Junge erstickt: Tagesmütter aus Gelsenkirchen verurteilt

Stand: 07.02.2025, 15:37 Uhr

Das Landgericht Essen hat zwei Tagesmütter aus Gelsenkirchen wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, zu jeweils sechs Monaten Haft auf Bewährung. In ihrer Obhut war ein zweijähriger Junge erstickt.

Von Thomas Becker

Die Frauen hatten den Jungen in einer Mini-Kita mittags zum Schlafen gelegt. Es war der erste Tag, an dem er allein ohne die Mutter in der Einrichtung war, und auch das erste Mal, dass er über Mittag bleiben sollte. Eigentlich hielt der Junge schon länger keinen Mittagsschlaf mehr, das hätten die Tagesmütter wissen müssen, sagte die Richterin am Freitag.

Minutiös schilderte sie bei der Urteilsverkündung, wie es zum Tod des Jungen kam und wie die beiden Angeklagten daran beteiligt waren.

"Aufsichtspflicht grob verletzt"

Auch am 30. August 2021 war der Zweijährige mittags hellwach und lebendig. So lebendig, dass er aus dem Bett kletterte, aus der Kita weglief, über die Straße auf einen angrenzenden Spielplatz. Eine Nachbarin sah das Kind dort und brachte es zurück. Die Tagesmütter bemerkten von all dem nichts, betonte die Richterin bei der Urteilsverkündung.

Danach legten sie den Jungen, der offensichtlich nicht schlafen wollte, in ein anderes Bett, ein vergittertes Etagenbett, das von allen Seiten geschlossen war. "Sie legten ihn extra nach unten, damit er nicht mehr weglaufen konnte", so die Richterin.

Danach hätten sie eineinhalb Stunden lang nicht mehr nach dem Kind gesehen. Damit hätten sie ihre Aufsichtspflicht grob verletzt. "Es war vorhersehbar, dass ein so agiles Kind weiterhin versuchen würde, aus dem Bett zu kommen, und sich damit in Gefahr bringen würde."

"Sie hätten das Kind im Blick haben müssen"

Und genau das geschah. Der Junge versuchte, aus dem Bett herauszukommen. Es gelang ihm, die mehr als 11 Kilogramm schwere Bodenplatte des oberen Bettes hochzudrücken, er steckte den Kopf durch den Spalt. Dann wurde sein Hals eingeklemmt und er erstickte qualvoll. Die Tagesmütter bekamen nichts davon mit. Erst als eine andere Mutter ihr Kind abholen wollte, fanden sie den toten Jungen.

Junge erstickt: Tagesmütter aus Gelsenkirchen verurteilt WDR Studios NRW 07.02.2025 00:42 Min. Verfügbar bis 07.02.2027 WDR Online

"Sie hätten das Kind im Blick haben müssen, Ihr Unterlassen war kausal für seinen Tod", warf die Richterin den Tagesmüttern vor. Beide Frauen müssen jetzt 5.000 Euro Schmerzensgeld an die Eltern des Jungen zahlen.

Auch das Elternpaar war am Freitag zum Urteil ins Gericht gekommen. Ihre Anwältin sagte nach der Urteilsverkündung, die Eltern seien "einfach nur erleichtert". Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Die Verteidigung erwägt, dagegen Revision einzulegen.

Unsere Quellen:

  • Landgericht Essen
  • WDR-Reporter vor Ort