Angesichts der aktuellen Impfquote besteht laut Spahn keine akute Gefahr mehr, dass durch Corona die Krankenhäuser überlastet werden könnten. Dadurch sei es möglich, die epidemische Lage auslaufen zu lassen – sie würde damit am 25. November enden.
Was würde ein Ende der epidemischen Lage konkret bedeuten?
Die Bundesregierung verliert damit ihre Sonderrechte in der Pandemie. Durch die epidemische Lage (manchmal ist auch von "Ausnahmezustand" die Rede) konnte sie Maßnahmen ohne weitere Beschlüsse der Parlamente verhängen - zum Beispiel die Maskenpflicht in bestimmten Bereichen oder Einreisebeschränkungen. Diese Sonderrechte würden wegfallen, in Zukunft müsste dann wieder der Bundestag über jede einzelne Maßnahme abstimmen.
Es gibt also wieder mehr Mitbestimmung durch das Parlament. In Nordrhein-Westfalen ist das schon seit dem Sommer so. Hier werden die Corona-Maßnahmen wieder im Landtag beschlossen - und zwar als "Pandemische Leitlinien" für die Landesregierung.
Welche Rechte hat die Regierung durch die epidemische Lage?
Mit der epidemischen Lage überträgt der Bundestag Entscheidungsbefugnisse an die Regierung. Dadurch können Verordnungen zum Gesundheitsschutz direkt vom zuständigen Ministerium erlassen werden. Diese gelten dann, ohne dass darüber noch mal im Bundestag abgestimmt werden muss.
Auch der Bundesrat muss den Verordnungen nicht zustimmen. Dadurch können Maßnahmen in einer Notlage wie der Pandemie besonders schnell umgesetzt werden. Diese Sonderrechte sind immer zeitlich begrenzt und müssen durch einen Beschluss im Bundestag verlängert werden.
Fallen alle Corona-Maßnahmen dann weg?
Davon ist nicht auszugehen. Schon jetzt regelt jedes Bundesland, was in Restaurants, Schulen oder beim Einkaufen gilt. Bundesgesundheitsminister Spahn wies am Dienstag bei WDR2 darauf hin, dass erst im August mit den Ländern vereinbart worden sei, dass auch im Herbst und Winter die AHA-Regeln in Bussen und Bahnen gelten oder die 3G-Regel in Innenräumen.
Bislang deutet nichts darauf hin, dass NRW davon abrückt. Stattdessen fordert das Düsseldorfer Gesundheitsministerium für dem Fall, dass die pandemische Lage beendet wird, eine "bundesweit einheitliche Lösung". Ziel sei es, "niedrigschwellige Maßnahmen" wie etwa die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen auch in den kommenden Monaten "rechtssicher umzusetzen".
Ist es zu früh die epidemische Lage aufzuheben?
Das NRW-Gesundheitsministerium will sich da noch kein Urteil erlauben und noch abwarten. "Derzeit kann niemand mit Sicherheit sagen, ob sich das Infektionsgeschehen aufgrund der Impfungen weiterhin moderat entwickeln wird", heißt es in einer Stellungnahme. Aufgrund des Beginns der kalten Jahreszeit und dem Ende der Schulferien solle mit einer Prognose für Ende November "zunächst noch etwas zugewartet werden".
Kritik kommt auch von SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. Er sieht in dem Schritt ein falsches Signal. Die Pandemie gehe weiter und es sei noch keine Entwarnung in Sicht. Vor allem wegen der vergleichsweise niedrigen Impfquote und dem noch bevorstehenden Winter hält Lauterbach ein Ende der epidemischen Lage für verfrüht.
Zustimmung kommt dagegen von der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Hauptgeschäftsführer Gerald Gaß begrüßt den Vorschlag von Gesundheitsminister Spahn. Er rechne im Herbst und Winter nicht mehr mit vergleichbar hohen Covid-Patientenzahlen in den Krankenhäusern, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Was sagt Spahn zur Kritik an seinem Vorschlag?
Natürlich könne man ab Ende November nicht in eine Zeit gehen, als gebe es Corona nicht mehr, sagte Spahn im WDR2-Mittagsmagazin. Statt eines Ausnahmezustands reiche es aber, in einen Zustand der "besonderen Vorsicht" zu wechseln. Wenn alles gut laufe, könnten ab Frühjahr wieder normale Verhältnisse wie vor Corona herrschen.