Auf Düsseldorfs Einkaufsmeile Königsallee hat es gekracht. Ein 84-Jähriger hatte am Dienstagabend die Kontrolle über seinen SUV ("Sport Utility Vehicle“) verloren, vier Menschen erlitten teils schwere Verletzungen. Gefühlt kommt es besonders häufig zu einem Unfall mit Beteiligung eines SUVs.
Eine einfache Antwort auf die Frage nach der Unfallgefahr gibt es nicht. 2021 gab es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 10.516 Unfälle mit Personenschäden, an denen ein SUV beteiligt war. Zum Vergleich: Im gleichen Jahr gab es 30.054 Unfälle mit Verletzten, an denen ein Kleinwagen beteiligt war. Allerdings gab es 2021 insgesamt auch doppelt so viele Kleinwagen (etwa 8,9 Millionen) wie SUVs (etwa 4,3 Milionen).
Ungeachtet dessen: Erfasst von einem SUV - bereits der Gedanke daran weckt bei vielen schlimmste Befürchtungen. Sie mögen sich gar nicht die Folgen ausmalen, die eine Kollision zwischen einem wuchtigen Fahrzeug und einem Menschen nach sich zieht.
Im Jahr 2012 kamen Wissenschaftler der Unfallforschung der Versicherer (UDV) in einer Studie zum Ergebnis, dass bei Kollisionen mit einem normalen Pkw gut 40 Prozent der Fußgängerinnen und Fußgänger schwer oder lebensgefährlich verletzt wurden. Handelte es sich bei dem Unfall-Fahrzeug um einen SUV, waren es sieben Prozent mehr.
Neuere Modelle haben automatische Bremssysteme
Und wie ist aktuell der Stand? "SUVs sind nicht sicherer, aber auch nicht weniger sicher als Standardmodelle", sagt Andreas Rigling, Leiter Testzentrum Mobilität und aktive Fahrzeugsicherheit, dem WDR. Das zeigten Crashtests. Die meisten Modelle in diesem Vergleich böten auch einen "ordentlichen Fußgängerschutz".
So hätten neuere SUV-Modelle zumeist automatische Bremssysteme mit Fußgängererkennung – mit der Folge, dass sich die Geschwindigkeit des Fahrzeugs in der Nähe von Fußgängern von alleine reduziert. Das kann das Risiko schwerer oder tödlicher Verletzungen minimieren.
Geschwindigkeit spielt große Rolle
Überhaupt spielt die Geschwindigkeit eine wichtige Rolle. "Denn je schneller ein Auto unterwegs ist, desto mehr Energie entsteht, wenn Motorhaube und menschlicher Körper aufeinandertreffen“, so Rigling. Das hat zur Folge, dass ein SUV, der 50 Kilometer pro Stunde fährt, einen Fußgänger sehr wahrscheinlich weniger schwer verletzt als ein Kleinwagen mit 70 Kilometern pro Stunde. Hier steht also Geschwindigkeit vor Masse.
"Bei der Frage, wie gefährlich eine Kollision zwischen Mensch und SUV ist, kommt es aber auch immer auf das einzelne Modell an“, räumt Rigling ein. Entscheidend sind unter anderem die Gestaltung und das Material der Front: Eine höhere Front kann sogar von Vorteil sein, wenn dadurch der Kopf des Fußgängers bei einem Zusammenstoß nicht bis an die harten A-Säulen oder den Scheibenrahmen gerät.
Deutliche Fortschritte in Sachen Sicherheit
Zudem haben die meisten SUV mittlerweile Stoßfänger und Front aus nachgiebigen Kunststoffelementen, um das Gewicht bei einem Fußgängerunfall großflächig und möglichst weich abfangen zu können. "Tatsächlich sind ältere SUVs im direkten Vergleich zum Teil etwas unsicherer, bei neueren kann man dies jedoch so nicht mehr bestätigen“, erklärt Rigling. Durch Gesetzgebung und Unfallforschung konnten auch hier deutliche Fortschritte gemacht werden. "So unterstützen beispielsweise Notbremsassistenten aktiv die Sicherheit", betont Rigling. Hier habe sich in den letzten Jahren viel getan.
Und was, wenn bei einem Unfall SUVs und normal große Pkw kollidieren? Studien zeigen, dass auch "die Masse" eine große Rolle spielt – also das kleinere Fahrzeug im Nachteil ist. Möglich ist sogar, dass bei einem Zusammenprall in einem SUV niemand verletzt wird, im Kleinwagen dagegen Menschen sogar sterben.
Immer mehr SUVs in Deutschland zugelassen
Auch wenn offenbar für Passanten Zusammenstöße mit SUV nicht in jedem Fall gefährlicher sind als solche mit kleineren Fahrzeugen – für Insassen von Fahrzeugen sind sie es schon. "Unnötig schwere Fahrzeuge können gegenüber kleineren ein erhöhtes Risiko darstellen", so Rigling. Daran wie auch an dem hohen Spritverbrauch entzündet sich immer wieder die Kritik, wenn es um SUVs geht.
Nichtsdestotrotz werden solche Fahrzeuge immer beliebter. Statistiken besagen, dass zum 1. Januar 2022 insgesamt 4,8 Millionen Pkw aus dem SUV-Segment in Deutschland zugelassen waren – gegenüber knapp 4,3 Millionen zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Zehn Jahre zurück: Am 1. Januar 2012 waren gerade mal 835.767 SUVs in Deutschland zugelassen.