Es sind Zahlen, die Verunsicherung stiften. Auf den Intensivstationen liegen zunehmend vollständig Geimpfte - und nicht wenige sterben. Fast ein Drittel der aktuellen Corona-Toten in Bayern ist doppelt geimpft. Das teilte das Landesgesundheitszentrum für den Zeitraum 4. bis 31. Oktober mit. Trotzdem seien die Corona-Impfungen sinnvoll, meinen Experten. Wie geht das zusammen?
"Hätten wir die Impfungen nicht gehabt, wären wir jetzt - ich sage das mal überspitzt - in unserem Gesundheitssystem Deutschland, Europa und in der Welt abgesoffen", sagte Uwe Janssens vom Präsidium der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin am Montag dem WDR. "Wir wären in einer Situation, die kann man sich gar nicht vorstellen."
Von den Impfdurchbrüchen mit schwereren Verläufen seien vor allem Über-60-Jährige betroffen. Das bestätigen die Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI):
Ältere früher geimpft
Die Zahl der Hospitalisierten ab 60 Jahren stieg zuletzt stark an. Einer der Gründe, so Janssens: Die Älteren wurden früher geimpft als die Jüngeren. "Es ist einfach so, dass die Impfung ihre Wirkung verliert." Das führt auch eine neue schwedische Studie vor Augen, wie diese Grafik zeigt:
Die Grafik zeigt aber auch: Die Impfungen bieten auch nach einem halben Jahr noch Schutz vor schweren Erkrankungen. Allerdings wirken die Impfstoffe unterschiedlich lang. Das zeigt sich vor allem bei den Erkrankungen, bei denen nur leichte oder mittelschwere Symptome auftreten.
Bei den Erkrankungen mit leichten oder mittelschweren Symptomen zeigt sich auch deutlich, dass sich die Schutzwirkung je nach Alter unterscheidet:
Janssens: "Fehlschluss", dass die Impfung nicht wirkt
"Auf keinen Fall bedeuten Durchbruchinfektionen im Krankenhaus oder auf den Intensivstationen, dass die Impfung nicht wirkt. Das ist ein Fehlschluss, der im Moment leider durch die Republik, aber auch durch die ganze Welt geistert", so Janssens.
Stattdessen würden die Zahlen Erkenntnisse liefern, wann in Zukunft wie oft Booster-Impfungen verabreicht werden sollten. "Wir stehen am Anfang einer neuen Erkenntnis."
Impfdurchbrüche nehmen laut RKI zu
Das RKI definiert als "wahrscheinliche Impfdurchbrüche" nur solche mit offensichtlichen Symptomen - auch milden. Unterm Strich hat die Behörde deutschlandweit bislang bei 0,31 Prozent der rund 56 Millionen vollständig Geimpften solche Impfdurchbrüche registriert. Bis zum 10. November waren es insgesamt 175.188 Fälle. Allerdings war die Inzidenz im Sommer auch niedrig und die Schutzwirkung der Impfungen bei vielen noch stärker.
Die meisten dieser Impfdurchbrüche traten in den vergangenen Wochen auf. Die Zahl steigt also an. Allein in den Kalenderwochen 41 bis 44 (10. Oktober bis 7. November) waren es 90.471 solcher Fälle - also mehr als die Hälfte.
Je mehr Menschen geimpft sind und die Schutzwirkung der früh Geimpften nachlässt, desto desto häufiger kommt es zu Impfdurchbrüchen.
Offenbar weniger Infektionen bei Geimpften
Grundsätzlich kommt es auch bei Geimpften nicht selten zu Infektionen - allerdings werden bei Ihnen deutlich weniger Fälle erfasst. In Sachsen zum Beispiel lag die Sieben-Tage-Inzidenz vergangene Woche bei knapp 1.400 - bei den Geimpften bei 72. Das Land NRW veröffentlicht dazu keine Werte. Problem bei den Zahlen: Gerade die symptomlosen Infektionen werden wahrscheinlich oft gar nicht erfasst.
Wie stark Geimpfte also zum Infektionsgeschehen beitragen, bleibt unklar. Dass sie deutlich seltener schwer an Corona erkranken und daran sterben als Ungeimpfte, daran lassen die Zahlen keinen Zweifel.