Jost Schenck wohnt in der Mülheimer Altstadt. Dort braucht man einen grünen Parkausweis, um in der Anwohnerparkzone sein Fahrzeug abstellen zu dürfen. Eigentlich wollte die Stadt die Gebühren dafür um 900 Prozent anheben. Jetzt soll er um das fünffache steigen - früher 30 Euro, bald 150 Euro im Jahr.
Mit der Erhöhung ist Jost Schenck grundsätzlich einverstanden. "Ich hoffe aber, dass die Stadt die zusätzlichen Einnahmen für den ÖPNV und ein besseres Radwegenetz investiert", sagt er, "Denn bei Bus und Bahn gab es hier in Mülheim zuletzt starke Einschnitte und das Radwegenetz ist sehr löchrig".
Anwohner wie Jost Schenck denken, dass sie auch ganz aufs Auto verzichten könnten, wenn Radwege ausgebaut und der ÖPNV funktionieren würden. Doch die Beigeordnete für Recht und Ordnung der Stadt Mülheim muss die Bürger enttäuschen. Denn die zusätzlichen Einnahmen durch die Erhöhung der Anwohnerparkgebühren beläuft sich gerade mal auf rund 100.000 Euro.
Einnahmen reichen nicht für große Würfe
"Ein Tropfen auf den heißen Stein für klamme Ruhgebietskommunen", sagt Michael Roos. Er ist Professor für Makroökonomie an der Ruhr-Universtität Bochum und hat sich in einer Studie mit dem Verkehr im Ruhrgebiet beschäftigt. "Mit 100.000 Euro sind nur kleine, punktuelle Veränderungen möglich", sagt der Experte.
So ist es auch in Mülheim. Anja Franke zeigt an einer unfallträchtigen Kreuzung ein neues Schild, das gerade aufgrund der neuen Einnahmen durch die Gebührenerhöhung ermöglicht wurde. "Hier werden Autofahrer darauf aufmerksam gemacht, dass Fahrradfahrer an dieser Kreuzung oft geradeaus fahren", erklärt sie das Schild.
"Massive" Investitionen nötig
Ein Schild also, das an den Schulterblick erinnert, den eigentlich jeder in der Fahrschule gelernt haben sollte. Das mag die Unfallstatistik verbessern, ein großer Wurf für den Radverkehr und im Endeffekt die Klimabilanz ist es nicht. Doch klamme Ruhrgebietsstädte haben nicht die Mittel.
"Wir brauchen allerdings massive Investitionen in ÖPNV und Radverkehr", sagt Professor Michael Roos. Denn ohne bessere Alternativen, würden auch in Zukunft viele Pendler lieber mit dem Auto fahren.
Der Verkehrsexperte schlägt vor, dass die Ruhrgebietsstädte gemeinsam bei Bund und Land vorstellig werden, um mit deren Zuschüssen ein gemeinsames Verkehrskonzept für das Ruhrgebiet zu erarbeiten. Das würde auch Anwohner wie Jost Schenck freuen.