Vor den Hallen des Instituts für Straßenbau an der Technischen Hochschule Aachen scannt Ingenieur Knut Johannsen den Asphalt mit einer Wärmebildkamera. Auf dem Display zeichnen sich Schläuche in roter Farbe ab. Er ist der Projektleiter von Vinci, einem Unternehmen aus Bottrop. Das Grundprinzip der neuen Technik: Wie bei einer Fußbodenheizung werden Schläuche mit Flüssigkeit befüllt und unter der Straße verlegt. Die Energie wird in der Erde gespeichert.
Das Prinzip Fußbodenheizung
Die Schläuche wurden vor kurzem für eine zehn Meter lange Versuchsstrecke von Straßenbauern unter den Belag verlegt und mit Flüssigkeit befüllt, ähnlich wie bei einer Fußbodenheizung. "Die Straße ist mein Heizgerät, mit dem ich Wärme erzeugen kann", erläutert Projektleiter Johannsen.
Die Straße wird zum Kraftwerk
Was verrückt klingt, funktioniert. Der Beweis dafür steht in einer Halle. Dort ist, wie in einem privaten Heizungskeller, ein Warmwasser-Speicher plaziert. Der Raum wird mit Energie aus der Straße beheizt.
Wissenschaftler optimieren die Software
Draußen erwärmt die Sonne den Asphalt. Die Menge der Flüssigkeit in den Schläuchen wird über eine Software gesteuert. An der Technik forschen Wissenschaftler zurzeit, denn die Firma kooperiert bei diesem Projekt mit der RWTH Aachen. "Über den Durchlauf in den erwärmten Schläuchen sind wir in der Lage, die optimale Menge an Energie aus der Straße auch wieder rauszuziehen," so Johannsen.
Straße mit Schnee-Schmelze
Das ist eine ordentliche Menge, wie der Schneeversuch der Wissenschaftler zeigt. Die Straßenbauer verteilen per Planierraupe gebunkerten Schnee auf der Versuchsstrecke. In der Halle zeigt der Monitor der Versuchsanlage als Außentemperatur acht Grad an. "Über die Sensoren können wir die Temperatur des Asphalts überwachen, aber auch die der Schläuche darunter", so Johannsen.
Die Bretagne nutzt diese neue Energie schon
Die Straße lässt sich über das Speicher-System in der Halle auf zwölf Grad erwärmen. Der Schnee schmilzt in kurzer Zeit. Tatsächlich wird das Straßen-Kraftwerk bereits vom französischen Mutterkonzern der Bottroper Firma in der Bretagne eingesetzt. Per Videocall rechnet Ingenieurin Emelie Lebel den Effekt vor.
Kostenersparnis im Sozialen Wohnungsbau
"Wir setzen die Straßenheizung in 15 Projekten ein - unter anderem im sozialen Wohnungsbau", so Lebel und nennt Zahlen:. "Pro Wohneinheit haben wir eine Kostenersparnis von 420 Euro. Super für die Bewohner." Energie, die im Sommer aufgenommen wird, kann im Winter genutzt werden. Denn auch am Riesen-Problem der Speicherung arbeiteten Wissenschaftler und Ingenieure.
Energie wird in der Erde gespeichert
In Frankreich arbeite man mit Geothermie. "Wir leiten die Energie aus der Straße in Rohre tief unter die Erde", so Johannsen. Geothermie sei bei erneuerbaren Energieen ein Riesenforschungsfeld. Mit den Kosten der Anlage hat sich Fabian Wobbe vom Institut für Straßenbau beschäftigt. "Nach zehn Jahren macht sie sich im Rahmen von Straßenerneuerungen bezahlt." Wird eine Straße komplett neu gebaut, sei es günstiger.
Bottroper Bürokomplex mit Straßen-Energie
In Bottrop nutzt man die Erfahrungen aus Frankreich und Aachener Forschungs-Ergebnisse und baut demnächst eine Firmenzentrale. 300 Mitarbeiter sollen dann in dem Bürokomplex ausschließlich mit erneuerbarer Energie versorgt werden. Im Sommer läuft die Klimaanlage, im Winter die Heizung mit Energie aus der Straße.
Wir berichten über dieses Thema auch am 27.2. in der Lokalzeit Ruhr.