Dorothee Lauff ordnet Hefte, Stifte und Kleidungsstücke ein. Sie hat einen kleinen Lotto- und Tante-Emma-Laden direkt an der Hauptstraße von Bestwig. Sie trägt einen Zweiteiler und eine rosa Strähne im Haar. Sie wirkt selbstbewusst und ist stolz, dass sie ihren kleinen Laden schon so lange besitzt. Seit fast 50 Jahren verkauft sie vor Ort ihre Waren.
Dass in Bestwig weniger Menschen leben sollen, kann sie nicht glauben. "Klar, junge Menschen würden wegziehen, weil es hier für sie nicht attraktiv sei. Aber viele würden auch wieder zurückziehen. Spätestens wenn sie planen, Kinder zu bekommen", sagt sie aus Erfahrung.
Junge Menschen suchen außerhalb von Bestwig ihr Glück
Leonie Engel nickt zustimmend. Die 29-Jährige kommt aus Bestwig, wohnt und arbeitet aber in Düsseldorf. Die blonde Frau ist zu Besuch bei ihren Eltern und hat im Laden gerade Lotto gespielt.
Für sie bietet Bestwig wenig, doch es ist auch ihre Heimat. Die Marketing-Expertin plant mit ihrem Mann deshalb wieder zurückzuziehen. Beide sind auf der Suche nach einem Haus. Ihre Kinder sollen im Hochsauerland groß werden und nicht in der Großstadt.
Laut Zensus-Ergebnisse schrumpft Südwestfalen
Hauptstraße von Bestwig
Laut der aktuellen Volkszählung hat Bestwig 430 Einwohner verloren. Das sind zehn Prozent weniger. Knapp 11 000 Bewohner leben in der Gemeinde Bestwig. Der Ort Bestwig zieht sich entlang der Hauptstraße. Alle wichtigen Geschäfte wie Banken, Discounter, Ärzte und der Bahnhof sind fußläufig zu erreichen.
Bahnhof in Bestwig
Ein Bach fließt durch den Ort. Das Rothaargebirge ist am Horizont zu sehen. Nur wenige Meter von der lauten Hauptstraße entfernt, ist es ruhig, schön und grün. Für ältere Einwohner sei das ein Plus, sagt Dorothee Lauff zufrieden. Die Autobahn sei ebenfalls in wenigen Minuten zu erreichen. Und jede Stunde fahre ein Zug in Richtung Dortmund oder in Richtung Brilon.
"Wir haben viel Natur und bieten für Fahrradtouristen im Sommer und für Skihasen im Winter so einiges", kommt die Ladenbesitzerin aus Bestwig ins Schwärmen. Sie kenne wenige Menschen, die weggezogen sind. Sie kenne aber auch viele Menschen, die hier eine neue Heimat gefunden haben. Viele Migranten würden das Straßenbild bereichern und beleben.
Gemeinde Bestwig zeigt sich erstaunt über die neuen Zahlen
Der Pressesprecher von Bestwig, Jörg Fröhling, ist sprachlos über die neuen Zahlen. Sie würden so nicht stimmen. Zum einen habe Bestwig kaum Leerstand. Es gebe fast keine freien Wohnungen. Es seien auch neue Flächen für Wohnbaugrundstücke erschlossen worden. Die Nachfrage sei groß. Neue Container für Migranten stünden bereit. Die Schülerzahlen in der Gemeinde würden steigen.
Aber wie kommen dann die Zensus-Ergebnisse zustande? Jörg Fröhling hat da eine einfache Erklärung. Bestwig habe ein starkes Saisongeschäft - im Winter zum Beispiel der Schnee und das Weihnachtsbaumgeschäft. Spätestens im Herbst kommen hunderte Arbeitskräfte aus Polen und Rumänien in die Gemeinde und blieben dann bis zum Sommer des folgenden Jahres. Das belebe den Ort und sorge für neue Einwohner. Die Volkszählung von 2022 habe das nicht berücksichtigt.
Auch wenn in der aktuellen Volksbefragung klar zu lesen sei, dass das Hochsauerland und auch ganz Südwestfalen geschrumpft sei, gelte das nicht für Bestwig, sagt der Pressesprecher Jörg Fröhling fast schon trotzig.
Bestwig ist ein lebenswerter Ort
Dorothee Lauff sieht das ähnlich. Sie könne sich die Zahlen nicht erklären. Seit Jahren zwar schon kommen weniger Menschen in ihren Laden. Dass aber weniger Menschen bei ihr einkaufen, würde an den Discountern im Ort liegen. Die machen ihr Geschäft kaputt. Ohne ihre Stammkunden und dem Lottogeschäft hätte sie schon längst aufgegeben.
Dorothee Lauff lässt sich aber nicht unterkriegen. Sie kämpft für ihren Laden. Sie sagt lächelnd noch: „Hier ist alles beim Alten geblieben“. Jetzt muss sie weitermachen, denn der nächste Stammkunde wartet schon.
Unsere Quellen:
- Reporter vor Ort
- Pressesprecher Stadt Bestwig