Ukraine Krieg: Frankreichs Präsident Macron schließt Bodentruppen nicht aus
07:16 Min.. Verfügbar bis 27.02.2026.
Bald auch Bodentruppen? Wie die Ukraine militärisch unterstützt wird
Stand: 28.02.2024, 09:35 Uhr
Frankreich schließt Bodentruppen für die Ukraine nicht mehr aus - Deutschland schon. Muss der Westen stärker eingreifen bei der Unterstützung der Ukraine? Und was hat die Ukraine in den zwei Jahren seit Kriegsbeginn bekommen?
Von Oliver Scheel
Seit zwei Jahren tobt der Krieg in der Ukraine. Schon lange ist aus der russischen Invasion ein Abnutzungskrieg geworden. Kremlchef Wladimir Putin spielt offenbar auf Zeit und setzt auf eine gewisse Kriegsmüdigkeit des Westens. Welche Waffen sind in den vergangenen beiden Jahren schon aus Deutschland geliefert worden? Und reichen Waffen oder muss die Ukraine auch mit Bodentruppen unterstützt werden?
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ließ am Montag aufhorchen, als er über die Entsendung von Bodentruppen laut nachdachte: "In der Dynamik darf nichts ausgeschlossen werden. Wir werden alles tun, was nötig ist, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann", sagte er auf einer Ukraine-Unterstützerkonferenz in Paris.
Scholz, Pistorius: keine Bodentruppen in der Ukraine
Deutschland will davon nichts wissen. Weder Bundeskanzler Olaf Scholz noch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sehen deutsche Truppen im Kampf gegen Russland. Scholz sagte am Dienstag, es bleibe dabei, dass es "keine Bodentruppen, keine Soldaten auf ukrainischem Boden geben wird, die von europäischen Staaten oder von Nato-Staaten dort hingeschickt werden".
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)
"Troops on the ground ist keine Option für die Bundesrepublik Deutschland", fügte Pistorius hinzu. Macrons Rede nannte Pistorius einen "Denkanstoß, dem offenbar niemand gefolgt ist".
Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter ist gegen eine Entsendung deutscher Truppen in die Ukraine. Das sagte er am Abend dem WDR.
Der Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, Prof. Joachim Krause, glaubt dagegen, dass sich mehr und mehr Länder der Frage stellen, ob der Krieg in der Ukraine mit Bodentruppen nicht schneller entschieden werden könne: "Wir müssen stärker gestalten und das bedeutet, man muss westliche Soldaten in die Ukraine bringen."
Sicherheitsexperte Krause: "Es gibt viele Einsatzbereiche in der Ukraine"
Prof. Dr. Joachim Krause
Die Soldaten würden nicht an der Front eingesetzt und sie würden auch nicht aktiv auf russische Soldaten schießen. Aber: "Sie können eingesetzt werden bei der Luftwaffe, dem Sanitätswesen, man könnte Ausbildungseinheiten rüberschicken, Luftabwehreinheiten. Die helfen gegen Angriffe in der Tiefe des Landes", so Krause. Der Spielraum sei groß, man könne auch einen Minensucher ins Schwarze Meer schicken. "Man kann also weit mehr machen, als nur Waffen zu liefern", glaubt Krause. Das habe Macron nun deutlich gemacht.
Die Militärexpertin Ulrike Franke vom European Council on Foreign Relations in Paris glaubt, dass Macron auch ein wenig blufft. Im Interview mit dem WDR nennt sie das "strategische Ambiguität". "Das ist ein feststehender Begriff, der wird benutzt, um dem Gegner nicht spezifisch zu sagen, was wir tun und was wir nicht tun", so Franke. Macron wolle damit sagen, dass gewisse Dinge eben möglich seien. "Das ist auch ein Signal nach Russland." Putin solle sich einfach nicht so sicher sein über die Pläne des Westens.
32 Milliarden für die Ukraine aus Deutschland
Aber welche Waffen sind in den vergangenen beiden Jahren denn schon in die Ukraine geliefert worden? Und haben die der Ukraine wirklich geholfen? Laut Bundesregierung hat Deutschland seit dem Überfall am 24. Februar 2022 Hilfen im Gesamtwert von rund 32 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt – als humanitäre Unterstützung, direkte Zahlungen oder in Form von Waffen.
Liste der deutschen Waffenlieferungen ist lang
Auch der Schützenpanzer Marder ging in die Ukrain
"Die wichtigsten deutschen Hilfen waren die gepanzerten Fahrzeuge. Der Gepard war ganz wichtig für die Verteidigung der Ukraine", so Krause. Neben dem Gepard gingen auch der Schützenpanzer Marder und der Kampfpanzer Leopard in die Ukraine. Deutschland lieferte aber noch mehr wie zum Beispiel Artilleriesysteme, Transportfahrzeuge, Minenräumpanzer, Brückenlegepanzer, Aufklärungsdrohnen, Handwaffen, Munition und Sanitätsmaterial sowie Bekleidung. Allein der Materialwert aus Beständen der Bundeswehr liegt laut Bundesregierung bei etwa 5,2 Milliarden Euro.
Eine Übersicht über alle bisherigen Lieferungen aus Deutschland in die Ukraine gibt es auf der Seite der Bundesregierung:
Keine Taurus-Raketen: Kritik an Scholz
Nicht dazu gehören bislang Taurus-Raketen - Präzisionswaffen, die Ziele in 500 Kilometern Entfernung treffen können. Der Grund für das "Nein" von Kanzler Scholz dazu ist letztlich derselbe wie bei den Bodentruppen: Er will damit eine deutsche Kriegsbeteiligung vermeiden. SPD, Grüne und FDP sind größtenteils für die Lieferung und haben Scholz für die Ablehnung kritisiert. Auch die Union fordert die Lieferung der Raketen an die Ukraine.
"Der Kanzler informiert die Öffentlichkeit bewusst falsch. Es ist überhaupt nicht nötig, dass deutsche Soldaten an der Vorbereitung von Taurus beteiligt werden. Das macht die Firma, das können die Ukrainer auch selbst. Der Kanzler nimmt das als Vorwand, um nicht mitzuhelfen, dass die Krim befreit werden kann. Es ist leider keine besonnene Handlung. Sie isoliert Deutschland. Und sie ist im Grunde genommen unterlassene Hilfeleistung", kritisierte Roderich Kiesewetter (CDU).
Finanzielle Unterstützung bleibt wichtig - USA größter Geldgeber
Nicht nur Waffen helfen der Ukraine im Kampf gegen die russische Invasion. Deutschland leistet Unterstützung bei der medizinischen Versorgung der Menschen in der Ukraine. Das Bundeswirtschaftsministerium ermöglicht es zudem deutschen Unternehmen, sich weiter in der Ukraine zu engagieren und es gibt Unterstützung beim Wiederaufbau, beim Katastrophenschutz sowie im Bereich der Infrastruktur.
Deutschland liefert also enorm. Allerdings sind die USA der bei weitem großzügigste Unterstützer der leidgeprüften Ukraine. Laut dem US-amerikanischen Außenministerium und dem Verteidigungsministerium flossen 2022 53,75 Milliarden Dollar in die Ukraine, 2023 sogar 59,72 Milliarden Dollar.
Unsere Quellen:
- Interview mit Prof. Dr. Joachim Krause
- Interview mit Roderich Kiesewetter (CDU)
- Internetseite der Bundesregierung
- Nachrichtenagentur dpa
- US-Außen- und Verteidigungsministerium