Jugendstudie: Gen Z ist verunsichert und unzufrieden 02:40 Min. Verfügbar bis 23.04.2026

Jugendstudie: Gen Z ist verunsichert und unzufrieden

Stand: 23.04.2024, 18:20 Uhr

Junge Menschen zwischen 14 und 29 blicken pessimistisch in die Zukunft. Das ist ein Ergebnis der Jugendstudie 2024. Zudem steigt in der Gen Z die mentale Belastung: Fast jeder Neunte in diesem Alter ist wegen psychischer Störungen in Behandlung.

Die Jugend bleibt im "Krisenmodus": Das zeigt die Trendstudie "Jugend in Deutschland 2024", die heute veröffentlicht worden ist. Mehr als 2.000 junge Menschen zwischen 14 bis 29 Jahren - die sogenannte Generation Z - wurden dafür über ein sogenanntes Online-Panel befragt.

Jugendforscher Simon Schnetzer | Bildquelle: Marco Urban

Sie glauben einerseits, dass sich ihre persönliche Situation in den kommenden zwei Jahren verbessern wird. Heißt also: beruflich und finanziell läuft's. Ganz anders sieht das mit Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung aus: "Die Aussicht auf ein gutes Leben schwindet", sagt Studienleiter und Jugendforscher Simon Schnetzer.

Was bereitet den Jugendlichen Sorge?

Sorgen bereiten vielen der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Inflation (65 Prozent) und Kriege (60 Prozent), aber auch teurer und knapper Wohnraum (54 Prozent), der Klimawandel und eine Spaltung der Gesellschaft (je 49 Prozent).

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Auffällig ist: Fast die Hälfte der jungen Befragten sagt, dass Deutschland nicht genug für den Schutz der Umwelt tut (45 Prozent). "Gleichzeitig sind diejenigen in der Unterzahl, die bereit sind, für Nachhaltigkeit auch Verzicht zu üben".

Welche Rolle spielen psychische Belastungen?

Laut der Online-Befragung haben die psychischen Belastungen wie Stress (51 Prozent) und Erschöpfung (36 Prozent) noch einmal zugenommen. Und das, obwohl die Corona-Pandemie vorbei ist. Und: Die Studie zeigt auch, dass Jugendliche mit einer hohen täglichen Bildschirmzeit am Smartphone deutlich mehr psychische Probleme haben.

Das äußert sich auch durch einen hohen Anteil von jungen Erwachsenen, die sich in psychische Behandlung begeben haben: Elf Prozent der Befragten - also mehr als jeder Zehnte - sind demnach wegen psychischer Störungen in Behandlung.

Junge Frauen seien häufiger als Männer als betroffen. "Zudem geben junge Frauen erheblich mehr Belastungen an, besonders bei Depressionen, Angstzuständen, Antriebslosigkeit und Gereiztheit", steht in der Studie.

Viele Schulen, Ausbildungsbetriebe und Unternehmen berichten über einen steigenden Krankheitsstand und vermitteln den Eindruck, die jungen Leute seien besonders wenig belastbar und ließen sich schnell krankschreiben. Es zeigt leider auch, dass das Bildungssystem es aktuell nicht vermag, junge Menschen für den Umgang mit zunehmendem Stress aufgrund des beschleunigten digitalen Lebens vorzubereiten. Aus der Studie

Wie politisch ist die Gen Z?

Sehr politisch, das hätten auch zurückliegende Studien gezeigt, sagen die Forscher. Dominierte in der Vergangenheit allerdings die Sorge vor dem Klimawandel, sind es inzwischen eher eher wirtschaftliche und allgemeinpolitische Themen, um die sich junge Menschen kümmern.

Damit einher geht laut der Studie, dass mehr junge Menschen als bisher zur AfD tendieren: Gegenüber der letzten Erhebung vor einem Jahr hat die AfD ihren Stimmenanteil in der Gen Z fast verdoppelt. Die großen Verlierer sind dagegen vor allem die Grünen, die FDP und die SPD.

