Es ist die nächste Hiobsbotschaft, die das Robert Koch-Institut (RKI) in einer ohnehin schwierigen Phase der Corona-Pandemie vermeldet: Seit dem Beginn der Krise sind in Deutschland mehr als 100.000 Menschen an oder in Verbindung mit einer Corona-Infektion gestorben.
Das RKI meldete am Donnerstag insgesamt 100.119 Todesfälle seit der ersten Covid-19-Erkrankung Anfang vergangenen Jahres. Die ersten Todesfälle waren am 9. März 2020 zwei ältere Patienten in Heinsberg und in Essen.
Gerade in der Zeit, in der es noch keine Impfung gegen das Virus gab, mündete eine Infektion mit dem Virus vor allem bei Älteren häufiger in einem schweren Krankheitsverlauf. In dieser Altersgruppe starben die meisten Menschen.
Schon Ende 2020 stellte das Statistische Bundesamt eine deutliche Übersterblichkeit bei den Über-65-Jährigen fest. Viele von ihnen verloren in den letzten Monaten des Jahres ihr Leben.
Gerade bei genauerer Betrachtung der Zahlen in diesem Zeitraum wird deutlich, warum die aktuelle Meldung zum schlechtmöglichsten Zeitpunkt kommt. Denn der Großteil der Opfer starb nach Informationen des RKI im Dezember 2020 und im Januar 2021 - also den zwei Monaten, die uns jetzt wieder bevorstehen und die Infektionszahlen extrem sind.
Mehr als 43.000 Corona-Tote in zwei Monaten
Damals - während des Höhepunkts der dritten Welle - starben mehr als 43.000 Menschen in nur zwei Monaten. Allein in NRW verloren mehr als 7.700 Menschen ihr Leben, hinterließen Familie, Freunde, Kollegen.
Obwohl es mittlerweile mehrere Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 gibt, hält der Epidemiologe Prof. Timo Ulrichs auch in diesem Winter ähnlich hohe Opferzahlen für möglich. "Denn die Neuinfiziertenzahlen legen eine viel höhere Virusaktivität nahe als vor einem Jahr", sagt er.
Starke Durchseuchung könnte zu vielen Opfern führen
Das zeigt sich auch an den Inzidenzwerten in NRW, die ähnlich wie im Rest Deutschlands seit Wochen unablässig steigen und die Höchstwerte des vergangenen Winters längst überschritten haben - trotz Impfung.
Obwohl sich dieser Trend auch wegen der Impfung noch nicht an der Zahl der Corona-Patienten zeigt, die auf Intensivstationen behandelt werden müssen, ist Ulrichs alles andere als optimistisch.
Erneuter Lockdown sehr wahrscheinlich
Er befürchtet daher, dass die Regierung auch in diesem Jahr ähnliche Schritte ergreifen muss, wie im vergangenen Jahr. Damals wurde zunächst mit einem sogenannten "Lockdown light" versucht, härtere Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen zu verhindern.
Auch aktuell versucht die Regierung einen Lockdown zu verhindern und setzt auf 2G- und 3G-Regeln, um die vierte Welle zumindest zu bremsen.
In der dritten Welle im Winter 2020/21 scheiterte der Versuch. Ab dem 16. Dezember verhängte die Bundesregierung wieder einen harten Lockdown. Und auch dieses Jahr stehen die Zeichen laut Ulrichs nicht gut. "Wir haben mit der Einführung von 2G flächendeckend zu lange gewartet."
Auch die allgemeine Impfpflicht, die derzeit diskutiert wird, hilft laut Ulrichs kurzfristig überhaupt nicht, denn es würde Wochen, wenn nicht sogar Monate dauern, bis sie Wirkung zeige. "Das könnte dann mit dem Zeitpunkt der vollständigen Durchseuchung und Durchimpfung im Frühling zusammenfallen", sagt Ulrichs.
Dennoch hält er sie mittelfristig für sehr sinnvoll, "um die Grundimmunität in der Bevölkerung stabil zu halten". Und um zu verhindern, dass in den Wintermonaten 2022/23 vielleicht wieder tausende Menschen an Corona sterben.