Aufräumarbeiten nach Unwetter | sv
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Unwetter in Spanien: Immer mehr Todesopfer bekannt
Stand: 01.11.2024, 12:09 Uhr
Nach den verheerenden Unwettern im Südosten Spaniens steigt die Zahl der Todesopfer weiter rasant an. Insgesamt 158 Todesfälle sind bislang bestätigt.
Allein in der Provinz Valencia kamen mindestens 155 Menschen ums Leben. Dort hatte am Dienstag sintflutartiger Regen zu einer Flutkatastrophe geführt. Vielerorts wurden Straßen, Häuser und Felder überschwemmt sowie Autos und Bäume von den Wassermassen mitgerissen.
Auch andere beliebte Urlaubsregionen am Mittelmeer wie Andalusien und Murcia sind betroffen, ebenso wie Kastilien-La Mancha im Landesinneren. Die Suche nach Vermissten geht auch drei Tage später weiter. Mehr als 1.200 Soldaten sind dafür neben den Rettungskräften im Einsatz.
Diskussion über Versäumnisse
Nicht nur in Spanien, sondern auch in den europäischen Nachbarländern sorgten die Bilder der Wassermassen und Zerstörung für einen Schock. Die Regierung in Madrid hat am Donnerstag eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen.
Der Schock in Spanien sitzt tief.
Zudem rückt die Frage in den Fokus, ob die Behörden früh genug vor der Gefahr gewarnt haben. Verteidigungsministerin Margarita Robles lehnte es ab, sich an der im Land entbrannten Diskussion über Versäumnisse bei der Warnung vor Unwettern zu beteiligen.
"Jeder weiß, was er gut und schlecht gemacht hat", sagte sie mit Blick auch auf einen Streit zwischen Innenminister Fernando Grande-Marlaska und dem Regierungschef der Region Valencia, Carlos Mazón. Beide werfen sich gegenseitig vor, für das Warnsystem zuständig gewesen zu sein.
Tatsächlich gingen Warnungen des Zivilschutzes am Dienstag erst gegen 20.10 Uhr an die Handys aller Menschen in der Region Valencia. Da hatte es schon seit Stunden geregnet, erste Flüsse waren bereits über die Ufer getreten.
Aufräumarbeiten nach "historischem Unwetter"
Der staatliche Wetterdienst Aemet hatte in einer ersten Bilanz von einem "historischen Unwetter" gesprochen. Valencias Regionalregierungschef Mazón nannte die Katastrophe eine "noch nie dagewesene Situation".
In den Straßen von Valencia türmen sich Autos.
Inzwischen laufen die Aufräumarbeiten - unter schwersten Bedingungen. Viele Gemeinden sind weiter von der Außenwelt abgeschnitten und müssen Hilfe für die Einwohner auf eigene Faust organisieren. Auch die Stromversorgung und Telefonverbindung ist noch nicht überall wiederhergestellt.
Es fehle an allem, sagte beispielsweise die Bürgermeisterin des besonders stark verwüsteten Ortes Catarroja, Lorena Silvent, am Freitagmorgen im spanischen Rundfunk RTVE:
Silvent plant nun, Versorgungspunkte in dem knapp 30.000 Einwohner zählenden Ort südlich von Valencia aufzubauen. Dort sollen Spenden wie Lebensmittel und Kleidung verteilt werden. Zudem wolle sie eine Anlaufstelle für medizinische Versorgung rund um die Uhr einrichten. Wann sie staatlich organisierte Hilfe erwarte, sagte sie nicht.
Mögliche deutsche Hilfsleistungen
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich von der Flutkatastrophe "erschüttert". Auf der Plattform "X" schrieb er am Mittwoch, die Bundesregierung stehe mit Spanien im Austausch wegen möglicher Hilfsleistungen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte ebenfalls Hilfe in Aussicht.
Das THW aber ist bislang nicht zur Unterstützung angefragt, teilte die Organisation am Freitag auf WDR-Anfrage mit. Noch liege aus Spanien kein Hilfeersuchen über den europäischen Katastrophenschutz-Mechanismus vor. "Ein solches internationales Ersuchen ist die Grundlage, dass das THW als Bundesbehörde in einem anderen Land in den Einsatz gehen kann", so ein Sprecher.
Vergleichbare Überschwemmungen 1996 und 2007
Auch Aldaia in der Provinz Valencia ist schwer gezeichnet.
Bereits 1996 und 2007 hatte es in Spanien katastrophale Überschwemmungen gegeben. "Das aktuelle Unwetter ist auf Augenhöhe mit diesen Ereignissen", sagt Jürgen Vogt von der WDR-Wetterredaktion. Seit Montag seien zum Beispiel in der Region Valencia mehr als 200 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Punktuell sei es wohl noch schlimmer gewesen, erklärt Vogt.
Eine einzelne Wetterstation in der Region habe 445 Liter Regen in nur 24 Stunden gemeldet. "Das ist die Menge, die in Düsseldorf innerhalb eines halben Jahres fällt." Für Chiva, eine Gemeinde westlich von Valencia, meldete der spanische Wetterdienst sogar eine Regenmenge von 491 Liter pro Quadratmeter - in nur acht Stunden.
Wassermengen bei "Starkregen"
Hohe Wassertemperaturen begünstigen Unwetter
WDR-Meteorologe Jürgen Vogt
Erst vor zwei Wochen waren extreme Unwetter über Frankreich gezogen und hatten auch dort schwere Schäden verursacht. Ein wichtiger Grund für diese Serie seien die aktuell sehr hohen Wassertemperaturen im Mittelmeer, so Vogt: "Zurzeit ist es je nach Region zwei bis drei Grad wärmer als im langjährigen Mittel." Die hohen Wasser- und Lufttemperaturen begünstigten die Entstehung und erhöhten die Intensität von Unwettern. "Das heißt nicht, dass es solche Ereignisse früher nicht gab. Aber sie werden häufiger."
In NRW weiter grau und regnerisch
In NRW hingegen halte das ruhige Herbstwetter an, so Vogt. Die Wetterlage in Südeuropa habe aktuell keinen Einfluss auf Deutschland. Es bleibt vorerst grau und regnerisch.
Am Samstag kühlt es etwas ab. Das Wochenende bleibt abgesehen von Morgennebel und einigen kurzen Schauern recht trocken. Hin und wieder zeigt sich auch die Sonne. Ein Wintereinbruch ist vorerst nicht in Sicht.
Unsere Quellen:
- Interview mit WDR-Meteorologe Jürgen Vogt
- Nachrichtenagenturen dpa, AP und AFP
- Technisches Hilfswerk (THW)
- Social-Media-Plattform "X"