Je näher der Schulanfang rückt, desto intensiver wurde in den letzten Tagen eine Maskenpflicht für Schüler diskutiert. NRW hat sich nun für eine relativ weitreichende Pflicht entschieden. Laut Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ist diese Maßnahme auch eine Reaktion auf die wieder steigenden Infektionszahlen.
Gebauer spricht bei der Vorstellung der Maskenpflicht am Montag (03.08.2020) in Düsseldorf von einem "sehr strengen Konzept im Vergleich zu anderen Bundesländern".
Entscheidend ist beim Vergleich der Maskenpflichten, ob sie nur auf dem Schulgelände oder auch im Unterricht gelten. In Baden-Württemberg muss beispielsweise im Unterricht keine Maske getragen werden. In Bayern und Berlin wird darüber noch diskutiert.
Die Regeln der Maskenpflicht
Für Lehrer und Schüler aller rund 5.500 Schulen in NRW gilt: Auf dem Schulgelände, auf den Fluren, dem Weg zur und in der Klasse muss eine Mundnasen-Bedeckung getragen werden. Lediglich Grundschüler dürfen die Maske abnehmen, nachdem sie einen festen Sitzplatz eingenommen und der Unterricht begonnen hat.
Die Ausnahmen
Lehrkräfte dürfen ohne Mundnasen-Schutz sein, wenn sie ein Abstand von mindestens 1,5 Meter zu den Schülern besteht. Lehrer und Schüler dürfen die Maske zudem dann absetzen, wenn der Unterricht es erfordere.
Gebauer nannte als Beispiel das Lehren des "th" im Englisch-Unterricht. In Prüfungssituationen könne auch auf den Mundnasen-Schutz verzichtet werden. Dazu gehören Klausuren oder auch das Vortragen von Referaten. Ob eine Ausnahme vorliegt, entscheiden die Lehrkräfte vor Ort.
Die zeitliche Befristung
Bis Ende August ist diese Maskenpflicht erst einmal befristet. Das soll dem Land die Möglichkeit geben, flexibel auf das weitere Infektionsgeschehen zu reagieren. Zudem will sich das Ministerium mit den Fachverbänden über die Erfahrungen austauschen und dann entscheiden, ob die Pflicht so weiterbesteht oder angepasst werden muss.
Land stellt Masken nur für Notfall bereit
Die Kosten für die Mundnasen-Bedeckungen müssten die Schüler beziehungsweise Eltern tragen. Da ohnehin in Geschäften und im ÖPNV eine Maskenpflicht gelte, geht die Schulministerin davon aus, dass alle im Besitz einer Maske seien.
Für Notfälle, also wenn jemand seine Maske beispielsweise auf dem Weg zur Schule verloren habe, stelle das Land den Schulen eine Million Masken zur Verfügung.
Einschulungsfeiern und Klassenfahrten
Keine Frage, die Einschulung ist ein bedeutender Einschnitt im Leben eines Kindes. Einschulungsfeiern gehören darum eigentlich dazu. Ob und wenn ja in welcher Form dies trotz Corona möglich ist, will das Schulministerium nicht entscheiden. Verantworten und entscheiden müssten dies die Schulen vor Ort.
Klarer sind da die Aussagen zu Klassenfahrten: Bis zu den Herbstferien sollen sie nur im Inland stattfinden. Gebauer weist darauf hin, dass Schulen beim Buchen von Fahrten nach den Herbstferien gut auf mögliche Stornokosten schauen sollten. Denn die würde das Land künftig nicht mehr tragen.
Lehrer NRW: Maskenpflicht sei drastisch aber vertretbar
Der Verband Lehrer NRW sagte zur befristeten Einführung der Maskenpflicht: "Das ist eine enorme Herausforderung für Schüler und Lehrkräfte. Die Maskenpflicht schränkt die Kommunikation und damit das gesamte Unterrichtsgeschehen deutlich ein." Aus pädagogischer Sicht sei ein Unterricht ohne Maske wünschenswert.
Da aber die Infektionszahlen in Nordrhein-Westfalen deutlich ansteigen, nennt auch der Verband die Pflicht zwar "drastisch", aber sie sei eine "im Sinne des Gesundheitsschutzes vertretbare Maßnahme". Die Lehrervertretung schlägt jedoch vor, insbesondere in den heißen Sommermonaten flexible Pausenzeiten einzurichten. In denen sollten die Schüler unter Wahrung der Abstandsregeln auf dem Schulhof einige Minuten ohne Masken durchatmen können. Ein zweiter Lockdown mit Schulschließungen und Digitalunterricht sei auf jeden Fall zu vermeiden, so Lehrer NRW. Das Lernen auf Distanz könne den Präsenzunterricht nicht ersetzen.
Kritik von SPD, Grünen und Linke
Die Fraktionen von SPD und Grünen im Landtag begrüßen die weitgehende Maskenpflicht. Die SPD fordert jedoch Änderungen an der Covid-19-Teststrategie des Landes. Nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Schüler sollten ein Recht auf einen regelmäßigen und kostenfreien Corona-Test haben.
Und die Grünen kritisieren, dass die Förderrichtlinie für die Anschaffung mobiler Endgeräte zu spät kam. Viele Kommunen hätten die Gelder noch nicht abrufen können: "Sollte es in den nächsten Wochen in Schulen erforderlich werden, wieder Distanzunterricht durchführen zu müssen, würden Kinder und Jugendliche ohne Endgeräte weitere Wochen vom Unterricht ausgeschlossen", sagte die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer.
Die Linke in NRW rechnet vor, dass im Verlauf eines Schultages vermutlich zwei bis drei Masken pro Schüler nötig sind, da sie bei Durchfeuchtung auszuwechseln sind. "Für Familien mit geringem Einkommen kann das zu einem großen Problem werden", so Sonja Neuhaus, bildungspolitische Sprecherin der Linken NRW.