Münchner Sicherheitskonferenz: Zukunft der Ukraine

Aktuelle Stunde 15.02.2025 39:25 Min. UT Verfügbar bis 15.02.2027 WDR Von Cengiz Ünal

Münchner Sicherheitskonferenz: Darum steht sie 2025 so im Fokus

Stand: 15.02.2025, 21:32 Uhr

In München findet am Sonntag der letzte Tag der Sicherheitskonferenz statt. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten zum Treffen.

Es ist das weltweit wichtigste sicherheitspolitische Expertentreffen: Auf der Münchner Sicherheitskonferenz kommen Jahr für Jahr unter anderem Staats- und Regierungschefs, Außenminister und Diplomaten zusammen, um über aktuelle politische Themen zu debattieren. Dieses Jahr geht es vor allem um den russischen Angriffskrieg und die Außenpolitik der neuen US-Regierung. Bei seiner Rede am Samstag warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) US-Vizepräsident J.D. Vance Einmischung in den Wahlkampf vor und stärkte der Ukraine den Rücken.

Vance hatte Europa am Freitag eine Einschränkung der Meinungsfreiheit und eine Gefährdung der Demokratie vorgeworfen. Er kritisierte unter anderem den Ausschluss von AfD und BSW bei der Sicherheitskonferenz und wandte sich generell gegen eine Ausgrenzung von Parteien. "Es gibt keinen Platz für Brandmauern", sagte der Stellvertreter von Donald Trump

Darum geht es bei der Münchner Sicherheitskonferenz in diesem Jahr:

Worum geht es am Sonntag?

Auf dem Programm des Treffens stehen unter anderem die europäische Sicherheitsarchitektur, ein schnellerer EU-Beitritt der Balkan-Staaten und die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Bei einer Diskussion kommen unter anderem der finnische Präsident Alexander Stubb und das lettische Staatsoberhaupt Edgars Rinkēvičs zusammen. Außerdem sind auch die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, der albanische Regierungschef Edi Rama und die belarussische Oppositionsführerin Sviatlana Tsikhanouskaya zu Gast in München.

Was stand am Samstag auf der Tagesordnung?

Bei seiner Rede stärkte Bundeskanzler Olaf Scholz der Ukraine demonstrativ den Rücken. In den Verhandlungen mit Russland müsse auf eine "souveräne Unabhängigkeit" des von Russland angegriffenen Landes geachtet werden.

Olaf Scholz hält eine Rede bei der Münchner Sicherheits Konferenz

Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Münchner Sicherheitskonferenz

Ein Sieg Russlands oder ein Zusammenbruch der Ukraine würden keinen Frieden schaffen, warnte Scholz. Auch ein Diktatfrieden werde niemals die Unterstützung Deutschlands finden. "Wir werden uns auch auf keine Lösung einlassen, die zu einer Entkopplung europäischer und amerikanischer Sicherheit führt", sagte er.

Kanzlerkandidat der CDU Friedrich Merz spricht auf der Münchner Sicherheitskonferenz

Kanzlerkandidat der CDU Friedrich Merz spricht auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, hat sich auf der Sicherheitskonferenz erneut offen für eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gezeigt. "Wir sollten diese Lieferungen vornehmen. Wir sollten bereit sein, aber nur, wenn wir uns mit den europäischen Partnern einig sind", sagte der CDU-Chef. Bisher liefert Deutschland keine Taurus-Flugkörper an Kiew, da Kanzler Olaf Scholz das ablehnt. Es gebe ja mit Großbritannien und Frankreich bereits zwei Länder, die jetzt Marschflugkörper an die Ukraine lieferten, sagte dagegen Merz. "Wir sollten eine gemeinsame Position anstreben, wie wir das machen und wie wir das organisieren können."

Angesprochen auf die angekündigten Verhandlungen zwischen den USA und Russland über die Zukunft der Ukraine, sagte Merz, dass er es für "absolut inakzeptabel" halte, dass Russland und die USA "ohne die Ukraine und Europäer am Tisch verhandeln".

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bei der Konferenz am Samstag sogar für gemeinsame europäische Streitkräfte ausgesprochen. Europa müsse seine Zukunft selbst gestalten angesichts der russischen Bedrohung und des schwächer werdenden US-Engagements, sagte Selenskyj. "Europa braucht seine eigenen Streitkräfte." Diese sollten aber die Nato nicht ersetzen, fügte er gerichtet an seinen "guten Freund" Nato-Generalsekretär Mark Rutte hinzu. Es gehe darum, den europäischen Sicherheitsbeitrag dem amerikanischen gleichzusetzen.