Zum Vergleich: Im aktuellen ARD Deutschlandtrend steht die AfD bei 18 Prozent. Und sowohl bei der Landtagswahl in Hessen (18 Prozent/+8) als auch bei der in Bayern (16 Prozent / +9) Ende 2023 feierte die AfD bei den 18- bis 24-Jährigen große Gewinne.

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Prof. Klaus Hurrelmann | Bildquelle: Marco Urban

Prof. Klaus Hurrelmann spricht von einem "deutlichen Rechtsruck in der jungen Bevölkerung". Die Forscher nennen dafür vor allem zwei Gründe: Die einen wollen gegen die Regierung und insbesondere gegen die Flüchtlingspolitik protestieren. "Besonders kritisch sehen die jungen Menschen den in ihrer Wahrnehmung unkontrollierten Zustrom von Flüchtlingen." Andere seien grundsätzlich von ihren Lebensumständen enttäuscht und stimmten aus Überzeugung für die AfD.

Ein weiterer Grund für das "Ja" zur AfD ist laut den Studienmachern, dass die Partei bei TikTok sehr präsent und aktiv sei - anders als die anderen Parteien. Von den 14- bis 29-Jährigen, die die AfD favorisieren, nutzten mehr als 58 Prozent TikTok regelmäßig, während dies beispielsweise bei Sympathisanten der SPD (47 Prozent) oder den Grünen (39 Prozent) deutlich weniger seien.

"Den anderen Parteien ist dringend anzuraten, hier nachzuziehen und insbesondere auch ihre Akteure dazu zu ermutigen, sich (mit professioneller Unterstützung) auf diese Kanäle zu trauen", schreiben die Macher.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Jeder vierte Befragte hat gesagt, dass er nicht weiß, wen er/sie derzeit wählen würde. Zehn Prozent wollen gar nicht wählen gehen.

Wie engagiert sind die jungen Menschen?

Sie haben laut der Studie eine hohe Bereitschaft, in Vollzeit zu arbeiten. Und: 70 Prozent arbeiten gerne. Zudem sind sie bereit, gesellschaftliche Probleme anzupacken und Verantwortung in Zukunft zu übernehmen, um den Wohlstand zu sichern. Allerdings wollen sie das zu ihren Konditionen machen - und nicht zu denen der Babyboomer.

Gleichzeitig schätzen junge Menschen den eigenen Einfluss auf Krisen und die gesellschaftliche Zukunft als eher gering ein. Deshalb fordert die Generation Z laut der Trendstudie strukturelle Unterstützung: von Politik und Wirtschaft, aber auch von älteren Generationen.

Die Ergebnisse zeigen dringenden Handlungsbedarf: Die jungen Menschen kritisieren ein eklatantes Digitalisierungsdefizit im gesamten Bildungsbereich und in der Wirtschaft in Deutschland. Außerdem beklagen sie, dass ihre schulische Ausbildung sie zu wenig auf das wirkliche Leben und die Arbeitswelt vorbereitet." Co-Autor Kilian Hampel

Wie ist die Studie entstanden?

Die Trendstudie wird seit dem Jahr 2020 in regelmäßigem Abstand wiederholt und von Jugendforscher Simon Schnetzer herausgegeben - fachlich begleitet von Kilian Hampel (Universität Konstanz) und Prof. Klaus Hurrelmann (Hertie School, Berlin). Sie basiert auf einer Online-Befragung, die nach Aussage der Autoren für die Altersgruppe repräsentativ ist. Die Studie untersucht die Lebenssituationen junger Menschen zwischen 14 und 29 Jahren, der so genannten Generation Z.

Insgesamt unterscheidet man zwischen fünf Generationen:

  • Generation Silent: Geboren zwischen 1928 und 1945
  • Babyboomer: Geboren zwischen 1946 und 1964
  • Generation X: Geboren 1965 bis 1979
  • Generation Y: Geboren 1980 bis 1995
  • Generation Z: Geboren ab 1996 bis 2010
  • Generation Alpha: Geboren ab 2011

Quelle:

Trendstudie Jugend in Deutschland WDR Studios NRW 23.04.2024 00:59 Min. Verfügbar bis 23.04.2026 WDR Online