Millionen Menschen in Deutschland haben am Sonntag einen Grund zum Feiern. Dann werden für vollständig Geimpfte und Genesene einige der besonders unangenehmen Corona-Regeln gestrichen: Ausgangssperre, Kontaktbeschränkungen, Quarantänepflicht nach Auslandsreisen. Nach dem Bundestag hat am Freitag auch der Bundesrat einer entsprechenden Verordnung zugestimmt.
1,5 Millionen doppelt Geimpfte in NRW
Doch wie viele und vor allem welche Menschen profitieren von diesen Lockerungen? Den vollen Impfschutz haben in Deutschland nach Information des RKI rund 7,4 Millionen Menschen, in NRW leben rund 1,5 Millionen von ihnen (Stand: 7. Mai). Der Anteil jüngerer Menschen dürfte aufgrund der Priorisierung bei der Impfreihenfolge gering sein.
Bei der Erfassung der Genesenen wird es schon knifflig. Seit Beginn der Pandemie haben sich in Deutschland rund 3,5 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Diejenigen, die einen positiven PCR-Test - mindestens 28 Tage und maximal sechs Monate alt - vorlegen können, profitieren genau wie Geimpfte.
Ohne alten PCR-Test keine Erleichterung
Wer keinen vergleichbaren Test hat, weil er sich etwa aufgrund eines sehr milden Krankheitsverlaufs nie hat testen lassen, wird nicht profitieren können - selbst, wenn er nachweislich Antikörper entwickelt hat: "Die derzeit verfügbaren Antikörpertests sind noch nicht zuverlässig genug", sagte eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums am Freitag auf WDR-Nachfrage.
Keine Gefahr durch Geimpfte
Aus juristischer Sicht ist der "Lockerungs"-Schritt wohl geboten, weil von Geimpften nach aktuellem Forschungsstand keine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. Sie haben somit ein Anrecht auf mehr Freiheiten.
Dennoch könnte die Verordnung der Auftakt für einen neuen Generationenkonflikt sein. Denn profitieren werden vor allem die Alten - sie bilden die größte Gruppe unter den vollständig Geimpften. Die Jungen müssen sich weiter gedulden - niemand weiß wie lange noch.
Solidarität zwischen Generationen gefährdet
"Die Solidarität zwischen den Generationen war auch schon vor Corona in Gefahr", sagte Madeleine Hofmann, freie Journalistin und Autorin von Büchern, über den Generationenkonflikt, im Deutschlandfunk. Die Pandemie habe das Problem verstärkt: geschlossene Schulen und Unis, kein Nachtleben, kein Gemeinschaftssport, Probleme bei der Jobsuche.
Obwohl sie nachvollziehen könne, dass jeder, egal wie alt oder jung, die aktuelle Lage nur noch schwer aushalten könne, seien jetzt die Alten in der Pflicht. Auch für sie müsse gelten: "Durchhalten und solidarisch sein."
Mehrheit gegen Lockerungen zum jetzigen Zeitpunkt
Mit dieser Meinung steht die Autorin nicht allein. Auch die Mehrheit der Deutschen hält Lockerungen für Geimpfte in dieser Phase der Pandemie offenbar für einen Fehler. Im ARD-Deutschlandtrend vom Freitag sprachen sich 40 Prozent der Befragten gegen Impf-Privilegien aus.
51 Prozent sind grundsätzlich dafür - allerdings jetzt noch nicht. Lockerungen sollten ihrer Ansicht nach erst dann greifen, wenn mehr Menschen die Chance auf eine Corona-Impfung haben.