In den Werkräumen unter dem rekonstruierten Gottesdienst-Saal der Synagoge in Essen scheint alles nur noch an Chanukka zu denken. Auf den Tischen stehen Chanukkias – achtarmige Leuchter – aus Metall und Holz. Da liegen bunte Kreisel, Plakate mit lustigen Plätzchen-Motiven. "Wir wollen mit Familien am Tag der Offenen Tür Chanukka-Traditionen erleben“, sagt Diana Matut. Die Leiterin der Gedenkstätte hat Jiddische Musik studiert und begeistert sich besonders für Chanukka-Lieder.
Der Chanukka-Schlager schlechthin ist "Maoz Tzur". Im Lied wird erzählt, dass Gott Halt gibt, ein Fels in der Brandung ist. "In diesem Jahr fällt es nicht unbedingt leicht, zu feiern – es geht ja um Wohlsein und Überfluss", sagt Diana Matut. Shahar Viso stimmt zu und steckt die erste Kerze in die Chanukkia. Die Museumspädagogin ist, ebenso wie andere Mitarbeitende, Jüdin und hat auch Verwandte in Israel.
In Gedanken bei den Geiseln in Israel
"Ein Kollege von mir – Eitan Horn und sein Bruder Iair – sind in Gaza Geisel der Hamas. Ich denke ständig an sie und ihre Familie", so die Essenerin. Die intensiven Vorbereitungen auf den Chanukka-Tag in der Alten Synagoge sorgen aber für Ablenkung vom Grübeln. Sie freut sich, dass viele Kinder das Haus beleben werden. Shahar selbst hat ihren Nichten Chanukka-Geschenke mit der Post geschickt. "Kinder zu verwöhnen gehört zum Fest", erzählt die 49-Jährige.
Die traditionellen Reibekuchen backt sie wegen der vielen Arbeit nicht selbst. "Ich bin bei Freunden eingeladen und bringe einfach Donuts mit." Fettgebackenes zu essen ist, neben dem Kerzen-Anzünden und Singen, ein Muss. Historisch geht es bei Chanukka um Öl für Leuchter im Tempel von Jerusalem. Vor mehr als 2000 Jahren war das Gotteshaus von der damaligen Besatzungsmacht entweiht worden. Ein Gruppe jüdischer Aufständischer eroberte den Tempel zurück. Das wenige Öl dort soll für acht Tage gereicht haben.
Chanukka gibt nach dem Terror besonderen Halt
Während Shahar ihre privaten Plätzchen in Form eines Davidsterns hervorholt, bereitet sich ein paar Straßen weiter der Vorsitzende der jüdischen Kultusgemeinde mit seiner Familie auf Chanukka vor. "Bei uns läuft die Dunstabzugshaube auf Hochtouren", erzählt Schalwa Chemsuraschwili. "Frische Berliner macht meine Frau selbst." Die Kinder – sechs und acht Jahre alt – haben das Haus der Familie mit bunten Chanukkias aus Papier überall geschmückt.
"Wir lieben Chanukka auch, weil es so entspannt ist", sagt Chemsuraschwili, dessen Wurzeln in Georgien liegen. Es sei kein religiöses Fest der Tora, sondern gehe um Geschichte. "Da können wir arbeiten und leben wie sonst – und feiern." An anderen jüdischen Festtagen gilt die Sabbatruhe. "Wir beten zuhause und in der Gemeinde." Ihm und seiner Familie gebe das Fest vor dem Hintergrund des Terrors diesmal besonderen Halt.
Das Zusammensein genießen
Zurück in der Alten Synagoge ist Leiterin Diana Matut eines wichtig. Chanukka werde von Jüdinnen und Juden weltweit gefeiert – ob sie religiös sind oder nicht. Sie selbst – Tochter eines Juden – wird Kerzen anzünden und mit Freunden feiern. Es ist das Fest der Lichter, der Wärme und des Zusammenseins.
Unsere Quellen:
- WDR Reporterin