Am Samstag wurde neben dem Ukraine-Krieg auch noch über andere regionale Konflikte und Krisen debattiert. Weiteres Thema ist die transatlantische Partnerschaft.

Was waren die Themen am Freitag?

Am Freitagabend hatte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Rande der Konferenz mit US-Vizepräsident J.D. Vance getroffen. Dabei bekräftigten beide das Ziel eines "dauerhaften Friedens" in der Ukraine. "Wir wollen, dass der Krieg ein Ende hat, dass das Töten aufhört", sagte Vance. Washington wolle aber "nicht die Art von Frieden, die Osteuropa in ein paar Jahren wieder in einen Konflikt stürzt". Selenskyj sprach nach dem Treffen von einem "guten Gespräch". Vance äußerte die gleiche Einschätzung.

Zuvor hatte Selenskyj in einer Rede bei der Sicherheitskonferenz gesagt, er sei erst dann zu einem Treffen mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin bereit, wenn sich die Ukraine und ihre Verbündeten auf einen Plan zur Beendigung des russischen Angriffskrieges gegen sein Land geeinigt hätten. Der ukrainische Präsident forderte, es dürften keine Entscheidungen über sein Land ohne Einbeziehung der Ukraine getroffen werden. Am Verhandlungstisch müsste neben den USA, Russland und der Ukraine außerdem auch Europa sitzen.

Walter Steinmeier auf der Münchner Sicherheitskonferenz

Die Sicherheitskonferenz hat am Freitag im Hotel "Bayerischer Hof" in München begonnen.

Im Vorfeld der Konferenz hatte US-Präsident Donald Trump angekündigt, ein Treffen mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin zu organisieren. Das löste in Europa Befürchtungen aus, es könne einen "Deal" der beiden zur Beendigung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine geben. Trumps Schritt war mit den europäischen Bündnispartnern vorher nicht abgestimmt worden.

Trump hatte am Mittwoch mit Putin telefoniert. Im Anschluss erklärte der US-Präsident, den "unverzüglichen" Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine vereinbart zu haben. Zudem verabredeten beide Präsidenten laut Trump ein erstes Treffen in Saudi-Arabien.

Was ist am Treffen zwischen den USA und Russland dran?

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat keine Kenntnis über eine mögliche Anreise russischer Unterhändler nach München. "Wir wissen davon auch nicht. Wir haben eine Reihe von Russen, aber das sind Oppositionspolitiker", sagte Heusgen im ARD-Morgenmagazin. Bisher ist Russland auch gar nicht zur Sicherheitskonferenz eingeladen.

"Wir wissen von der Bundesregierung, dass da keine Visen nachgefragt worden sind beziehungsweise keine Visen ausgestellt worden sind. Also wir wissen nichts davon", sagte Heusgen. Und: "Jedenfalls auf dem Gelände der Münchner Sicherheitskonferenz hier im Bayerischen Hof wird es ein solches Treffen nicht geben."

Am Samstagabend wurde dann bekannt, dass US-Außenminister Marco Rubio und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow erstmals nach Amtsantritt der neuen US-Regierung miteinander telefoniert haben. "Es wurden regelmäßige Kontakte, darunter auch zur Vorbereitung eines russisch-amerikanischen Gipfels auf höchster Ebene vereinbart", teilte das Außenministerium in Moskau mit. Es sei verabredet, einen Kommunikationskanal zum Abbau der sich angestauten Probleme zu schaffen. 

Wie sagt die EU zur Ukraine-Politik der USA?

Ursula von der Leyen auf der Münchner Sicherheitskonferenz

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen mahnte die Einhaltung von Regeln an.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat auf der Sicherheitskonferenz Trump vor großen Zugeständnissen in den geplanten Ukraine-Verhandlungen mit Kreml-Chef Wladimir Putin gewarnt. "Eine geschlagene Ukraine würde Europa schwächen, aber sie würde auch die Vereinigten Staaten schwächen“, so von der Leyen. So könnten unter anderem die Probleme im indopazifischen Raum zunehmen.

"Autoritäre Regime auf der ganzen Welt beobachten genau, ob man ungestraft davonkommt, wenn man Nachbarn überfällt und internationale Grenzen verletzt oder ob es eine echte Abschreckung gibt", sagte sie. Deshalb sei es nun so wichtig, das Richtige zu tun. An die Adresse von Putin gerichtet, sagte von der Leyen: "Es ist an ihm zu beweisen, dass er den Krieg nicht verlängern will. Es ist an ihm zu zeigen, dass er sein Ziel aufgegeben hat, die Ukraine zu vernichten." Der ukrainische Präsident Wolodymr Selenskyj sei unter allerschwierigsten Umständen bereit, auf einen Frieden hinzuarbeiten.

