380 Mitarbeiter:innen der Galeria-Kaufhof-Zentrale verlieren ihren Job
Lokalzeit Ruhr. 29.04.2024. 28:33 Min.. Verfügbar bis 29.04.2026. WDR. Von Nathalie Arendt-Koslowski.
Galeria-Zentrale in Essen: Tag der Klarheit und der Trauer für die Mitarbeiter
Stand: 29.04.2024, 17:34 Uhr
Es war ein harter Tag für die 900 Mitarbeiter an der Zentrale von Galeria Karstadt Kaufhof in Essen. Am Montag haben sie erfahren, ob sie gekündigt werden. Der Konzern baut 380 Stellen ab.
Von Olaf Biernat
Viele Mitarbeiter sind am Montag in schwarz gekleidet in die Firmenzentrale nach Essen gekommen, sie hatten wohl schon geahnt, wie der Tag verlaufen wird. Vorsorglich hatte die Unternehmensleitung für den Tag eine Anwesenheitspflicht in der Zentrale angeordnet.
Versammlung im Erdgeschoss
Der Saal im Erdgeschoss wurde für die Versammlung vergrößert und die mobilen Wände zur Kantine entfernt, so dass mehrere hundert Mitarbeiter Platz finden konnten. Dort haben dann die Galeria-Chefs mit dem Insolvenzverwalter Einzelheiten zur Aufgabe des Standortes verkündet.
Es sei der Tag der Klarheit, war zu hören. Auch wenn es schwer fiele, den Standort in Essen aufzugeben, gebe es keine andere Möglichkeit. Ab Juni diesen Jahres müsse ein kleineres Team die Verwaltung für die verbleibenden 76 Warenhaus-Standorte erledigen. Die Zentrale zieht nach Düsseldorf.
Schwerer Gang zurück in die Abteilungen
Nach einer halben Stunde ist die Versammlung zu Ende. Dann gehen die Beschäftigten in ihre Abteilungen, wo sie von ihren unmittelbar Vorgesetzten erfahren, ob sie eine Kündigung bekommen oder bleiben dürfen.
Kurz danach verlässt eine Mitarbeiterin den Haupteingang. "Ich musste mal Luft schnappen. Ich bin seit 44 Jahren hier, dass ich das noch kurz vor meiner Rente erleben muss", erzählt die Frau, die ihren Namen nicht nennen will. Andere Mitarbeiter nehmen einander in den Arm und trösten sich gegenseitig.
Transfergesellschaft oder Abfindung
Im Laufe des Nachmittags laufen viele Einzelgespräche zwischen den Betroffenen, Abteilungsleitern und Betriebsräten. Die meisten Kündigungen werden zum 31. Mai ausgesprochen.
Danach können die Beschäftigten sich entscheiden, ob sie für acht Monate in eine Transfergesellschaft eintreten, in der sie rund drei Viertel ihres bisherigen Gehalts weiter bekommen. Oder sie bekommen zwei Monatsgehälter und gehen sofort.
Chancen für Rettung von Filiale im Limbecker Platz gering
Ob die Galeria-Filiale im Einkaufszentrum Limbecker Platz noch eine Chance auf eine Rettung in letzter Sekunde hat, ist weiterhin ungewiss. Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen kündigte an, sich für weitere Gespräche zwischen Vermietern und dem Warenhauskonzern einzusetzen.
Doch die Betreiber des Einkaufszentrums ließen gegenüber dem WDR durchblicken, dass sie bereits bei der letzten Verhandlung vor knapp vier Jahren an die Schmerzgrenze gegangen seien. Offenbar gibt es Überlegungen, die große Galeria-Fläche über drei Etagen umzubauen. Noch ist die Kündigung des Warenhauses auch nicht eingegangen, heißt es.
Auch Filialen in Köln und Wesel werden geschlossen
Neben Essen werden in NRW auch Galeria-Kaufhof-Karstadt-Filalen in der Kölner Innenstadt und in Wesel dicht gemacht. Bundesweit sind von den Plänen insgesamt 1.400 Mitarbeiter aus 16 Filialen betroffen.
Aufatmen in anderen Städten
In anderen Städten im Land hat die Entscheidung hingegen für Erleichterung gesorgt. Im Rheinland können die meisten Mitarbeiter von Galeria Karstadt Kaufhof erstmal aufatmen. Bis auf die Filiale in der Kölner Breite Straße bleiben alle Standorte erhalten - so beispielsweise auch in der Hohe Straße, in Köln-Nippes, Bonn und Euskirchen.
Auch in Münster bleiben die beiden Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof erhalten, ebenso wie die Filiale in der Dortmunder Fußgängerzonen.
Insolvenzplan soll übrigen 76 Filialen retten
Unterdessen hat das Unternehmen einen Insolvenzplan beim zuständigen Amtsgericht in Essen vorgelegt. Die wirtschaftlichen Perspektiven schätzt Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus als gut ein. "Ich habe da keine Zweifel." Das Risiko einer erneuten Insolvenz des Konzerns in naher Zukunft schätzt er im Rahmen des allgemeinen wirtschaftlichen Risikos als gering ein.
Als nächsten Schritt wird das Amtsgericht prüfen, ob der von Denkhaus erstellte Insolvenzplan den rechtlichen Voraussetzungen entspricht. Demnach muss aufgezeigt werden, wie die Warenhauskette saniert und künftig wieder rentabel betrieben werden kann.
Außerdem ist im Insolvenzplan festgehalten, wie viel Prozent des geschuldeten Geldes nach Abschluss des Verfahrens zurück an die Gläubiger geht. Zu den Gläubigern zählen unter anderem Lieferanten, Vermieter und die Bundesagentur für Arbeit, die Insolvenzgeld an die Beschäftigten zahlte.
Unternehmen soll Ende Juli an neue Eigner gehen
Aus dem Insolvenzplan geht auch hervor, dass ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und der Beteiligungsfirma BB Kapital SA des Unternehmers Bernd Beetz Galeria Kaufhof Karstadt übernehmen soll.
Eine Vereinbarung zwischen ihnen und dem Handelskonzern kommt jedoch nur zustande, wenn die Gläubiger den Insolvenzplan Ende Mai annehmen. Bis Ende Juli will Denkhaus das Unternehmen dann an die neuen Eigner übergeben.
Über dieses Thema berichtet der WDR am 29.04.2024 auch im Radio auf WDR2 sowie in der Lokalzeit Ruhr im WDR Fernsehen.
Unsere Quellen:
- Galeria Karstadt Kaufhof
- WDR-Reporter
- dpa