Schüsse in Fußgängerzone von Gummersbach – Mann muss in Psychiatrie
00:33 Min.. Verfügbar bis 31.10.2026.
Schüsse in Fußgängerzone von Gummersbach – Mann muss in Psychiatrie
Stand: 31.10.2024, 13:04 Uhr
Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Ein Mann wird in einer Fußgängerzone niedergeschossen. Das Gericht ordnet eine dauerhafte Einweisung an. Der Richter appelliert an die Gesellschaft.
Vor dem Kölner Landgericht ist in diesem Fall die endgültige Entscheidung getroffen worden. Ein 31 Jahre alter, psychisch kranker Mann muss dauerhaft in ein psychiatrisches Krankenhaus. So lange, bis er möglicherweise wieder geheilt ist. So hat es das Gericht nun entschieden, und dabei einige Straftaten, die der Mann in den vergangenen Jahren begangen hat, zusammengefasst.
„An Haarspray geschnüffelt“
In seiner Urteilsbegründung nimmt der Vorsitzende Richter sich viel Zeit, um das Krankheitsbild des Angeklagten zu beschreiben. Es gehe um eine schwere kombinierte Persönlichkeitsstörung. Seine ersten Lebensjahre habe der Mann ohne Fürsorge erlebt, so der Richter. Das sei prägend für sein Leben gewesen und habe zum Beispiel zu einer Unterentwicklung geführt. Als Adoptivkind kam er nach Deutschland. In den Jahren danach wurde er immer wieder psychisch behandelt. Dann kam „Substanzmissbrauch“ dazu. Der Richter sagt, dass er zum Beispiel an Haarspray geschnüffelt habe.
All das mündete in eine seelische Störung. Er habe sich schnell gekränkt gefühlt, habe ein gestörtes Selbstwertgefühl entwickelt, konnte keine Grenze akzeptierten. Schon vor den Schüssen in der Fußgängerzone habe es laut Gericht Auseinandersetzungen mit Polizisten und einem Vermieter gegeben.
Am Tag der Schüsse in Gummersbach im November 2023 hatte er in einem Supermarkt eine Verkäuferin schwer verletzt, weil er eine im Laden ausgetrunkene Bierdose bezahlen sollte. Die Verkäuferin konfrontierte ihn. Das habe den Mann getriggert, so der Richter. Die Verkäuferin hatte ihn an Regeln erinnert, habe Grenzen gesetzt. Daraufhin hatte der Mann zugeschlagen. Die Frau wurde schwer verletzt und konnte lange Zeit nicht arbeiten.
„Magendurchschuss – Finger verloren“
Anschließend versucht die Polizei den Mann festzunehmen. Er reagiert weder auf Pfefferspray oder Kommandos, noch auf einen Warnschuss. In der Situation war er auch mit einem Cuttermesser bewaffnet. Schließlich wird er von acht Polizeikugeln getroffen. Es besteht Lebensgefahr. Eine Kugel durchdringt seinen Magen, auch ein Bein wird getroffen. Später müssen ihm auch verletzte Finger amputiert werden. Der Richter sagt, er habe die Eskalation mit den Beamten in Kauf genommen, ganz nach dem Motto: „Du hast keine Kontrolle über mich.“ Bei den Schussabgaben werden auch zwei unbeteiligte Passanten verletzt.
"Zu wenige Sachverständige und fehlende Unterbringungsplätze"
Am Ende der Urteilsbegründung richtet der Vorsitzende Richter noch eine Art Appell an die Öffentlichkeit. „Wie sollen wir mit psychisch Kranken umgehen?“ Es sei ein wachsendes Problem. Es gebe zu wenige Sachverständige und Unterbringungsplätze so der Richter. Und tatsächlich hat es in diesem Jahr am Kölner Landgericht Verhandlungswochen gegeben, in denen gleich mehrere sogenannte Unterbringungsverfahren begonnen haben. „Da kommt was auf uns zu“, ergänzt der Vorsitzende Richter.
Schließlich sagt er noch, das der bei dem 31-Jährigen eine „Gefährlichkeit“ sehe. Jede Person könne bei ihm einen Trigger auslösen, wenn man Grenzen setzt. Die große Lebensleistung des Mannes würde darin liegen, dass er seine Krankheit in der Unterbringung besiegen könne.
Quellen:
- Reporter vor Ort