Verantwortungsgemeinschaft: Was Unverheiratete darüber wissen sollten
Stand: 05.02.2024, 19:33 Uhr
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) veröffentlichte am Montag ein Eckpunktepapier für die geplante Verantwortungsgemeinschaft. Damit sollen Personen, die nicht verwandt oder verheiratet sind, eine rechtliche Einheit bilden können. Was macht dieses Modell aus? Fragen und Antworten.
Von Catharina Coblenz
Eine Senioren-WG oder sich unterstützende Alleinerziehende - solchen Lebensmodellen will Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) mit der sogenannten Verantwortungsgemeinschaft eine rechtliche Absicherung ermöglichen.
Sie soll Menschen den Alltag erleichtern, die dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen wollen. Buschmann stellte am Montag die Eckpunkte für ein entsprechendes Gesetz vor - in Kraft treten soll es 2025. Fragen und Antworten.
An wen richtet sich das Modell?
Die Übernahme von Verantwortung gibt es laut Buschmann heute auch jenseits von Familie und romantischen Partnerschaften. Damit gemeint sind zum Beispiel ältere Menschen, die ihre Lebenspartner verloren haben und sich nun im Alltag unterstützen; oder junge Menschen in Wohnprojekten. Es könnten aber auch Alleinerziehende sein, die sich gegenseitig unterstützen. Buschmann nutzte am Montag den Begriff "Wahlverwandtschaften", um diese Lebensmodelle zu beschreiben.
Im Koallitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen heißt es, dass es "zwei oder mehr volljährigen Personen" ermöglicht werden soll, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen. Genauer bestimmt wird dies im nun vorgestellten Eckpunktepapier: Von "maximal sechs Vertragspartnern" einer Verantwortungsgemeinschaft ist dort die Rede.
Er glaube, der Gesellschaft tue eine solche rechtliche Absicherung gut, sagte Buschmann. Es stehe aber jedem frei, von der neuen Möglichkeit Gebrauch zu machen. Derzeit würden die Menschen in solchen Lebenskonzepten vom Recht wie Fremde behandelt - dies solle geändert werden.
Wie wird eine Verantwortungsgemeinschaft geschlossen?
Die Verantwortungsgemeinschaften sollen nach den Plänen der Bundesregierung vor einem Notar besiegelt werden, es muss dazu ein Vertrag geschlossen werden. Durch einseitige Erklärung oder Aufhebung des Vertrags soll die Gemeinschaft jederzeit wieder beendet werden können.
In den Eckpunkten des Bundesministeriums der Justiz heißt es: "Ein Vertrag über eine Verantwortungsgemeinschaft soll von Personen geschlossen werden können, die ein tatsächliches persönliches Näheverhältnis zueinander haben und dieses im Rahmen der Verantwortungsgemeinschaft fortführen wollen. Das Näheverhältnis wird nicht staatlich kontrolliert."
Wie ist eine Verantwortungsgemeinschaft aufgebaut?
Wie eine solche Verantwortungsgemeinschaft genau aussehen soll, wird durch die einzelnen Beteiligten bestimmt. Geplant ist ein Stufenmodell. In der Grundstufe soll die Verantwortungsgemeinschaft nur wenige Rechtsfolgen haben. Für jene, die mehr Verantwortung füreinander übernehmen wollen, ist eine Aufbaustufe geplant: Hier können verschiedene Module ausgewählt und frei miteinander kombiniert werden.
Dabei soll die Verantwortungsgemeinschaft keine Konkurrenz zur Ehe sein - auch keine "Ehe light", wie Buschmann betont. Sie wird laut Eckpunktepapier keine Auswirkung auf das Verhältnis zwischen Kindern und Eltern haben, zum Beispiel im Sorgerecht, zudem keine steuerlichen oder erbrechtlichen Folgen.
Was ist in der Grundstufe geplant?
Hier soll es um rechtliche Folgen gehen, die an das Bestehen einer sogenannten persönlichen Nähebeziehung geknüpft sind. Ein Partner der Verantwortungsgemeinschaft könnte zum Beispiel nach einem Krankheitsfall als Betreuer des anderen berücksichtigt werden - ohne dass das Betreuungsgericht die Nähebeziehung der beiden weiter prüfen muss.
Den Vertragspartnern soll zudem die Spende von "nicht regenerierungsfähigen Organen" wie einer Niere an den jeweils anderen erleichtert werden. Dies ist aktuell neben Verwandten und Ehegatten "anderen Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen" möglich.
Welche Module gibt es in der Aufbaustufe?
Bei Wahl des Moduls "Auskunft und Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten" sollen die Partner in einer Notsituation Auskunft von Ärzten verlangen und zum Beispiel in eine Operation einwilligen können. Das Modul "Zusammenleben" richtet sich an Wohngemeinschaften: Rechtlich abgesichert werden sollen hier unter anderem Geschäfte, die für den gemeinsamen Haushalt getätigt werden.
Noch geprüft wird ein Modul zur Fürsorge. Die Pflege naher Angehöriger wird staatlich gefördert - ob dies auch für die Partner von Verantwortungsgemeinschaften gelten soll, will das Justizministerium noch klären. In einem vierten Modul sollen zwei Partner vertraglich regeln können, wer dem anderen nach dem Ende einer Verantwortungsgemeinschaft einen finanziellen Ausgleich zu leisten hat.
Was sind die Vorteile einer solchen Verantwortungsgemeinschaft?
Es gibt bislang nur ein Eckpunktepapier zur Verantwortungsgemeinschaft und noch keinen fertigen Gesetzesentwurf. Bis der Gesetztentwurf steht, müssen laut Markus Sutorius, Jurist beim BIVA Pflegeschutzbund, noch einige Fragen geklärt werden. Erst dann könne der Mehrwert einer solchen Verantwortungsgemeinschaft abschließend beurteilt werden.
Rechtlich betrachtet, ist der Mehrwert "eher maginal" sagt Sutorius, da die einzelnen Aspekte, die in der Verantwortungsgemeinschaft geregelt werden auch jetzt schon rechtlich möglich sind. Für den Verbraucher hat die Verantwortungsgemeinschaft jedoch den Vorteil, das die einzelnen Aspekte so "einfacher zu überschauen" sind. Der Verbraucher kann sich aus "überschaubaren Modulen" ein Modell zusammensetzen, dass auf die betrefenden Personen zugeschnitten ist.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagenturen AFP und KNA
- Eckpunkte des Bundesministeriums der Justiz für die Verantwortungsgemeinschaft
- Markus Sutorius, Jurist beim BIVA Pflegeschutzbund im Gespräch mit dem WDR