Trump: "Run" aufs Weiße Haus, aber eben noch nicht drin

Aktuelle Stunde 19.07.2024 20:23 Min. UT Verfügbar bis 19.07.2026 WDR Von Jan Hofer

Trump vs. Biden: Wann mischt sich Taylor Swift ein?

Stand: 19.07.2024, 14:12 Uhr

Große Auftritte, starke Bilder: Politik heißt in den USA immer auch Entertainment. Kann Taylor Swift den US-Demokraten helfen?

Von Ingo NeumayerIngo Neumayer

Wenn Ende 2024 die "Bilder des Jahres" gekürt werden, ist eigentlich jetzt schon klar, wer darauf zu sehen sein wird: Donald Trump. Denn die Bilder, die er nach dem Attentat am Samstag produziert hat, waren beeindruckend - ganz egal, wie man politisch zu ihm steht. Die erhobene Faust nach den Schüssen. Das Pflaster auf dem Ohr. Die Blutspritzer in seinem Gesicht. Nach Jahrzehnten im Reality-TV ist er einfach ein absoluter Profi der Selbstinszenierung. Er weiß, wo die Kameras stehen, er weiß, wie er sich ins rechte Licht rückt.

Trump vs. Biden: Kontrastprogramm der Bilder

Donald Trump hebt seine Faust nach Attentat

Donald Trump unmittelbar nach dem Attentat

Den Kontrast dazu bildete in den letzten Wochen Joe Biden. Obwohl der 81-Jährige lediglich dreieinhalb Jahre älter als Trump ist, ist das Bild, das er abgibt, oft das eines alten Mannes: Unsicherer Gang, leise Stimme, verwirrte Aussagen. Und dann hat er sich auch noch den Corona-Virus eingefangen und musste wichtige Wahlkampf-Termine absagen. Ein verheerender Eindruck, der da im Vergleich mit Trump bei vielen Menschen entsteht: Der eine überlebt knapp einen Anschlag und macht unbeirrt weiter, den anderen wirft ein Schnupfen aus der Bahn.

Präsident Joe Biden steigt aus dem Flugzeug

Nach Corona-Infektion auf dem Weg nach Hause

Aktuelle Umfragen in den USA, die allerdings vor dem Attentat durchgeführt wurden, sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Präsidentschaft - mit einem leichten Vorsprung für Trump. Bis zur Wahl am 5. November kann sich allerdings noch viel ändern. Die Diskussion, ob Joe Biden noch der richtige Kandidat für die Demokraten ist, wird dennoch jeden Tag lauter. Sollte man ihn ersetzen? Oder ihn jetzt erst recht noch stärker unterstützen?

Zeitstrahl der vergangenen Woche

Wrestler Hulk Hogan "zerreißt" sich für Trump

Hulk Hogan zerreißt T-Shirt und trägt Trump Shirt

Hulk Hogan macht sich für Trump stark

Dieses "Endorsement", wie es in der Politiksprache heißt, spielt bei US-Wahlkämpfen schon seit langem eine große Rolle. Der Entertainment-Faktor ist in der dortigen Politik deutlich wichtiger als hier, die Nähe zu den Stars aus Sport, Pop, Film und TV deutlich ausgeprägter. So wundert man sich in den USA auch kein bisschen, dass beim Parteitag der Republikaner der Wrestler Hulk Hogan auf die Bühne kam und sein T-Shirt in Fetzen riss. Für ihn sei Trump ein "Held", der sich nach dem Anschlag als "Kämpfer" und als "Führungsfigur" erwiesen habe. "Das ist genau das, was Amerika braucht", sagte Hogan.

Taylor Swift: Hassfigur der Republikaner

Taylor Swift auf der Bühne in Gelsenkirchen

Taylor Swift auf der Bühne in Gelsenkirchen

Auch Joe Biden und die Demokraten haben Sympathisanten und Unterstützer aus dem Showbusiness auf ihrer Seite - und mit Bruce Springsteen und Taylor Swift sogar richtige Hochkaräter. Swift, die derzeit in Gelsenkirchen auftritt und mit ihrer aktuellen "Eras"-Tournee Rekorde bricht, hielt sich lange Jahre zurück, wenn es um politische Themen ging. Aufgrund ihrer musikalisch-kulturellen Wurzeln im Country wurde sie am Anfang ihrer Karriere sogar eher dem konservativen Lager zugeordnet.

