Mit Spannung war erwartet worden, wie das NRW-Schulministerium auf die stark steigenden Infektionszahlen reagiert - schließlich geht am Montag die Schule wieder los und viele Schüler leben mittlerweile in einem Corona-"Hotspot". Mit einer schärferen Maskenpflicht und regelmäßigem Lüften soll der Unterricht trotzdem normal weitergehen. Das verkündete Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Mittwoch.
Schüler sind unzufrieden
Den Betroffenen reicht das nicht aus. Die Landesschüler*innenvertretung räumt zwar ein, dass die Maskenpflicht im Unterricht angesichts der aktuellen Lage "geboten" sei. Zuvor hätten aber andere Schritte beschlossen werden können - zum Beispiel mehr Belüftungssysteme oder kleinere Klassen.
Zudem sei fraglich, inwiefern das Lüften der Unterrichtsräume tatsächlich Sicherheit schaffe. "Viele Schulen haben, entgegen der Ausführungen von Frau Ministerin, kaum oder gar nicht zu lüftende Räume", teilte die Interessenvertretung auf WDR-Anfrage mit.
Lehrer sehen weiteren Handlungsbedarf
Auch Lehrervertreter fordern in seltener Einmütigkeit zusätzliche Schritte. Zwar begrüßen sie die Maskenpflicht. "Allerdings muss die Frage gestellt werden, ob dies bei steigenden Infektionszahlen wirklich die einzige Maßnahme bleiben kann", sagt der NRW-Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Stefan Behlau. Der Verband Lehrer NRW fordert für den Fall weiter steigender Infektionszahlen einen "Plan B".
Empfehlungen des Robert Koch-Instituts befolgen
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert, dass die neuen Regeln nicht ausreichen. "Aus unserer Sicht ist unverständlich, dass die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts weiterhin nicht vollständig umgesetzt werden sollen", sagt die Landesvorsitzende Maike Finnern.
Konkret geht es darum, die Klassen zu verkleinern, damit Abstand gehalten werden kann. Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt das für Corona-"Hotspots", von denen es in NRW mittlerweile jede Menge gibt.
Die GEW fordert Konzepte für einen "rollierenden Unterricht" mit geteilten Klassen und bessere Bedingungen für Distanzunterricht. Damit könnten Schulschließungen vermieden werden. Das Schulministerium solle solche Schritte nicht weiter "verteufeln", heißt es.
Ministerin Gebauer lehnt die Verkleinerung von Klassen ab und verweist darauf, dass es für solch einen Schritt nicht genug Lehrer und Räume gebe.
SPD sieht Spielräume
Dem widerspricht SPD-Schulexperte Jochen Ott. Denkbar wäre ein Schichtsystem bis zur Klasse 8. Ältere Schüler könnten zuhause bleiben und digital unterrichtet werden. Zusätzliches Personal und Räume könnten organisiert werden. Und statt ein Förderprogramm für Luftreiniger ins Leben zu rufen, müsse das Land die Geräte jetzt selbst besorgen und schnell an die Schulen verteilen. Gebauer verfolge allenfalls "ein rheinisches Konzept" nach dem Motto: "Et hätt noch immer jot jejange."
Die Grüne-Schulexpertin Sigrid Beer kritisiert: "Während die Landesregierung bei anderen Maßnahmen immer wieder auf die Richtlinien des RKI verweist, entzieht sich Gebauer den Empfehlungen der Experten." Anders als die Ministerin sage das Robert Koch-Institut, dass auch die Schulen zum Anstieg der Fälle beitrügen. "Dies nicht wahrhaben zu wollen, ist grob fahrlässig."