Rund 40 Millionen Tonnen Braunkohle fördert RWE pro Jahr aus Hambach, seinem größten Tagebau. Aber wie lange noch? Das OVG Münster hat am Freitag (05.10.2018) entschieden, dass der Konzern für die weitere Braunkohleförderung vorerst nicht den Hambacher Forst in Anspruch nehmen darf. Das Gericht verhängte einen vorläufigen Rodungsstopp und reagierte so auf einen Eilantrag des Umweltverbandes BUND.
Rodung vorerst gestoppt im Hambacher Forst
Lokalzeit aus Aachen. 05.10.2018. 02:28 Min.. Verfügbar bis 30.12.2099. WDR.
Braunkohlebagger im Tagebau Hambach
RWE darf in seinem Tagebau zwar weiter Braunkohle abbauen, aber nicht die bewaldeten Flächen des Hambacher Forsts in Anspruch nehmen. Wie lange RWE fördern kann, ist unklar. Der Konzern betont, um den Wald könne nicht herumgebaggert werden.
Hohe Kosten und Verluste
Deshalb müssen die Abbaugeräte auf der obersten Sohle des Tagebaus laut RWE bereits 2019 den Betrieb einstellen. Dann folgten die Bagger auf den tieferen Ebenen. Das Unternehmen rechnet nicht mit einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung womöglich vor Ende 2020.
RWE sieht den jährlichen wirtschaftlicher Schaden im "niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich". Der Börsenwert der RWE-Aktie schrumpfte am Freitag binnen weniger Stunden um mehr als eine halbe Milliarde Euro.
Ist der Forst ein Naturschutzgebiet?
Juristisch geht der Fall jetzt zum Verwaltungsgericht Köln zurück. Es muss über die BUND-Klage gegen den Hauptbetriebsplan für den Tagebau entscheiden - und somit auch darüber, ob der Wald mit Bechsteinfledermäusen und anderen seltenen Tierarten die Qualität eines europäischen FFH-Naturschutzgebietes hat. So schätzt der BUND den 12.000 Jahre alten Forst ein.
Das OVG sah diese Rechtsfragen als so komplex an, dass es sie nicht in einem Eilverfahren beantworten könne.
OVG: Keine vollendeten Tatsachen schaffen
RWE hat immer darauf verwiesen, dass Hambach 15 Prozent des Strombedarfs in NRW deckt. Diese Strommenge würde bei einem Ausfall der aus Hambach belieferten Kraftwerke fehlen und könnten nicht durch Kohle aus dem Tagebau Garzweiler ersetzt werden.
Die Abholzung des Waldes ist nach RWE-Angaben nötig, damit der Kohleabbau nicht zum Erliegen kommt. Das OVG hingegen hielt die sofortige Abholzung des Forstes im Interesse des Gemeinwohls nicht für notwendig. Die Rodung müsse vorerst gestoppt werden, damit keine "vollendeten, nicht rückgängig zu machenden Tatsachen geschaffen" würden.
Die Entscheidung ist zwar nicht endgültig, laut OVG aber "unanfechtbar". "Weil es in einem Eilverfahren nur zwei Instanzen gibt: das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht", sagte eine Sprecherin.
Reaktionen auf den Rodungsstopp
Die RWE AG in einer Adhoc-Börsenmitteilung: "Es ist damit zu rechnen, dass [...] eine bestandskräftige Entscheidung möglicherweise erst Ende 2020 vorliegen wird und RWE die Rodung erst anschließend wieder aufnehmen darf. In der Folge wird das Ergebnis vor Steuern (EBITDA) des Segments Braunkohle & Kernenergie ab 2019 jährlich mit einem niedrigen dreistelligen Millionen Euro Betrag belastet."
Dirk Jansen, Geschäftsführer des BUND NRW: "Das ist ein großer Erfolg unserer langjährigen juristischen Bemühungen und ist wirklich eine Zäsur hier in Nordrhein-Westfalen. Wir sind sehr froh."
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU): "Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist eine Chance, innezuhalten und nach Lösungen zu suchen, die die Energieversorgung und Arbeitsplätze sichern und den Schutz von Natur und Umwelt gewährleisten."
NRW-Grünen-Chefin Mona Neubaur: "Die RWE-Behauptung, nach der der Hambacher Wald umgehend für die Versorgungssicherheit abgeholzt werden müsse, war nichts als Propaganda. Und: Die Behauptung der Landesregierung, dass RWE den Hambacher Wald roden darf, ist mit dem heutigen Tag nicht mehr gültig."