Häufige Corona-Schnelltests in Unternehmen – Wunschdenken oder Realität?
Stand: 06.04.2021, 16:12 Uhr
Häufige Schnelltests in Unternehmen sollen dazu beitragen, die dritte Welle der Corona-Pandemie auszubremsen. Doch gehören die Tests tatsächlich zum Joballtag? Darüber gehen die Meinungen auseinander.
Von Sabine Meuter
Mindestens einmal, besser zweimal pro Woche. So oft sollen Deutschlands Unternehmen ihren Mitarbeitern Corona-Schnelltests anbieten. Mehr als ein Appell von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Länderchefs ist dies bislang nicht. Doch mit der Freiwilligkeit könnte es bald vorbei sein.
Grund sind nicht zuletzt Zahlen der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die am Montag publik wurden. Demnach hätten in der zweiten März-Hälfte lediglich 23 Prozent der Befragten berichtet, dass Beschäftigte, die im Unternehmen vor Ort und eben nicht im Homeoffice sind, einen Schnelltest machen könnten. Für 54 Prozent gebe es indes keine betrieblichen Schnelltests - und sie seien auch nicht angekündigt.
Hans-Böckler-Stiftung für verbindliche Regulierung
Die Umfrage sei zwar nicht repräsentativ, räumte die Hans-Böckler-Stiftung ein. Immerhin basiere sie aber auf einer Auswertung von über 2.800 Datensätzen. "Die enttäuschend geringe Umsetzungsquote zeigt, dass eine verbindliche Regulierung notwendig ist, die eine konsequente und rasche Einführung von betrieblichen Schnelltests garantiert", findet Stiftungsexpertin Elke Ahlers.
Sachsen und Berlin haben für Betriebe mit Präsenzbeschäftigte ein Testangebot zur Pflicht gemacht. Kommt womöglich eine solche Regelung bundesweit? "Mein Eindruck ist, dass da noch mehr Engagement möglich wäre von den Unternehmen", sagte Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD). Womit er nicht nur Testmöglichkeiten, sondern auch mehr Homeoffice meint.
Die Regierung erwägt Scholz zufolge, rechtliche Möglichkeiten zu ergreifen, damit es zu mehr Tests kommt. Muss vielleicht doch eine Testpflicht her? Darüber will das Bundeskabinett kommende Woche entscheiden.
Wirtschaftsverbände lehnen Testpflicht ab
Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft halten davon - nichts. Per Verordnung oder Testpflicht ließen sich die Herausforderungen nicht meistern, argumentieren sie.
Der Arbeitgeberverband BDA kommt zudem zu einer gänzlich anderen Einschätzung als die Hans-Böckler-Stiftung. In 80 bis 90 Prozent der Unternehmen seien Corona-Tests für Mitarbeiter bereits möglich oder stehen unmittelbar bevor. Die Umsetzung erfolge ohne Bürokratie und gesetzliche Regulierung, am stärksten bei großen Konzernen.
Bergische IHK: Bund soll Kosten übernehmen
Erst wenige Tage ist es her, dass an Gründonnerstag mehr als 600 Unternehmen sich an der Blitzumfrage der Bergischen IHK beteiligt haben. Etwa 40 Prozent der Befragten sprachen sich danach für eine gesetzliche Corona-Testpflicht aus.
Michael Wenge von der Bergischen IHK sagte, natürlich wollten die Unternehmen helfen. Aber alles habe seine Grenzen, und die gesamtgesellschaftliche Verantwortung besage, dass dann auch die Kostenfrage zu stellen sei. "Deswegen sind viele Unternehmen dafür, dass der Bund die Kosten für die Tests übernimmt", so Wenge.