
Ungewöhnliche Wahlhilfe: Urlauber bringt Wahlzettel per Flieger mit
Stand: 22.02.2025, 16:38 Uhr
Echte Wahlhilfe leistete jetzt ein Urlauber aus Köln. Er nahm die Briefwahlunterlagen einer deutschen Studentin aus Porto spontan im Ferienflieger mit nach Deutschland, damit sie noch rechtzeitig die Heimat erreichen.
Von Katja Goebel
Eigentlich wollte Armin aus Köln am Flughafen von Porto nur sein Gepäck aufgeben, um nach dem Urlaub den Flieger zurück nach Hause zu nehmen. Plötzlich habe da diese junge Frau neben ihm gestanden. "Sind Sie Deutscher?" Als er bejaht und sie ihn um seine Hilfe bittet, gehen ihm kurz alle möglichen Gedanken durch den Kopf, was nun kommen könnte. Doch dann folgt eine Geschichte, die er so niemals erwartet hätte.
Die junge Frau, so stellt sich heraus, kommt aus Frankfurt und studiert seit dem Sommer als Austauschstudentin in Portugal. Leider, so erzählt sie, habe sie ihre Briefwahlunterlagen für die Bundestagswahl zu spät bekommen. Sie bittet den 58-jährigen Kölner, den Umschlag mit zu nehmen und in Deutschland in den Briefkasten zu werfen.
Für die Demokratie ins Zeug gelegt
Das imponiert dem Kölner Urlauber nicht nur, das machte ihn sogar richtig emotional, wie er gegenüber dem WDR erzählt. "Ich finde es so bewegend, dass jemand sich für die Demokratie so ins Zeug legt und die Energie aufbringt, extra zum Flughafen raus zu fahren."
"Da kriegt dieser rote Umschlag plötzlich noch mal eine ganz andere Bedeutung“ Kölner Reisende, der die Briefwahlunterlagen einer Fremden im Urlaubsflieger mitnimmt
Er verspricht der Studentin noch, ihr über Whatsapp ein Foto zu schicken, wenn er den Umschlag in Köln in den Briefkasten werfen würde. Doch schon auf dem Rückflug nach Deutschland beschleicht Armin das ungute Gefühl, dass es trotz der Mühe nicht reichen könnte, wenn der Brief erst am Samstagmorgen bei der Post landet.
Wahlzettel zu spät angekommen

Lilly Klais studiert gerade in Porto
Seit August studiert Lilly Klais in Porto Psychologie. Ihre Eltern hatten ihr die Briefwahlunterlagen von Frankfurt aus zugeschickt. Doch erst am Freitagnachmittag seien sie in Portugal angekommen. "Ich bin noch hier zur Post gegangen und habe nachgefragt. Aber dort sagte man mir, dass der Brief frühestens erst in zwei oder drei Tagen in Deutschland ankommen würde", so die 22-Jährige am Telefon. Also definitiv zu spät.
Viele Deutsche im Ausland bangen um ihre Stimme
Das Problem mit den verspäteten Briefwahlunterlagen trifft Lilly nicht allein. Gut dreieinhalb Millionen Deutsche, die im Ausland leben, sind wahlberechtigt. Vor dieser Bundestagswahl klagen viele Auslandsdeutsche über verspätete Wahlzettel.
Manche Länder werden aus der Not heraus erfinderisch. Wie zum Beispiel Belgien, wo gerade ein Poststreik die Briefe ausbremst. Die deutsche Botschaft hat deshalb bei dieser Wahl eine noch nie da gewesene Sonder-Kurierfahrt organisiert. So fuhr ein Transporter mit Last-Minute-Briefwahlunterlagen über die Grenze nach Aachen, damit diese noch von der Deutschen Post weitertransportiert werden können.
Mit dem Umschlag zum Check-In
Und auch Lilly Klais in Porto macht sich Gedanken. Noch in der Nacht, so erzählt die Frankfurter Studentin, habe sie überlegt, wie die eilige Post von ihrer Übergangsheimat Portugal aus schnellstmöglich nach Frankfurt kommen könnte. Da sei ihr die Idee mit dem Ferienflieger gekommen.
Kurzerhand steigt sie am kommenden Tag mit dem Umschlag in die Metro Richtung Flughafen und hält am Check-in-Schalter Auschau. "Da waren viele Familien mit Kindern. Ich hab mir gedacht, dass die Eltern nach einem langen Flug bestimmt keine Lust haben, noch einen Briefkasten zu suchen." Da fällt ihr Armin auf, der allein reist. "Der sah nett aus." Auch habe sie gedacht, mit dem 58-Jährigen auf einer Wellenlänge sein zu können - auch politisch.
"Ich hatte schon Angst, dass jemand meinen Brief vielleicht nicht einwerfen könnte." Studentin Lilly Klais
Mit dem ICE nach Frankfurt
Urlauber Armin, der inzwischen in Köln angekommen ist, macht sich ebenfalls Sorgen. Er hat tatsächlich Zweifel, den Brief einzuwerfen. Er glaubt, dass er auf dem Postweg nicht rechtzeitig ankommt. Dann eben Plan B. Kurzerhand ordert der Kölner ein ICE-Ticket nach Frankfurt. Er will den Brief am Wahltag persönlich zum dortigen Wahlamt bringen. "Ich weiß, das klingt verrückt. Aber wir hatten eben beide das Gefühl, dass diese Wahl besonders wichtig ist." Hauptsache er sei an dem Tag selbst wieder pünktlich zurück und könne noch bis 18 Uhr selbst wählen gehen.
Und Lilly? Die ist jetzt ihrerseits baff. "Das ist echt krass. Er verschwendet ja einen ganzen Tag, nur damit mein Brief rechtzeitig ankommt." Es sei sehr wichtig, seine Stimme geltend zu machen. "Meine Einzelstimme hat jetzt nicht besonders viel Einfluss. Aber wenn alle so denken würde, wäre es auch schwierig." Das ICE-Ticket von 70 Euro will sie auf jeden Fall selbst bezahlen.
Unsere Quellen:
- Interview mit Armin aus Köln
- Interview mit Lilly Klais