Die Sozialwahlen in Deutschland gibt es bereits seit 70 Jahren. Jetzt sind erneut 52 Millionen Menschen dazu aufgerufen, bis Ende Mai ihre Stimme abzugeben. Obwohl die Sozialwahl nach Europa- und Bundestagswahl die drittgrößte demokratische Abstimmung in der Bundesrepublik ist, ist ihr Zweck längst nicht allen bekannt. Worum geht's? Fragen und Antworten.
Wer steht zu Wahl?
Bei der Sozialwahl bewerben sich Kandidaten und Kandidatinnen für die Gremien der Sozialen Selbstverwaltung bei der Deutschen Rentenversicherung und diversen Krankenkassen. Es handelt sich nicht um eine politische Wahl - Parteien stehen nicht auf dem Wahlzettel. Stattdessen haben sich ehrenamtliche Kandidaten und Kandidatinnen in sogenannten "Listen" organisiert. Die Mitglieder sind selbst Versicherte bei der Deutschen Rentenversicherung oder einer der fünf Krankenkassen TK, Barmer, DAK-Gesundheit, KKH und hkk - und sollen die Interessen der Mitglieder in den Gremien vertreten.
Was genau macht die Soziale Selbstverwaltung?
Im Prinzip sorgt sie für eine demokratisch legitimierte Vertretung der Mitglieder in der Deutschen Rentenversicherung und den genannten Krankenkassen. Die Aufgaben der gewählten Vertreter sind relativ umfangreich.
- Die Vertreterversammlung der DRV Bund entscheidet über Leistungen der Rentenversicherung - zum Beispiel im Bereich Rehabilitation. Außerdem wählt das Gremium mehrere Tausend ehrenamtliche Versichertenberater. Diese helfen etwa dabei, Rentenanträge korrekt auszufüllen. Wenn Versicherte gegen eine Entscheidung der Rentenversicherung Widerspruch einlegen, prüfen die gewählten Vertreterinnen und Vertreter diesen Einwand. Insgesamt sollen sie auch die Verwaltung der Rentenversicherung kontrollieren - etwa wie ein Aufsichtsrat in einem großen Unternehmen. Die Vertreterversammlung wählt außerdem den Vorstand und das Direktorat der DRV Bund.
- Auch bei den fünf Krankenkassen sind die Verwaltungsräte für die Kontrolle des Unternehmens mitverantwortlich. Sie wählen die Vorstände und entscheiden mit, wie die Beiträge der Versicherten verwendet werden. So haben sie zum Beispiel Einfluss darauf, welche Leistungen von den Krankenkassen zur Vorsorge angeboten werden - und welche nicht. Die Mitglieder des Verwaltungsrats sind außerdem an allen Entscheidungen beteiligt, die Versicherte direkt betreffen: So sind sie zum Teil Mitglieder der Widerspruchsausschüsse oder wählen diese und beschließen Leistungen wie Bonusprogramme.
Wie macht man bei der Sozialwahl 2023 mit?
Alle Wahlberechtigten erhalten ihre Stimmzettel in diesen Tagen per Post. Die Abstimmung funktioniert ähnlich wie bei der Bundestagswahl - nur ohne Erst- und Zweitstimme. Auf jedem Wahlzettel darf nur ein Kreuz gemacht werden. Anschließend steckt man den Wahlzettel in den beigefügten Umschlag, verschließt ihn und wirft ihn möglichst bald in den nächsten Briefkasten. Der Umschlag ist schon frankiert, Briefmarken sind nicht nötig. Bis zum 31. Mai sollten die Unterlagen auf dem Postweg sein.
In diesem Jahr bieten einige Krankenkassen erstmals an, die Stimme auch online abzugeben. Auf einigen Wahlunterlagen befindet sich daher ein QR-Code, der mit der Kamera-Funktion des Smartphones aktiviert werden kann. Online-Wähler müssen ihre Identität per Versichertennummer auf der Gesundheitskarte oder mit dem Personalausweis nachweisen.
Sind nur Deutsche wahlberechtigt?
Nein. Es reicht, einen Wohnsitz in der EU oder in der Schweiz zu haben, wobei außerhalb Deutschlands lebende Wahlberechtigte die Unterlagen meist aktiv anfordern müssen. Bereits 16-Jährige dürfen wählen, wenn sie eigenständig versichert sind, etwa als Azubis.
Kann man auch mehr als eine Stimme abgeben?
Unter Umständen: ja. Wer sowohl Mitglied in der Deutschen Rentenversicherung als auch in einer der genannten Krankenkassen ist, bekommt zwei Wahlbriefe und darf auch zwei Mal abstimmen.
Was wollen die verschiedenen Wahllisten erreichen?
Insgesamt gibt es 13 Listen, die bei Rentenversicherung und Krankenkassen wählbar sind. Viele der Organisationen, die diese Listen aufstellen, sind sowohl über Rentenversicherung als auch über die Ersatzkassen wählbar, was insbesondere auf große Körperschaften wie etwa die Gewerkschaften Verdi oder IG Metall zutrifft.
Mehr Informationen zu den Programmen gibt es unter diesem Link. Wer konkrete Fragen zur Position der Listen in bestimmten Fragen hat, die für die individuelle Wahlentscheidung wichtig sind, kann sich direkt an die Vertreter der Listen wenden. Beispiele: Wie steht die Liste zu Homöopathie als Kassenleistung? Oder: Welche Hilfen sollten Post-Covid-Erkrankte von ihrer Kasse erhalten? Die Kontaktdaten sind ebenfalls unter dem Link zu finden.