Ende des vergangenen Jahres schreckte eine Nachricht die werdenden Mütter und Väter im Kreis Heinsberg auf: Das Städtische Krankenhaus Heinsberg musste am Wochenende seinen Kreißsaal schließen. Der Grund: zu wenig Personal. Damals arbeiteten drei Hebammen in dem Krankenhaus. Die Leitung suchte sofort nach Lösungen, und fand diese in einem Modell, das bis dahin vor allem in den südlichen Bundesländern schon häufig angewendet wurde: Eine so genannte Hebammen-Gemeinschaft.
Acht neue Hebammen für Heinsberg
Seit Anfang des Jahres arbeiten nun elf Hebammen im Krankenhaus Heinsberg. Acht neue, selbstständige Hebammen haben sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengetan. Das hat vielerlei Vorteile: Ihren Dienstplan können sie zum Beispiel selbst gestalten.
"Das garantiert flexiblere Arbeitszeiten. Und ist gerade für Hebammen interessant, die selbst noch Kinder haben", erzählt Julia Jansen. Die 41-Jährige arbeitet seit vielen Jahren als Hebamme. Das Krankenhaus kann mittlerweile wieder rund um die Uhr Geburten betreuen.
Lukratives Abrechnungsmodell
Gelockt wurden die neuen Hebammen von der Geschäftsführung auch mit Hilfe eines modernen Abrechnungssystems. Denn: Abgerechnet wird im Pool, entsprechend der Arbeitsbelastung. Die Einnahmen werden also durch acht geteilt. "Das ist sehr gut für uns", sagt Julia Jansen. Eigentlich werden Geburten nur durch die Hebamme abgerechnet, die auch die Geburt begleitet hat. Das sind dann im Regelfall 280 Euro. Hat es während des Dienstes keine Geburt gegeben, dann gab es auch kein Geld.
"Jetzt haben wir alle die Möglichkeit, Geld zu verdienen. Das ist für uns lukrativer als eine Anstellung als Angestellte", betont Julia Jansen. Und auch Heinz-Gerd Schröders vom Heinsberger Krankenhaus zieht jetzt im Frühjahr eine erste positive Zwischenbilanz: "Das Modell hat die Geburtshilfe in unserem Krankenhaus gerettet. Statische beziehungsweise festgefahrene Dienstpläne bringen uns nicht mehr weiter."
Ausbildungsplätze fehlen
Aber das neue Modell alleine wird den Personalmangel bei den Hebammen nicht beheben können. Es fehlen Ausbildungsplätze. Viele junge Frauen, die Hebamme werden wollen, scheitern schon bei der Suche. So gab es bisher zum Beispiel für die Kreise Heinsberg und Düren sowie für die Städteregion Aachen nur eine Hebammenschule – und zwar im Luisenhospital Aachen.
Seit Anfang des Jahres bietet aber auch die RWTH Aachen einen Studiengang an. "Wir müssen mehr in die Ausbildung investieren", fordert Schröders. Dass Hebammen gebraucht werden, zeigt das Heinsberger Krankenhaus: Allein in diesem Jahr sind hier 100 Mädchen und Jungen zur Welt gekommen.
Immer mehr Geburtskliniken schließen
Das Heinsberger Modell wird auch in anderen Krankenhäuser in NRW praktiziert. Mittlerweile haben 27 Häuser laut NRW-Gesundheitsministerium einen solchen Hebammenkreißsaal.
Landesweit wurden seit 2004 laut Ministerium 71 geburtshilfliche Einrichtungen geschlossen – unter anderem in Essen und Paderborn. Modelle wie in Heinsberg helfen dagegen, Standorte zu erhalten.