- Staatsanwaltschaft fordert eine dreijährige Freiheitsstrafe für den Hauptangeklagten
- Anwälte von Corinna Schumacher plädieren für eine harte Bestrafung des ehemaligen Sicherheitsmitarbeiters
- Alle drei Angeklagten sind mehrfach vorbestraft, was sich auf das Strafmaß auswirken könnte
Drei Männer, darunter ein Vater und sein Sohn aus Wuppertal sowie ein weiterer Angeklagter aus Wülfrath, sollen versucht haben, die Familie Schumacher mit sensiblen Fotos und Videos um 15 Millionen Euro zu erpressen. Sie drohten damit, die Daten im Darknet zu veröffentlichen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden insgesamt 900 Bilder, fast 600 Videos sowie Teile der digitalisierten Krankenakte von Michael Schumacher sichergestellt. Seit seinem schweren Ski-Unfall 2013 wird Schumacher von der Öffentlichkeit abgeschirmt und benötigt pflegerische Hilfe.
Aussagen und Beweismaterial im Prozess
Während des Prozesses wurden die Anrufe des Hauptangeklagten bei der Familie Schumacher vorgespielt. In einem dieser Gespräche versuchte der 53-Jährige aus Wuppertal, den Eindruck einer Erpressung gegenüber der Familie zu zerstreuen. Er betonte mehrfach, dass es sich nicht um eine Erpressung handle und sprach von einem "sauberen Geschäft". Die Staatsanwaltschaft sieht dies jedoch anders und wertet das Vorgehen als eindeutige Erpressung.
Der Hauptangeklagte behauptete, der Familie helfen zu wollen, und stellte die Forderung nach 15 Millionen Euro als Vermittlungsgebühr dar. Er argumentierte, dass er die Quelle der Bilder preisgeben und einen Vertrag für die Übergabe aufsetzen wollte. Dennoch hinterfragte die Staatsanwaltschaft seine Motive, insbesondere da er die Festplatte mit den Daten nicht anonym zurückgegeben hatte.
Die Anklagepunkte: Erpressung und Beihilfe
Der Hauptangeklagte ist wegen versuchter Erpressung in einem schweren Fall angeklagt. Sein Sohn sowie ein weiterer Mitangeklagter müssen sich wegen Beihilfe verantworten. Während Vater und Sohn die Anklagepunkte weitgehend einräumten, bestreitet der dritte Angeklagte jegliche Beteiligung an der Tat. Der Wülfrather hatte einige Jahre als Sicherheitsmitarbeiter bei der Familie Schumacher gearbeitet. Und war als einziger zuvor im direkten Kontakt mit der Familie des Rennfahrers.
Plädoyer des Staatsanwalts
Die Staatsanwaltschaft hat in ihrem Plädoyer eine dreijährige Haftstrafe für den Hauptangeklagten gefordert. Sein Sohn, der wegen Beihilfe vor Gericht steht, soll eine viermonatige Bewährungsstrafe erhalten. Für den Mitangeklagten aus Wülfrath beantragte die Staatsanwaltschaft eine einjährige Bewährungsstrafe.
Eine mögliche Strafmilderung für den Hauptangeklagten wurde aufgrund seines Geständnisses und seiner kooperativen Haltung erwogen, jedoch sprachen seine mehrfachen Vorstrafen und die bestehende Fluchtgefahr dagegen. Zudem ist er herzkrank und auf medizinische Betreuung angewiesen. Während das Plädoyer verlesen wurde, wirkte er angespannt und hielt den Blick gesenkt.
Der mitangeklagte Sohn ist Vater eines zwei Monate alten Kindes und steht selbst unter Bewährung. Beim Mitangeklagten aus Wülfrath gibt es Hinweise darauf, dass er die Tat bereits im Voraus geplant haben könnte.
Plädoyer der Anwälte von Corinna Schumacher
Der Anwalt der Familie Schumacher betonte in seinem Plädoyer, dass es sich bei der Tat um eine Schutzgelderpressung gehandelt habe. Er kritisierte, dass die Ermittlungen nicht intensiv genug geführt worden seien und äußerte die Vermutung, dass der ehemalige Sicherheitsmitarbeiter der Schumachers der eigentliche Hintermann der Erpressung sei. "Diese ist im Versuchsstadium steckengeblieben, weil die Familie Schumacher nicht erpressbar ist", so der Nebenklage-Anwalt.
Er wies darauf hin, dass der Hauptangeklagte unmittelbar nach der Festnahme kooperierte, jedoch eine der Festplatten versteckt habe, die bis heute nicht aufgetaucht sei. Zudem äußerte er Zweifel, ob das Amtsgericht für die Verhandlung ausreichend Strafgewalt besitze.