Äußerungen von US-Vizepräsident J.D. Vance am Rande der Sicherheitskonferenz haben für Unruhe gesorgt. Was hat er gesagt?

US-Vizepräsident Vance hatte in einem Interview mit dem "Wall Street Journal“ an die deutschen Parteien appelliert, nach der anstehenden Bundestagswahl eine Koalition mit der AfD einzugehen. Das sorgte für Empörung.

US-Vizepräsident JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz

J.D. Vance sorgte bereits im Vorfeld für Irritationen.

Auf der Hauptbühne der Sicherheitskonferenz wiederholte Vance am Freitag diesen Appell nicht explizit. Allerdings rief er die europäischen Staaten zu mehr Offenheit auch gegenüber "populistischen Parteien" auf: "Wenn Menschen, wenn politische Führer einen wichtigen Teil der Wählerschaft vertreten, ist es unsere Pflicht, zumindest am Dialog mit ihnen teilzunehmen." Für Vance bestehe Europas größte Gefahr nicht aus Russland, China oder anderen externen Akteuren, sondern im Inneren. Fast eine halbe Stunde warf der US-Vizepräsident den Europäern ein verkommenes Demokratieverständnis vor.

Die Äußerungen des US-Vizepräsidenten sorgten für Kritik. Unter anderem Bundesverteidigungsminster Boris Pistorius (SPD) wehrte sich gegen den Vorwurf Vance', es gebe in Deutschland und Europa keine Meinungsfreiheit.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz kritisierte Vance bei seiner Rede am Samstag scharf. Aus den Reihen der AfD seien der Nationalsozialismus und dessen monströse Verbrechen als "Vogelschiss der deutschen Geschichte" verharmlost worden, sagte der SPD-Politiker. Ein Bekenntnis zum "Nie wieder", wie Vance dies am Donnerstag beim Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau abgelegt habe, sei nicht mit der Unterstützung für die AfD in Einklang zu bringen. "Deshalb werden wir es nicht akzeptieren, wenn Außenstehende zugunsten dieser Partei in unsere Demokratie, in unsere Wahlen, in die demokratische Meinungsbildung eingreifen", sagte Scholz. "Das gehört sich nicht – erst recht nicht unter Freunden und Verbündeten und das weisen wir entschieden zurück." Der Kanzler ergänzte: "Wie es mit unserer Demokratie weitergeht, das entscheiden wir selbst."

CDU-Chef Friedrich Mezr äußerte sich am Samstag in eine ähnliche Richtung. "Wir respektieren die Präsidentschaftswahlen und die Kongresswahlen in den USA und erwarten, dass die USA dies hier auch tun", sagte er. Angesichts des Vorgehens von US-Präsident Donald Trump, die Kontrolle sozialer Medien herunterzuschrauben, sagte Merz: "Die freie Meinungsäußerung bleibt Teil unserer offenen demokratischen Gesellschaft. Aber Fake-News, Hassreden und Straftaten unterliegen weiterhin rechtlichen Beschränkungen und der Kontrolle durch unabhängige Gerichte."

Ziehen die USA Truppen aus Europa ab?

US-Flaggen-Aufnäher an der Uniform eines US-Soldaten

In Europa stationierte US-Soldaten tragen maßgeblich zur europäischen Sicherheit bei.

Konkrete Angaben zu einem möglichen Truppenabzug der USA aus Europa machte Vance am Freitag nicht, obwohl dies von manchen vorab erwartet worden war. US-Präsident Donald Trump hatte sich in der Vergangenheit wiederholt dafür ausgesprochen, die Präsenz der US-Armee in Europa zu reduzieren und Militärstützpunkte zu schließen. Allerdings forderte Vance Europa auf, mehr für die eigene Verteidigung zu tun. Es sei ein "wichtiger Bestandteil eines gemeinsamen Bündnisses, dass die Europäer sich stärker engagieren." Dieses stärkere Engagement bedeutet für Trump mehr Geld. Er forderte, dass die Nato-Partner fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben. Im Jahr 2024 hatten die 32 Nato-Staaten durchschnittlich etwa 2,71 Prozent ihres BIP für Verteidigung ausgegeben

Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagentur dpa
  • Nachrichtenagentur AFP
  • Nachrichtenagentur Reuters

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