Woelki sagt gegen Bild aus
Lokalzeit aus Köln. 28.03.2023. 24:39 Min.. Verfügbar bis 30.12.2099. WDR. Von Markus Schmitz.
"So wahr mir Gott helfe" - Kardinal Woelki sagt vor Kölner Landgericht aus
Stand: 29.03.2023, 15:38 Uhr
Der Kölner Erzbischof Woelki hat vor dem Kölner Landgericht im Rechtsstreit gegen den Axel Springer Verlag ausgesagt. Die BILD-Zeitung habe falsch über ihn berichtet, sagt er.
Zwanzig Minuten vor seinem Gerichtstermin kommt der Kardinal mit dem Fahrrad an. Er wird direkt von einer ganzen Heerschar von Kameraleuten und Fotografen in Empfang genommen. Dann gibt er eine kurze Stellungnahme ab. Er wolle erklären, warum die BILD-Zeitung falsch über ihn berichtet habe, sagt Kardinal Woelki. Wollen sie aussagen, fragt der Richter: "Ja, ja natürlich", versichert Woelki.
"Keine Kenntnisse von Schriftstücken"
Vor der für Pressesachen zuständigen 28. Zivilkammer unter Vorsitz von Richter Dirk Eßer da Silva bekräftigt Woelki, dass er von beiden Schriftstücken keine Kenntnisse gehabt habe. Er habe damals nur gerüchteweise von einem lange zurückliegenden und nicht strafbaren sexuellen Kontakt des Priesters mit einem 16-jährigen Prostituierten sowie von "weiteren Gerüchten" gehört.
Er selbst habe bis heute nicht die Personalakte gesehen oder in den Händen gehalten. Und die fraglichen Dokumente habe er bis heute nicht im Original zu Kenntnis genommen, auch nicht aus der Akte zum laufenden Gerichtsverfahren.
Sekräterin belastet Woelki
Das Landgericht Köln hatte Anfang März festgelegt, den Erzbischof als Partei persönlich zu befragen, nachdem zuvor zwei Zeugen gehört worden waren. Konkret geht es um die Frage, ob Woelki zwei Dokumente in der Personalakte des Priesters kannte, den er beförderte. Einmal ein Warnschreiben, in dem die Polizei riet, den Mann in einem Aufgabengebiet ohne Kontakt zu Kindern und Jugendlichen einzusetzen. Sowie um ein Gesprächsprotokoll zu einem Austausch mit dem ehemaligen Personalverantwortlichen des Kölner Erzbistums.
So hatte die frühere Sekretärin von Woelkis Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner, ausgesagt, sie habe Woelki schon um das Jahr 2010 in seiner Zeit als Kölner Weihbischof über Saunabesuche des Priesters mit Messdienern oder den bei einer Rom-Reise erfolgten Kauf von Unterhosen mit Penis-Darstellungen informiert.
Darauf angesprochen sagt Woelki vor Gericht, an dieses Telefonat könne er sich nicht erinnern. "Für mich gibt es dieses Gespräch nicht." Seit der Aussage der Frau ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen Woelki wegen des Verdachts einer Falschaussage. Der betroffene Priester zeigte seinerseits die Sekretärin wegen uneidlicher Falschaussagen an.
Woelki wusste angeblich von nichts
Woelki betont auch, dass er eine 2015 erstellte Zusammenstellung von Dokumenten über den Priester nicht gesehen habe. Davon hatte der frühere Missbrauchsbeauftragte des Erzbistums Köln, Oliver Vogt, als Zeuge berichtet.
Über die Polizeiwarnung habe bis 2017 niemand mit ihm gesprochen, sonst hätte er sich daran erinnert und diesen Priester nicht befördert. Erst später habe er erfahren, dass sein Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner, den Geistlichen wegen des Vorfalls mit dem Prostituierten sanktioniert hatte.
Woelki: Der Priester habe gute Arbeit geleistet
Woelki berichtet, dass er bei einer Beratung in der Personalkonferenz von den Gerüchten gehört habe. Um sie zu klären, sei die Beförderung vertagt worden. Nachdem sich die Gerüchte als solche nicht bestätigt hätten, habe er der Beförderung zugestimmt. Dafür geworben hätten dessen künftiger Vorgesetzter, Weihbischof Dominikus Schwaderlapp sowie der damalige Leiter des Kirchengerichts, Günter Assenmacher.
Die leitenden Mitarbeiter in der Personalabteilung hätten sich kritisch geäußert. Der Vorfall mit dem Prostituierten aus dem Jahr 2001 habe damals schon lange zurückgelegen und der Priester habe gute Arbeit geleistet, so Woelki. "Man muss dann auch mal vergeben können und einen Punkt machen", zitiert Woelki die ehemaligen Mitarbeiter. Inzwischen gebe es ein kirchenrechtliches Urteil, dass an den Gerüchten nichts dran sei. Auch habe die Staatsanwaltschaft alle Ermittlungen gegen den Priester eingestellt.
Staatsanwaltschaft saß im Publikum
Im Publikum sitzt auch ein Staatsanwalt. Denn seit November 2022 laufen gegen Woelki strafrechtliche Ermittlungen. Untersucht wird der Vorwurf der falschen Versicherung an Eides statt. Dabei geht es um die Frage, wann Woelki von Missbrauchsvorwürfen gegen den früheren Sternsinger-Chef Winfried Pilz gewusst hatte. Woelki hat auch in diesem Fall sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen.
Eine Entscheidung in dem Verfahren soll am 26. April verkündet werden.
Woelkis Zukunft weiter ungewiss
Woelki steht wegen Vertuschungsvorwürfen im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal der katholischen Kirche seit langem in der Kritik. Über ein Rücktrittsgesuch, das Woelki im vergangenen Jahr an den Vatikan schickte, hat der Papst bis heute noch nicht entschieden.
Im November 2022 hatte auch der Vorsitzende der deutschen Bischoskonferenz, Georg Bätzing, gegenüber Papst Franziskus deutlich gemacht, dass die Situation "unerträglich" und der Druck in Deutschland "nicht mehr auszuhalten" sei.
Hinweis: In einer vorherigen Version des Artikels haben wir das Zitat „"Man muss dann auch mal vergeben können und einen Punkt machen" Kardinal Woelki selbst zugeschrieben. Er legt Wert auf die Feststellung, dass er vor Gericht mit dieser Formulierung lediglich wiedergegeben habe, dass sich die Befürworter einer Ernennung des Pfarrers D. mit der so zitierten Aussage werbend in dieser Form geäußert haben.