Kein Lohnersatz für Ungeimpfte in Quarantäne: Diese Probleme werden befürchtet
Stand: 23.09.2021, 09:48 Uhr
Wer nicht gegen das Coronavirus geimpft ist und in Quarantäne muss, bekommt künftig kein Geld mehr vom Arbeitgeber. Das haben die Gesundheitsminister beschlossen. In NRW gilt die Regel ab 11. Oktober.
Die Regel zur Entschädigung von Verdienstausfall könnte in Nordrhein-Westfalen Millionen Arbeitnehmer treffen. Ab 11. Oktober müssen ungeimpfte Personen in Quarantäne mit Verdienstausfällen rechnen.
In der Praxis könnte genau das zum Problem werden. Denn die Entscheidung der Gesundheitsminister führe zu einer Spaltung der Belegschaften, sagt die Verdi-Landesbezirksleiterin Gabriele Schmidt. "Das nehmen wir auch in den Betrieben wahr."
Laumann will Impfunwillige ein "bisschen anschubsen"
"Wenn jemand sagt, ich lasse mich ganz bewusst nicht impfen, dann kann nicht die Allgemeinheit zuständig sein, die Konsequenzen daraus zu finanzieren", sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Zugleich betonte er, dass an Corona erkrankte Menschen weiter eine Lohnfortzahlung und Krankengeld erhalten. Mit der Neuregelung wolle man bisher Impfunwillige auch "ein bisschen anschubsen", sich doch impfen zu lassen.
Die NRW-Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Anja Weber, begrüßt das damit angepeilte Ziel, die Impfquote zu erhöhen. Für sie sei aber nicht nachvollziehbar, dass weitere Optionen wie 2G-Regel, Impfmobil und gezielter Zielgruppenansprache nicht ausgelotet werden. Stattdessen würden Konflikte in die Betriebe getragen.
Kontrollen schwer umsetzbar
Viele Arbeitgeber sehen das anders und befürworten die neue Regel. Wie sie die künftig kontrollieren wollen, ist aber noch unklar. Schließlich dürfen eigentlich nur Arbeitgeber in bestimmten Bereichen nach dem Impfstatus fragen.
Aus Sicht des Arbeitsrechtlers Michael Fuhlrott erweitert sich das Fragerecht der Arbeitgeber aber, wenn Mitarbeitende in Quarantäne kommen: "Ich darf als Arbeitgeber nämlich immer solche Fragen stellen und muss die Fragen beantworten als Arbeitnehmer, wenn ich ein berechtigtes Interesse habe."
In der Unsicherheit, ob der Arbeitgeber den Lohn zahlen muss oder nicht, sieht Fuhlrott ein solches berechtigtes Interesse. Hinzu kommt, dass in NRW für geimpfte Kontaktpersonen künftig keine Quarantäne verhängt werden soll.
Falsche Angaben könnten Konsequenzen haben
Sollten Mitarbeitende auf die Frage nach dem Impfstatus falsch antworten oder beispielsweise eine Quarantäne verheimlichen, könnte das arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, so Fuhlrott. Zumindest, wenn der Arbeitgeber dies mitbekommt.
Insbesondere eine falsche Aussage zum Impfstatus könne schnell bemerkt werden, so Martin Jonetzko vom Unternehmerverband in Duisburg: "In dem Augenblick wenn der sagt 'Ich bin geimpft' ist natürlich der Weg kurz, dadurch zu fragen 'Zeig mir bitten deinen Impfausweis oder die entsprechende App'." Passiert das nicht, so rät Jonetzko Arbeitgebern solche Fälle als ungeimpft zu behandeln.
Krankmeldung statt Quarantäne
Denkbar wäre auch, dass sich Mitarbeitende in ihrer Quarantänezeit einfach krank melden, um so doch weiterhin Geld zu bekommen. Davon rät der Arbeitsrechtler Fuhlrott dringend ab: "Man riskiert letztlich seinen Arbeitsplatz."
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach befürchtet, dass durch diese Regelung sehr viele Kontaktpersonen nicht mehr identifiziert werden, weil sie sich nicht melden oder falsche Angaben machen, um einer Quarantäne zu entgehen. "Die Ungeimpften werden versuchen, sich gar nicht mehr zu zeigen, und stecken dann im Falle, wenn sie sich infiziert haben, noch andere Menschen an", sagte Lauterbach dem WDR.
Übrigens: Bei Beamten trifft die Regelung nicht zu, da es sich bei ihrer Besoldung nicht um einen Verdienst, sondern um eine sogenannte Alimentation handelt. Das NRW-Arbeitsministerium erwartet allerdings von seinen Beamten, dass sie in Quarantäne aus dem Homeoffice weiterarbeiten und dabei ihr normales Arbeitspensum leisten.