"Wir stehen langsam am Rande des Zusammenbruchs", sagt Ralf Jeromin, Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Tönisvorst. 3.000 Überstunden haben seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bis Ende Oktober schon gemacht. "Allzu lange kann das nicht mehr so weitergehen." Und noch steht der Corona-Winter erst vor der Tür. Doch dem Ordnungsamt Tönisvorst fehlt Personal: Für die Durchsetzung und Kontrolle der Coronamaßnahmen wären nach eigenen Angaben 25 Stellen nötig - jedoch sind nur 14 besetzt.
So wie in Tönisvorst sieht es in zwei von drei Ordnungsämtern in NRW aus: Sie haben weniger Stellen besetzt, als es die Corona-Aufgaben erfordern. Zu dem Ergebnis kommt eine exklusive Umfrage des WDR-Magazins Westpol. 396 Ordnungsämter wurden gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, 85 haben an der Umfrage teilgenommen, weitere 40 haben wegen Überlastung abgesagt. Teilgenommen haben vor allem kleinere Städte und Gemeinden, die meisten großen Städte wie Düsseldorf oder Dortmund haben sich nicht gemeldet.
Zahl der Kontrollen hat sich verdoppelt
Wie können Ordnungsämter die verschärften Coronaregeln dann überhaupt durchsetzen? Die Zahl der Außenkontrollen hat sich im Vergleich zum letzten Jahr fast verdoppelt - damit steigen die Überstunden. 46.582 Überstunden haben die Ordnungsämter, die geantwortet haben, insgesamt gemacht.
Mehr Personal vom Land wird es wohl kaum geben. Das könne das Land nicht stemmen, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul. "Ich wüsste im Moment nicht wie. Wir haben im Bereich der Kommunen in den letzten Jahren im Bereich der Ordnungsämter auch nicht unglaublich viel Personal eingesetzt. Das war in Zeiten von Finanzknappheit so eine Spardose."
Ordnungsämter holen sich Unterstützung
Eine Einsparung, die sich jetzt rächt. Laut Umfrage holen sich viele Ämter Unterstützung. Jedes fünfte bekommt Unterstützung von der Polizei. Jedes dritte Ordnungsamt engagiert private Sicherheitsdienste. Fast jedes Ordnungsamt zieht Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus anderen Teilen der Verwaltung ab - in Tönisvorst zum Beispiel vom Bauhof oder vom Einwohnermeldeamt.
Was Ordnungsämter neben den Kontrollen überfordert: ständig neue Corona-Schutzverordnungen - und ihr verallgemeinernder Ton. "Es wäre uns schon geholfen, wenn das Land ganz genau definiert, was ist zulässig und was nicht. Die Auslegung kostet uns viel Kraft und Zeit." In Tönisvorst versuchen sie, die Coronaregeln durchzusetzen, so gut es geht.