Neue Studie: Schönheitsfilter lassen Menschen intelligenter wirken
Stand: 27.11.2024, 15:14 Uhr
Wer Beautyfilter in Apps nutzt, wird laut einer Studie auch als intelligenter und vertrauenswürdiger wahrgenommen. Psychologen warnen vor dem Optimierungsfake. Filter könnten dazu führen, dass man echte Gesichter immer unattraktiver findet - auch das eigene.
Von Katja Goebel
Glattere Haut, größere Augen, vollere Lippen, weniger Falten - über Fotos werden heute in Sekundenschnelle Filter gelegt. Mit einem Klick sind die Wimpern dichter oder die Nasen schmaler. Die "optimierten" Gesichter sind in Sozialen Netzwerken längst ein Massentrend, um auf den tausendfach geteilten Insta-Bildern oder TikTok-Videos vorteilhafter auszusehen.
Selfie - und dann mit Filter bearbeiten?
Doch werden Schönheitsfilter für Fotos benutzt, erscheinen die Gesichter darauf einer aktuellen Studie zufolge nicht nur attraktiver: Menschen mit den aufgehübschten Gesichtern werden auch als intelligenter, vertrauenswürdiger, geselliger und glücklicher wahrgenommen. Das hat die britische Wissenschaftsakademie "The Royal Society" jetzt in einer Studie nachgewiesen.
Untersuchung mit 2.748 Teilnehmern
Um Verzerrungen zu vermeiden, bewertete jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin der Studie nur eine Version eines Gesichts, also entweder Original oder mit einem gängigen Filter verschönert. Es gab während der Versuche aber keine Hinweise darauf, dass veränderte Bilder verwendet wurden. Für die Studie, die von spanischen Forschenden durchgeführt wurde, bewerteten 2.748 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Bilder von Gesichtern von 462 verschiedenen Männern und Frauen.
Pretty Privilege: Schöne Menschen haben es leichter
Überraschend kommt das Ergebnis nicht ganz. Aus der Attraktivitätsforschung weiß man längst, wie das Gehirn auf Schönheit reagiert. Schönheit aktiviert das Belohnungszentrum - der Anblick eines Fotos reicht da schon.
Schöne Menschen haben es offensichtlich leichter im Leben. Schon hübsche Babys erfahren mehr Zärtlichkeit als weniger schöne. Schönheit kann laut Untersuchungen Einfluss auf Schulnoten haben und hübsche Menschen verdienen manchmal sogar mehr Geld im Job. Wissenschaftler kennen das Phänomen unter dem Gegriff "Halo-Effekt" (Heiligenschein.)
Schönheitsstress macht Druck
Bin ich schön?
Die Schönheitsfilter sind umstritten und stoßen besonders in der Wissenschaft oft auf Kritik. "Schönheitsfilter füttern unseren Schönheitssinn mit unrealistisch verschönerten Gesichtern, die dazu führen, dass der Prototyp sich immer weiter von den realen Gesichtern entfernt", erklärt Helmut Leder, Professor für Allgemeine und Kognitive Psychologie an der Universität Wien, wo er 2004 den Forschungsschwerpunkt Empirische Ästhetik begründete.
"Langfristig führt das dazu, dass reale Gesichter immer weniger attraktiv eingeschätzt werden und die Standards, was erfüllt sein muss, damit ein Gesicht als schön gilt, fast unrealistisch hoch sind", betont Leder. Nicht nur andere Gesichter werden demnach als weniger attraktiv wahrgenommen, sondern auch das eigene. "Wenn es um die eigene Person geht, kann das natürlich auch Konsequenzen für das Selbstbild und das damit zusammenhängende Selbstbewusstsein haben."
Gefährlicher Einfluss: Essstörungen und Operationen
Bold Glamour Filter: Optimierungsfilter?
So sorgte 2023 ein neuer Beautyfilter "Bold Glamour" für Aufsehen - und viel Kritik. Nicht der erste Schönheitsfilter seiner Art, aber einer, der besonders authentisch wirkte. Auch Bewegungen und Berührungen zerstörten den Effekt nicht.
"Die sozialen Medien prägen und beeinflussen die Wahrnehmung von Schönheit", erklärte damals auch Eva Wunderer gegenüber dem WDR. Die Psychologin von der Hochschule Landshut hat untersucht, wie das Risiko für eine Essstörung mit der Nutzung von Social Media zusammenhängt.
Insbesondere bildbasierte Plattformen würden Einfluss auf Schönheitsideale nehmen. "Zusammenfassend stellen Studien fest: Je mehr Social Media genutzt wird, desto unzufriedener sind junge Menschen mit ihrem Äußeren." Das kann in ganz extremen Fällen dazu führen, dass junge Menschen sich operieren lassen wollen, um ihrem Ideal näher zu kommen - selbst wenn dieses in der Natur gar nicht existiert.
Kommerzielle Interessen verstehen
Probiert auch Beautyfilter: Model Heidi Klum
Das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg hat Tipps gesammelt, wie Eltern oder Lehrer auf das Experimentieren mit den gepimpten Bildern reagieren könnten: "Schönheitsideale werden heraufbeschworen, um Produkte zu bewerben und zu verkaufen, die einen angeblich schöner, fitter und attraktiver machen. Wenn Heranwachsende diese kommerziellen Interessen verstehen, kann es ihnen leichter fallen, sich von den beworbenen Idealen abzugrenzen", heißt es auf der Homepage. Auch könnte man auf alternative Influencer verweisen, die in ihrem Aussehen vom gängigen Schönheitsideal abweichen oder die Selbstinszenierung in den sozialen Medien hinterfragen.
Unsere Quellen:
Über dieses Thema berichtete der WDR am 27.11.2024 auch in den 1LIVE-Infos.