Anne König aus Borken ist schon früh auf den Beinen. Sie kandidiert für den Kreistag und zieht deshalb an diesem Samstagmorgen in Ihrem Wahlkreis von Haus zu Haus. Der ist traditionell fest in Hand der CDU. Also eigentlich eine sichere Bank für die 35-Jährige und ihren 73- jährigen Parteifreund Klaus Queckenstedt, der für den Borkener Rat kandidiert – auch der ist eine CDU-Bastion. Er begleitet heute König beim Häuserwahlkampf durch ein Neubaugebiet.
"Abstand halten ist oberstes Gebot"
Dieser Wahlkampf ist ein ganz besonderer. Denn Corona lässt größere Veranstaltungen nicht zu, der direkte Kontakt zwischen Wähler und Wahlkämpfer ist schwieriger. Das gilt auch für den Häuserwahlkampf. "Abstand halten ist oberstes Gebot", sagt Queckenstedt, der von seinem neuen E-Bike steigt und mit König vor dem ersten Haus steht. Es ist im typisch münsterländischen Klinkerstil errichtet. König klingelt.
Beide stellen sich vor, erklären wer sie sind, für was und wen sie kandidieren – der junge Mann unterbricht mit dem Hinweis, er kenne die beiden bereits und habe auch schon gewählt. König und Queckenstedt nehmen es freundlich hin, bedanken sich und hoffen, dass der Mann auch "richtig gewählt" hat.
Die nächste Tür wartet: Auf Masken haben beiden verzichtet, den Abstand halten Sie ein. Es gebe aber auch Menschen, die die Tür bewusst nicht auf machen und sich dann eben durch den Lautsprecher oder durch die Tür unterhalten. In solchen Fällen wird die Broschüren vor die Tür gelegt oder in den Briefkasten geworfen. Genügend Flyer hat König dabei. Sie ist mit einem Lastenfahrrad unterwegs, in dem sonst ihre zwei Söhne mitfahren.
Lange Gespräche mit Wählern bleiben aus
Ortswechsel: Borkener Kornmarkt, ein kleiner Platz vor einem übersichtlichen Shopping-Center, das seine besten Jahre hinter sich hat. Das gilt auch für die angrenzende Fußgängerzone. Auf dem Platz verteilt präsentieren sich traditionell zwei Wochen vor der Wahl die Parteien mit ihren Ständen.
Die Wahlkämpfer von Bündnis 90/Grüne und SPD haben Masken auf. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Borkener Rat, Maja Becker, meint, das habe auch etwas mit Vorbildcharakter zu tun. Ähnlich Gerhard Ludwig von der SPD, der es schade findet, dass die langen Gespräche nicht möglich seien.
Ein wenig am Rand, wo es weniger eng werden kann stehen, Wahlämpfer der FDP. Die Liberalen haben keine Masken auf, dafür aber gelbe Rosen. Ulrich Eiff findet die Situation und die politische Diskussion in Corona-Zeiten ebenfalls schwierig: "Sich auf 1,5 Meter gegenüber anschreien ist nicht so schön." Die Umstände, dass neben dem Brunnen musiziert wird, macht die Situation für die Wahlkämpfer nicht einfacher.
Unterdessen zieht Uwe Bettermann, der mit seinem Sohn an den Ständen vorbeischlendert, ein Corona-Wahlkampf-Fazit: Der Kommunalwahlkampf 2020 sei in seiner jetzigen Form ungewohnt aber angenehm: "Die Menschen stürmen nicht auf einen zu. Ich mache mir außerdem mehr Gedanken, lese und informiere mich mehr."
Parteien setzen verstärkt auf Online-Wahlkampf
Das haben auch die Parteien erkannt Im Münsterland setzen die Wahlkämpfer vermehrt auch auf Online-Wahlkampf. Den findet Anne König, die nach dem Häuser-Wahlkampf ebenfalls auf dem Kornmarkt weiter für sich und Ihre Partei wirbt, wichtig. Sie will aber nicht komplett auf den persönlichen Kontakt verzichten. Sie sagt schon jetzt: "Dieser Kommunalwahlkampf und diese Kommunalwahl ist 'mit Abstand' sehr besonders."