Impfen, Impfen, Impfen: Wohl kein Thema im Rahmen der Pandemie-Bekämpfung beschäftigt Politik und Bürger derzeit mehr. Und keines birgt so viele Unwägbarkeiten, auch innerhalb der Regierung. Bis zu zehn Millionen Impfungen pro Woche will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in Kürze möglich machen - am besten noch im März.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fing Scholz' Vorstoß umgehend wieder ein: Die Zahl der Impfdosen werde nicht gleich auf "20 Millionen im Monat oder gar zehn Millionen in der Woche" wachsen, sagte er am Mittwoch. Die Politik müsse ihr "Erwartungsmanagement" anpassen. Heißt auf deutsch: Besser nichts versprechen, was man nicht halten kann.
Impfquoten in Deutschland niedriger als in USA und Großbritannien
In der Tat wirkt Scholz' Aussage sehr ambitioniert. In der ersten März-Woche wurden in Deutschland knapp 1,5 Millionen Impfdosen gespritzt - ein Wert, der fast versiebenfacht werden müsste, um die angepeilten zehn Millionen zu erreichen. Bislang sind laut RKI 6,7 Prozent der Erwachsenen geimpft, lediglich 3,1 Prozent haben die Zweitimpfung und somit den vollen Schutz intus.
Im weltweiten Vergleich hinkt Deutschland damit deutlich hinterher. So liegt die Impfquote in Israel laut "Deutscher Ärztezeitung" bei 58 Prozent, dort haben wieder Restaurants geöffnet, und Konzerte finden statt. Auch Großbritannien und die USA, die lange Zeit für ihr vermeintlich schlechtes Corona-Management kritisiert wurden, liegen mit Impfquoten von 33 bzw. 18 Prozent deutlich vor Deutschland.
Bis Ende Juni 100 Millionen Impfungen möglich - in der Theorie
Um die hiesige Impfquote zu steigern, sind zwei Faktoren entscheidend: Es braucht mehr Impfstoff und es braucht mehr Orte, an denen geimpft wird. An der ersten Stellschraube wird gedreht: Bis Ende März sollen knapp 10 Millionen weitere Impfdosen hinzukommen. Damit hätten man im ersten Quartal 20 Millionen Dosen erhalten. Zusammen mit den 77 Millionen Dosen, die im zweiten Quartal geliefert werden sollen, könnte man theoretisch bis Ende Juni fast 100 Millionen Impfungen durchführen und wäre dem Ziel der Herdenimmunität einen großen Schritt näher.
Wann kann man sich beim Hausarzt impfen lassen?
Auch in den zweiten Punkt kommt Bewegung. Neben den Impfzentren sollen auch die Haus- und Betriebsärzte in die Impfkampagne eingebunden werden. Allerdings verzögert sich der Termin immer wieder: Erst war von Ende März die Rede, nun gibt es eine Empfehlung des Gesundheitsministeriums für Mitte April.
Neben der Frage, ob bis dahin genug Impfstoff vorhanden ist, stellen sich den Hausärzten allerdings viele logistische und organisatorische Probleme. So ist noch nicht geklärt, ob die Praxen von den Impfzentren oder von den Apotheken beliefert werden. Zudem muss gesichert sein, dass die Kühlkette für den empfindlichen Impfstoff erhalten bleibt. Zeitungsberichten zufolge werden in manchen Impfzentren bereits die Kühlboxen knapp.
Bürokratie beim Impfen: notwendig oder hindernd?
Und da ist noch die Frage der Dokumentation: Bei einer Corona-Impfung im Impfzentrum kommen moderne Scanner zum Einsatz. Doch nicht jeder Hausarzt verfügt über diese Technik. "Erschlagt uns nicht mit einer Dokumentationsbürokratie", fordert daher Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung KBV. "Dann kann das Impfversprechen bis zum Sommer auch eingehalten werden."
Andererseits ist eine funktionierende Dokumentation und Logistik unverzichtbar, wenn man den Impfstoff dort einsetzen will, wo er gerade benötigt wird. Viel Impfstoff zu haben, ist die eine Sache. Man muss ihn aber auch einsetzen können. Denn die Zahl der gelieferten, aber noch nicht verimpften Vorräte wächst beständig: Anfang der Woche waren es laut RKI-Zahlen bereits 4,3 Millionen. Verimpft wurde bislang noch nicht einmal das Doppelte.