.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort bei Gedenkfeier
- Stadt Köln
- WDR-Archiv