"Wer jetzt einen Antrag macht, hat innerhalb von einer Woche seinen Bescheid und auch das Geld auf dem Konto!" - so begeistert stellte NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart Ende März die Corona-Soforthilfen vor. Sie sollten Selbstständigen und kleinen Firmen helfen, trotz Pandemie über die Runden zu kommen. Mehrere Milliarden Euro wurden ausgezahlt.
Dass das alles so "unbürokratisch" passierte, hat seine Kehrseite: Schon kurz nach Start musste das Land das Programm wieder auf Eis legen. Kriminelle hatten versucht, mit gefälschten Internetseiten an die Daten von Unternehmen zu kommen und sich selbst das Geld einzustecken.
Offenbar reihenweise Betrugsfälle
Inzwischen zeigt sich allerdings: Die gefälschten Internetseiten waren im Vergleich wohl nur ein kleines Problem. Jetzt tauchen mehr und mehr Fälle einer Betrugsmasche auf von noch viel größerem Ausmaß.
Reihenweise sollen Menschen Soforthilfe beantragt haben, obwohl sie gar nicht dazu berechtigt waren. Das Justizministerium spricht von 3800 Verdachtsfällen, möglicherweise liegt die Zahl noch deutlich darüber.
Zahlen werden oft geschönt
"Das ganze System basierte auf Vertrauen", sagt Wolf-Tilman Baumert, Oberstaatsanwalt in Wuppertal. "Vertrauen kann immer auch enttäuscht werden. Gerade am Anfang war es recht leicht, mit falschen Angaben zu Geld zu kommen und das haben viele Leute ausgenutzt."
Jetzt muss sich Baumert mit den Folgen befassen: Er bekomme immer wieder Fälle auf den Schreibtisch, in denen Menschen Soforthilfe beantragt haben, obwohl sie überhaupt kein Gewerbe betreiben. Auch bei den Zahlen sei oft gelogen worden, sagt Baumert. Manche rechneten sich ihre Einkünfte vor Corona etwas schöner, andere würden beim Datum der Firmengründung tricksen.
Banken melden Verdachtsfälle
Oft erkennen die Banken möglichen Betrug: Bekommt ein Kunde 9000 Euro Soforthilfe überwiesen, obwohl er gar nicht als Gewerbetreibender bekannt war, benachrichtigen sie die Behörden. Dann fangen die Staatsanwaltschaften an zu ermitteln.
Wie hoch die Verurteilungsquote am Ende sein wird, ist nicht sicher - weder eine Staatsanwaltschaft noch das Justizministerium will da eine Prognose abgeben. Doch der vermutete Schaden geht weit in die Millionen - die schnellen und unbürokratischen Anträge zur Corona-Soforthilfe werden die Justiz in NRW noch lange beschäftigen.