"Das sind Kriminelle", sagt Alaa Al-Abdullah und hält sein Pappschild in die Luft. Darauf ist groß geschrieben: "Wir sind für Gleichberechtigung!" Der 21 Jahre alte Syrer ist seit August 2015 in Deutschland, lebt in einer Flüchtlingsunterkunft in Bad Honnef. An diesem Samstag (16.01.2016) ist er extra nach Köln gekommen, um ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen gegen die Übergriffe in der Silvesternacht. "Dumm" und "verrückt" seien die Täter gewesen. Aber sie stünden nicht stellvertretend für all die Flüchtlinge, die in den vergangenen Monaten nach Deutschland gekommen seien. "So sind wir nicht. Wir wollen Frieden und Ruhe."
Mehrere Hundert Menschen haben sich auf dem Kölner Bahnhofsplatz versammelt. Es sind Syrer, Afghanen, Iraker und auch Deutsche. Sie treffen sich genau an dem Ort, wo vor rund zwei Wochen an Silvester die sexuellen Übergriffe auf Frauen stattgefunden haben. Gefolgt sind die Demonstranten einem Aufruf bei Facebook. "Syrer gegen Sexismus", lautet die Botschaft. Auf Plakaten machen die Teilnehmer deutlich, worum es ihnen geht: "Wir respektieren die deutschen Werte", "Egal welche Religion, ich bin gegen Sexismus" oder "Wir wollen friedlich zusammenleben, aber nicht so wie in der Silvesternacht in Köln".
Abgrenzung von den Tätern
Initiator der Veranstaltung ist der 27 Jahre alte Sakher Al-Mohamad. Der junge Syrer lebt seit rund einem Jahr in Deutschland. Die Ereignisse von Köln lassen ihm keine Ruhe. "Ich bin sehr traurig, was passiert ist. Das ist nicht unsere Kultur. Diese Täter müssen ins Gefängnis. Sie sind eine Gefahr für jeden - Deutsche und Flüchtlinge", sagt er. Um sich bewusst von diesen Männern abzugrenzen, habe er die Demonstration ins Leben gerufen.
So wie Al-Mohamad reden an diesem Tag viele. "Wir sind gegen Sexismus. Wir sind gegen Rassismus", ruft ein Redner immer wieder ins Mikrofon. Seine Worte hallen über den gesamten Bahnhofsvorplatz. Ein anderer sagt: "Ich bin hier, um mich zu allererst zu entschuldigen bei den Frauen, die hier angegriffen worden sind und bei ihren Familien. Es war eine schamlose Tat." Aus diesem Grund werden auch weiße und rote Rosen an Passanten verteilt. Sie sollen ein Symbol des Respekts und des Mitgefühls sein.
Plädoyer für mehr Differenzierung
Auch Vanessa trägt eine solche Rose in der Hand. Sie steht zusammen mit einem Freund am Rande der Demo und hört den Redebeiträgen zu. Immer wieder bleiben Passanten stehen und schauen interessiert zu, was auf der Bühne passiert. Die junge Stuttgarterin ist über das Wochenende zu Besuch in der Stadt. "Ich finde es gut, wenn sich die Flüchtlinge bewusst abgrenzen von den Tätern", sagt die junge Frau. Im Gespräch gibt sie zu, dass sie mit einem etwas mulmigen Gefühl nach Köln gekommen sei und nun auch noch genau auf dem Platz stehe, auf dem all die Übergriffe passierten. Aber genau in der derzeitigen Situation sei es wichtig, zu differenzieren und nicht alle gleichzusetzen.
Flüchtlinge sorgen sich um die Stimmung
Unter den Demo-Teilnehmern sind auch zahlreiche Frauen. Eine davon ist Toud Nahhas. Die Syrerin ist seit vier Monaten in Deutschland. "Was passiert ist, ist für uns alle nicht akzeptabel - egal woher man kommt", sagt sie. Gerade sie als Frau fühle sich den Opfern besonders verbunden und sei traurig. Ihre Hoffnung sei, dass so etwas nicht noch einmal passiere.
Immer wieder ist auch ein Dank zu hören - ein Dank an die Deutschen, dass sie bislang so hilfreich gewesen seien. Auch Al-Abdullah, der 21-jährige Syrer aus Bad Honnef, will das unbedingt loswerden: "Die Leute waren so nett und haben uns aufgenommen." Seine große Sorge sei, dass diese positive Stimmung nun kippe. "Ich fürchte mich davor, dass sich jetzt etwas ändert. Ich fürchte mich vor der Zukunft."