Eine Polizei-Sprecherin bestätigte dem WDR, dass Zeugen am Freitagmorgen Einschusslöcher am angrenzenden Rabbinerhaus gemeldet hätten. Niemand sei verletzt worden. Es bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung. Das Gelände ist seit Freitagvormittag weiträumig abgesperrt. Die Ermittlungen zu den Hintergründen laufen. Die Polizei geht von einer politisch motivierten Tat aus.
Hinweise auf männlichen Verdächtigen
Ein Sprengstoffspürhund sei im Einsatz gewesen, Sprengsätze wurden laut Polizei aber nicht gefunden. Die Schüsse trafen eine verglaste Eingangstür. Der Rahmen sei beschädigt und es gebe Schüsse durch die Scheibe. Es handele sich um vier Einschüsse aus einer scharfen Waffe. Wann die Schüsse gefallen sind, war zunächst unklar. Mittlerweile geht die Polizei aber davon aus, dass es in der Nacht passiert sei "als keiner da war".
Laut einer Sprecherin der Stadt Essen wird das Rabbinerhaus nicht von der jüdischen Gemeinde genutzt, es steht unmittelbar neben dem Synagogengebäude. Im Rabbinerhaus sind das Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte mit Archiv und Bibliothek sowie Räume der Universität Duisburg-Essen untergebracht.
NRW-Innenminister Herbert Reul an der Essener Synagoge
Auch NRW-Innenminister Herbert Reul war am Freitag vor Ort: "Der Anschlag auf die Alte Synagoge in Essen erschüttert mich zutiefst. Die Jüdische Gemeinde kann sich darauf verlassen, dass wir alles tun, um den Täter schnellstmöglich zu ermitteln". Laut Reul wird von einem Mann als Täter ausgegangen. Der Minister bezieht sich dabei auf offenbar vorhandene Videoaufnahmen. Diese seien aber von schlechter Qualität.
Der Staatsschutz sei eingebunden. Die Ermittler suchen nach Zeugen, die gestern Nacht (17. auf den 18.11.2022) zwischen 20 und 1 Uhr verdächtige Personen, Fahrzeuge oder Geräusche bemerkt haben. Im Bereich der Alten Synagoge, aber auch rund um die Rathausgalerie, das Rathaus Essen, die Schützenbahn und die Steeler Straße.
Ministerpräsident: "Jüdisches Leben ist ein Teil unseres Landes"
Ministerpräsident Hendrik Wüst hat sich per Twitter zu dem Vorfall in Essen geäußert: "Wir stehen fest an der Seite der Jüdinnen und Juden in Nordrhein-Westfalen und schützen sie gegen Hass und Gewalt."
Mahnwache in Essen
Auch der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen äußerte sich auf Facebook bestürzt. Das Bündnis "Essen stellt sich quer" hat am Freitagabend zu einer Mahnwache "Gegen jeden Antisemitismus" aufgerufen. 70 bis 80 Menschen haben sich spontan auf dem Edmund-Körner-Platz versammelt und sich solidarisch mit der Jüdischen Gemeinde gezeigt.
Mit israelischen Flaggen und Redebeiträgen haben die Versammelten gezeigt, dass sie an der Seite der jüdischen Gemeinde stehen und diese nicht allein ist. Das Bündnis "Essen stellt sich quer" ist ein Zusammenschluss zahlreicher politischer Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen.
Die Alte Synagoge ist mittlerweile ein Haus für deutsch-jüdische Kultur und Geschichte. Dort finden regelmäßig Veranstaltungen statt und es gibt eine Ausstellung. Das Kulturdenkmal gehört zu den größten freistehenden Synagogenbauten Europas aus der Anfangszeit des 20. Jahrhunderts.