Hinsichtlich der Strafen schloss sich die Nebenklage der Forderung der Staatsanwaltschaft für den Hauptangeklagten an. Für dessen Sohn forderte er eine höhere Strafe von etwa einem Jahr. Beim ehemaligen Sicherheitsmitarbeiter verlangte er eine Strafe von fünf Jahren, obwohl das Amtsgericht maximal vier Jahre verhängen könne. Deshalb beantrage er diese vier Jahre.
Verteidigung plädiert für mildere Strafe und Aufhebung des Haftbefehls
Der Verteidiger des Hauptangeklagten räumte ein, dass sich sein Mandant der Erpressung schuldig gemacht habe. Allerdings sieht er keinen besonders schweren Fall vorliegen. Er betonte, dass der Angeklagte mehrfach zur Aufklärung beigetragen habe und daher eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten als angemessen erachtet werde.
Zudem forderte er die Aufhebung des Haftbefehls unter bestimmten Auflagen: Der Angeklagte solle sich dreimal pro Woche bei den Behörden melden, seine Reisedokumente beim Gericht und eine Kaution in Höhe von 10.000 Euro hinterlegen.
Die Rolle des dritten Angeklagten – Drahtzieher oder Mitwisser?
Auf Wunsch von Corinna Schumacher wurde der ehemalige Sicherheitsmitarbeiter beauftragt, private Fotoalben der Familie zu digitalisieren. Dieser Arbeit soll er in seiner Mitarbeiterwohnung auf dem Gelände der Schumachers nachgegangen sein, so die Verteidigung. Nach seiner Entlassung sei das Material aber aus seiner Wohnung verschwunden.
Die Schumacher-Managerin Sabine Kehm betonte hingegen, dass alle Digitalisierungsarbeiten nur in den privaten Räumen der Familie erfolgt seien. Niemand habe Eigentum der Schumachers mit in ein externes Gebäude, geschweige denn in die Mitarbeiterwohnungen nehmen dürfen.
Kehm beschrieb den Wülfrather als zuvor beliebten Mitarbeiter, der hilfsbereit und zuverlässig arbeitete. Die Aufgabe, die privaten Bilderalben zu digitalisieren bekam er auch, weil er sich als besonders technikaffin zeigte.
Neue Ermittlungen gegen eine Krankenschwester
Zusätzlich zu den drei Angeklagten geriet auch eine ehemalige Krankenschwester von Schumacher in den Fokus der Ermittlungen. Sie soll engen Kontakt zu dem ehemaligen Sicherheitsmitarbeiter gehabt und Zugriff auf den Pflegecomputer besessen haben, auf dem private Daten gespeichert waren. Sie soll wegen eines "pflegerischen Vorfalls" entassen worden sein, so Kehm.
Eine Vorladung vor Gericht entzog die Krankenschwester sich mit einem ärztlichen Attest. In der Schweiz soll es nun ebenfalls Ermittlungen gegen sie geben. Die Verteidiger erwähnten im Prozess ebenfalls, dass es auf dem Gelände der Schumacher-Familie zu einem sexuellen Übergriff auf die ehemalige Krankenschwester gekommen sein soll. Kehm und auch die Nebenklage von Corinna Schumacher brachten deutlich zum Ausdruck, dass die Aussagen zu dem Vorfall nichts mit dem Fall der Erpressung zu tun haben.
Großes Medieninteresse und aggressive Verteidigungsstrategie
Der Prozess zog ein großes Medienaufgebot an, zahlreiche Journalisten verfolgten die Verhandlungen intensiv. Immer wieder kam es zu unerwarteten Wendungen, insbesondere durch neue Zeugenaussagen und sich widersprechende Aussagen der Angeklagten. Die Verteidigung setzte auf eine aggressive Strategie, um Zweifel an der Beweislage und der Glaubwürdigkeit der Zeugen zu säen.
Die drei Angeklagten sind mehrfach vorbestraft
Der Auszug des Hauptangeklagten aus dem Bundeszentralregister weist 19 Einträge auf. Darunter Verstoß gegen das Waffengesetz, Verstoß gegen das Ausländergesetz, Umsatzsteuerhinterziehung und Verletzung der Unterhaltspflicht. Außerdem das Nutzen eines Fahrzeugs ohne Versicherung, Betrug, Körperverletzung und das Führen einer Kurzwaffe. Er erhielt eine Bewährungsstrafe bis Januar 2026.
Sein Sohn hat vier Einträge im Bundeszentralregister wegen Körperverletzung, Betrug und Fahren ohne Fahrerlaubnis in der Schweiz. Auch er ist bis 2025 auf Bewährung. Der dritte Angeklagte aus Wülfrath hat auch zwei Einträge – Unterschlagung und Betrug in 127 Fällen und Beleidigung.
Prozess um versuchte Schumacher-Erpressung: Urteil erwartet. WDR Studios NRW. 12.02.2025. 00:52 Min.. Verfügbar bis 12.02.2027. WDR Online.
Unsere Quellen:
- Reporterin vor Ort
- Amtsgericht Wuppertal
- Staatsanwaltschaft Wuppertal