Das änderte sich 2018, als sie in Tennessee zur Wahl der dortigen Demokraten aufrief. 2020 nannte sie den damaligen Präsidenten Donald Trump einen "offensichtlichen Betrüger", dessen Politik in der Pandemie das Leben von Millionen Menschen gefährde. Vor der Präsidentschaftswahl 2020 postete sie Fotos von sich mit Cookies, die mit dem Schriftzug "Biden/Harris" verziert waren. Und spätestens seit ihrer Beziehung mit dem Footballer Travis Kelce sind die beiden Hassfiguren für die meisten rechten Republikaner. Denn auch Kelce gilt als liberal und den Demokraten zugetan.

Wahlempfehlung? Noch bleibt Swift still

Allerdings: Im Gegensatz zu Trumps prominenten Unterstützern hat sich Taylor Swift in diesem Wahlkampf noch nicht eindeutig positioniert. Dass ihre Stimme Gehör finden würde, daran besteht wohl keine Frage: Allein auf Instagram folgen der Sängerin 283 Millionen Menschen. Viel mehr Prominenz geht nicht. Aber kann das auch die Wahl beeinflussen? Darüber herrscht noch Unklarheit.

Einerseits zeigten Swifts frühere Aufrufe, zur Wahl zu gehen, durchaus Wirkung. Gerade bei jüngeren Wählerinnen und Wählern gab es in der Folge deutlich mehr Registrierungen. Und jüngere Menschen wählen eher demokratisch. Anderseits zeigt eine aktuelle Umfrage des "Newsweek"-Magazins, dass der Einfluss Swifts in beiden Richtungen geht. Sollte sie sich also für Biden aussprechen, würde das 20 Prozent der Befragten positiv beeinflussen, 23 Prozent allerdings negativ. Das Fazit des Meinungsforschungsinstitut Redfield & Wilton ist klar: "Ein Endorsement von Taylor Swift würde Joe Bidens Kampagne nicht stärken. Es könnte sie sogar noch weiter beschädigen."

Demokraten wollen Swift einbinden, falls Biden aussteigt

Ob es daran liegt, dass Taylor Swift bislang keine eindeutige Wahlempfehlung ausgesprochen hat? Oder ist sie derzeit einfach zu sehr mit ihrer Tournee beschäftigt? Doch es geht nicht nur um die Frage, wie sehr Swift Joe Biden helfen kann. Auch für den Fall seines Ausstiegs gibt es Überlegungen, sie einzubinden. So kursierte in Parteikreisen der Demokraten zuletzt ein Memo, das ein mögliches Szenario skizziert, sollte Biden auf seine Kandidatur verzichten. Die möglichen Bewerberinnen und Bewerber, die an seiner Stelle anträten, sollten von "kulturellen Ikonen" präsentiert und vorgestellt werden. Genannt werden dabei laut dem Nachrichtenportal "Semafor" Michelle Obama, Oprah Winfrey und Taylor Swift. So könnten die Wählerschaft motiviert und zudem große Mengen an Spenden generiert werden. Ein durchaus spektakulärer Plan. Ob er allerdings wahr wird? Eine ensprechende Anfrage von "Vanity Fair" ließ ein Sprecher von Taylor Swift unbeantwortet.

Zukünftige Präsidentin Swift: Ein Witz - oder etwa doch nicht?

Kann Trump seine derzeitige Popularität bis zum Wahltag halten? Ersetzen die Demokraten Joe Biden? Und wenn ja: Wer tritt an seine Stelle? Fragen über Fragen in einer Situation, in der nur eines feststeht: Taylor Swift ist derzeit der größte Popstar der Welt, und sie wird dies auch noch im kommenden Jahr sein. Egal, wer dann US-Präsident ist. Und wer weiß, vielleicht sitzt sie ja selbst eines Tages im "Oval Office". Der "Spiegel" fantasierte am Donnerstag bereits: "Dann bleibt für Taylor Swift eigentlich nur noch ein Ziel: die echte Macht. Wieso eigentlich nicht Präsidentin? Auch die Opas, die das Land seit Jahrzehnten führen, werden irgendwann abtreten." Auf den ersten Blick klingt das natürlich absurd, doch je länger man darüber nachdenkt, desto realistischer kommt einem die Idee vor. In einem Land, in dem Schauspieler und Reality-Stars Präsidenten werden können, scheint schließlich alles möglich.

Unser Quellen:

  • Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
  • Umfragen von FiveThirtyEight und The Times
  • US-amerikanisches Nachrichtenmagazin Newsweek
  • US-amerikanisches NewsportalSemafor
  • Vanity Fair
  • spiegel.de

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